Neu aufgelegt: Amos Werke

07.02.2024 von Matthias Münch in Varia
Der Jurist Claus Gienke ist Mitherausgeber der Neuauflage der Werke Anton Wilhelm Amos. Im Buch finden sich nicht nur die Schriften des Philosophen, sondern auch eine Einführung in Biografie und Kontext seiner Werke. Damit ist das Buch auch ein Beitrag, die Erinnerung an Amos Wirken wachzuhalten.
Mitherausgeber Claus Gienke mit dem neuen Buch zu Anton Wilhelm Amo
Mitherausgeber Claus Gienke mit dem neuen Buch zu Anton Wilhelm Amo (Foto: Markus Scholz)

Alles begann mit einem Gespräch auf einer privaten Feier: Ein Bekannter erzählte Claus Gienke von einem vergriffenen Buch mit den Werken Anton Wilhelm Amos. „Er bat mich zu recherchieren, ob die in den 1960er Jahren verlegte Ausgabe mit den ins Deutsche übersetzten Schriften noch irgendwo zu bekommen sei“, sagt Gienke, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Juristischen Bereich der MLU. Das Interesse Gienkes, der weder Amo noch seine Werke kannte, war geweckt. Und je mehr er über Amo erfuhr, umso größer wurde seine Begeisterung.

„Anton Wilhelm Amo, Äthiopier, aus Axim im afrikanischen Guinéa“, so schrieb Amo sich 1727 an der Friedrichs-Universität Halle ein. Er war der erste Schwarzafrikaner, der an einer europäischen Hochschule studierte und später auch lehrte. Amo, um 1700 geboren, stammte aus dem heutigen Ghana und gelangte als Kind an den fürstlichen Hof von Braunschweig-Wolfenbüttel. Hier wuchs er als zwar als Bediensteter auf, wurde jedoch protestantisch erzogen und erfuhr eine umfassende Bildung.

Drei Jahre studierte Amo in Halle Philosophie. Während dieser Zeit erregte er einige Aufmerksamkeit: 1732 hielt Amo eine öffentliche Disputation mit dem Titel „Das Recht der Mohren in Europa“, über die in den „Wöchentlichen Hallischen Frage- und Anzeigungs-Nachrichten“ berichtet wurde. „Man muss sich den historischen Kontext vor Augen führen, um die Brisanz zu verstehen“, sagt Gienke. „Erst 60 Jahre, nachdem Amo dieses Streitgespräch führte, wurde in Deutschland die Leibeigenschaft gesetzlich beendet. Für mich als Juristen ist das ein Highlight in seiner Biografie.“

1733 wechselte Amo an die Universität Wittenberg. Ein Jahr darauf verteidigte er seine Dissertation, in der er sich mit den verbreiteten Theorien zum Verhältnis von Körper und Seele auseinandersetzt. 1736 kehrte Anton Wilhelm Amo nach Halle zurück. Hier publizierte er sein einziges Buch, den „Traktat von der Kunst, nüchtern und sorgfältig zu philosophieren“. „Der Titel zeugt davon, dass das Werk Amo als Grundlage für seine Vorlesungen diente“, sagt Gienke. Drei Jahre lehrte Amo in Halle, dann ging er nach Jena. 1747 kehrte Amo nach Afrika zurück. Über die letzten Lebensjahre gibt es kaum Zeugnisse. Als gesichert gilt, dass er seinen Geburtsort Axim erreicht und Mitglieder seiner Familie gefunden hat.

Das nun im November 2023 im Universitätsverlag Halle-Wittenberg erschienene Buch „Anton Wilhelm Amo. Werke in deutscher Übersetzung“ hat Claus Gienke gemeinsam mit den Philosophen Dwight K. Lewis (University of Minnesota) und Falk Wunderlich (MLU) herausgegeben. Gienke: „Beiden ist es zu verdanken, dass das Buch nicht nur die Schriften Amos enthält, sondern auch eine fundierte Einleitung zu seiner Biografie und zum Kontext seiner Werke.“

Diese Arbeit würdigt auch Prof. Dr. Wolfgang Paul, Vorsitzender der Rektoratskommission „Anton Wilhelm Amo“, in seinem Grußwort. Das Buch leiste einen wertvollen Beitrag zur Amo-Rezeption, in dem es die Übersetzungen wieder zugänglich mache und einordne: „Wenn wir Amo als Menschen gerecht werden wollen [...] haben wir vor allem diese Schriften.“ Die Kommission, die die Erinnerungskultur an Amo weiterentwickeln will, begrüße diese Neuauflage und die Initiative dazu. 

