Akademisches Orchester feiert 60-jähriges Gründungsjubiläum
Wo beginnt die Geschichte des Akademischen Orchesters der Universität Halle?
Matthias Erben: Bereits um 1700 herum, in der Zeit der frühen halleschen Universität gab es Instrumentalmusiker. Der große Held war Daniel Gottlob Türk, der 1779 erster Universitätsmusikdirektor in Halle war. Er hat wunderbare Kantaten hinterlassen, die wir auch schon mit dem Universitätschor aufgeführt haben. Auch Johann Friedrich Reichardt hat etwas für die Universitätsmusik getan. Allerdings gab es nie ein dauerhaft bestehendes Orchester – da kamen beispielsweise Kriege, Hungersnöte und Universitätsschließungen dazwischen.
Nun feiert das Orchester seinen 60. offiziellen Geburtstag. Wie kam es zur Gründung?
Die geht auf das sogenannte „Johann-Friedrich-Reichardt-Ensemble“ zurück, das es in den frühen 1950er Jahren gab. Es bestand aus Sängern, Tänzern und Instrumentalisten. Aus dieser Urkeimzelle sind der Universitätschor und später das Akademische Orchester entstanden. Die historische Faktenlage ist etwas unklar. Was jedoch feststeht: 1957 hat der damalige Rektor Leo Stern den Aufruf zur Wiederbegründung eines studentischen collegium musicum, das wir heute noch haben, unterzeichnet. Das war also auch der Start für das Akademische Orchester. Es wurde in seiner Anfangszeit vor allem vom Musikwissenschaftler Dr. Willi Maertens geprägt, der von 1961 bis 1979 Orchesterleiter war.
Dann haben Sie 1984 die Leitung des Akademischen Orchesters übernommen, wie kam es dazu?
Eigentlich habe ich kurz vorher noch am Institut für Biochemie promoviert. Aber ehrlich gesagt hatte ich darauf keine Lust mehr und die Musik nahm immer mehr Platz in meinem Leben ein, denn ich komme aus einer Musikerfamilie. Also habe ich bei meinem Doktorvater Prof. Dr. Alfred Schellenberger in der Biochemie noch zwei Patente gemacht, aber die Doktorarbeit nie beendet. Die hängt nach wie vor auf Seite 70. Als mein Betreuer fand er das natürlich nicht besonders gut, aber aus seiner Perspektive als praktizierender Musiker und ehemaliger Konzertmeister des Akademischen Orchester in den 60ern hatte er glücklicherweise Verständnis dafür.
Und wie kamen Sie nun zum Akademischen Orchester?
Ich hatte damals ein studentisches Orchester mit Kollegen aus Halle und Leipzig gegründet und die Uni fragte mich an, ob ich Interesse hätte, das Akademische Orchester zu leiten. 1984 haben wir mit zehn Leuten angefangen. Das war eine Streichergruppe – ein Cellist von damals ist noch dabei. Dann kamen die Bläser dazu und wir hatten verschiedene Auftritte bei Festakten. Der Durchbruch des Orchesters kam 1994 beim Festival zum 300-jährigen Jubiläum der Uni Halle. Ein Wendepunkt war außerdem um 2000 herum, als wir komplette Bläsersätze hatten und endlich ein vollständiges Orchester waren.
Wenn Sie in die nähere Zukunft blicken, welche Projekte würden Sie gerne umsetzen?
Ich möchte gerne den Faden mit der Universitätsmusik Leipzig wiederaufnehmen. Mit David Timm habe ich dort einen sehr guten und musikalisch feinsinnigen Partner. Er leitet den Unichor und hat auch ein sehr gutes Orchester. Jetzt ist das Paulinum, also die Universitätskirche Leipzig, fertig und dort würde ich gerne spielen. Die Leipziger können umgekehrt nach Halle kommen. Außerdem gibt es ein neues Projekt mit Breslau. Wir wollen regional im Sinne der umliegenden Fachhochschulen tätig werden und außerdem auch Magdeburg wieder einbeziehen. Ansonsten hoffe ich, dass die Uni Halle weiterhin so viele wunderbare Studierende anzieht, sodass wir immer Nachwuchs kriegen.
Anlässlich des Jubiläums gibt ein kleines Festival. Was erwartet die Besucher?
Es gibt fünf verschiedene Veranstaltungen. Wir starten am Donnerstag, 25. Januar, mit der Kammermusikreihe „Schätze Mitteldeutschlands“ im Wilhelm-Friedemann-Bach-Haus, wo wir aus dem Fokus geratene Werke wiederentdecken. Am Freitag, 26. Januar, gibt es das große Festkonzert in der Händel Halle. Wir spielen Stücke von Antonin Dvorak und Niels Wilhelm Gade. Außerdem haben wir ein neoklassizistisches Hornkonzert des Schweden Gunnar de Frumerie mit einer zauberhaften Solistin im Programm. Am Samstag, 27. Januar, gibt es ein einmaliges Wiedersehens-Mitmach-Konzert. Auf Anmeldung können Damen und Herren mitspielen oder singen. Aufgeführt werden dabei Ausschnitte aus dem Messias und dem Lobgesang von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Dazwischen gibt es anlässlich Mozarts Geburtstag die Figaro-Ouvertüre. Am Sonntag, 28. Januar, werden wir in der Laurentius-Kirche die Bach-Kantate „Ich bin vergnügt in meinem Glücke“ zelebrieren. Am Nachmittag veranstaltet der Universitätschor ab 15 Uhr das Konzert „Sonne ins Herz“ gegen den Winterblues mit ausschließlich heiteren Stücken und einer kleinen Salonmusik-Einlage von uns.
Kommentare
Dr. H. Wiederhold am 19.01.2018 16:51
Sehr geehrter Herr Mathias Erben,
herzlichen Glückwunsch Ihnen und und allen Musikern des Orchesters.
Ich freue mich sehr, dass Sie dieses Jubiläum feiern.
Einen kleinen Zeitraum des schwierigen Aufbaus in den 80iger Jahren
habe ich ja in engster Nähe mit verfolgt.
Mit freundlichen Grüßen
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Matthias Erben am 22.01.2018 13:02
Lieber Herr Dr. Wiederhold,
danke für Ihr nie erlahmendes Interesse an unserer Tätigkeit und Ihre kreativen Impulse beim schwierigen Neu-Start 1985.
Ich würde mich sehr freuen, Sie zu unserem Festkonzert am 26.01.2018 in der Händel-Halle begrüßen zu dürfen.
Beginn 20:00 Uhr. MfG und besten Wünschen, Matthias Erben
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