Die drei überlieferten Schriften Amos – seine Dissertation und Disputation zum Leib-Seele-Verhältnis sowie der Traktat für die philosophische Lehre – sind als Faksimiles der deutschen Übersetzung im Buch veröffentlicht. Diese stammt von Burchard Brentjes (1929–2012), Lehrstuhlinhaber für Orientalische Archäologie an der MLU, der diese 1965 mit dem Titel „Antonius Guilielmus Afer aus Axim in Ghana“ herausgegeben hatte. Brentjes hatte auch das Buch „Anton Wilhelm Amo. Der schwarze Philosoph in Halle“ publiziert, das sich stärker dem Leben des Gelehrten widmete.

Beide Ausgaben sind seit vielen Jahren nur noch im Antiquariat erhältlich. „Mit unserem Neudruck sind also erstmals wieder sämtliche Texte, die Amo nachweislich verfasst hat, in deutscher Übersetzung verfügbar“, erklärt Claus Gienke. Damit ist das Buch tatsächlich ein gewichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur an der Universität und darüber hinaus.

 

Zum Buch: Dwight K. Lewis/Falk Wunderlich/Claus Gienke (Hg.): Anton Wilhelm AMO. Werke in deutscher Übersetzung. Halle 2023, 256 Seiten, 48 Euro, ISBN: 978-3-86977-271-4

Vielfältige Erinnerung an Alumnus

Ein Bestandteil der Erinnerung an Amo: Seit Oktober läuft an der MLU eine Ausstellung. Das Gipsmodell wurde von neun Künstlerinnen und Künstlern geschaffen.
Ein Bestandteil der Erinnerung an Amo: Seit Oktober läuft an der MLU eine Ausstellung. Das Gipsmodell wurde von neun Künstlerinnen und Künstlern geschaffen. (Foto: Markus Scholz)

Der MLU ist es seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen, an ihren bedeutenden Alumnus zu erinnern: Seit 1994 verleiht die Universität den Amo-Preis für herausragende Abschlussarbeiten, zudem findet an der Universität jährlich eine Anton-Wilhelm-Amo-Lecture statt. Seit 2020 setzt sich eine Rektoratskommission mit dem Gedenken an Amo auseinander, um dieses differenzierter zu gestalten.

Mit der Frage, wie eine zeitgemäße Erinnerung an Anton Wilhelm Amo aussehen könnte, befasst sich auch die Ausstellung "Fokus Amo. Bilder für einen Gelehrten", die seit Oktober im Löwengebäude zu sehen ist. Neun Künstlerinnen und Künstler – Steffen Ahrens, Rossen Andreev, Grit Berkner, Bernd Göbel, Katharina Günther, Georg Mann, Martin Roedel, Carsten Theumer und Heidi Wagner-Kerkhof – haben dafür gemeinsam ein Werk geschaffen, das sich dem Menschen und seinem Leben annähert. Das zur Ausstellungseröffnung enthüllte Gipsmodell "Anton Wilhelm Amo" ist Grundlage für eine Umsetzung im Metallguss.

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Kommentare

  • Dr. Monika Firla am 18.08.2024 16:14

    Das lateinische "Aethiops" (wörtl. vom Griechischen "Aithiops": Der verbrannt Aussehende) bedeutet in Einträgen zur Immatrikulation oder zur Taufe etc. nicht ´Äthiopier´, sondern ´Schwarzer´. Amo schrieb also nicht den Unsinn, der oben zitiert wird. Was soll das auch sein: Ein ´Äthiopier´ aus Guinea?

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