Armenien I: Neue Medien für alte Freunde
„Die Beziehungen zwischen Halle und Armenien sind schon uralt“, berichtet Professor Meiser, „aber überaus lebendig.“ So waren Meiser und seine Kolleginnen Professor Armenuhi Drost-Abgaryan und Ingrid Stude erst im vergangenen November wieder zu Besuch in der armenischen Hauptstadt Jerewan – in spendabler Mission. „Wir unterhalten neben der offiziellen Hochschulpartnerschaft mit der Staatlichen Universität auch eine Institutspartnerschaft mit der linguistisch geprägten Brjussow-Universität“, erklärt Meiser, der auch Direktor des Sprachenzentrums der MLU ist. Die Lehr- und Lernsituation dort sei allerdings bei Weitem nicht optimal. „Den Kollegen dort stehen für die Sprachausbildung nur Bücher und Audiokassetten zur Verfügung. Einen modernen, multimedialen Zugang zum Spracherwerb wie bei uns in Halle gibt es dort bisher nicht“, fügt Stude an, die die Mediathek im Sprachenzentrum leitet.
Da fiel die Entscheidung nicht schwer, die hallesche Mediathek, die in der kommenden Semesterpause erneuert wird, aber noch gut in Schuss ist, dem armenischen Partner zur Verfügung zu stellen. „Im Vorhinein gilt es natürlich einige Dinge zu klären, damit die Ausstattung auch tatsächlich so genutzt werden kann, wie wir uns das vorstellen“, sagt Stude. So konnte das Team der armenischen Uni-Leitung das Versprechen abringen, zusätzliches qualifiziertes Personal für die Betreuung der Mediathek einzustellen. Die Deutsche Botschaft hat sich unterdessen bereit erklärt, den Transport zu finanzieren, das georgische Goethe-Institut beschafft die notwendige Sprachsoftware für die Armenier „Vielleicht ist das ja der Beginn eines Lern- und Forschungsnetzwerkes Halle-Jerewan“, frohlockt Meiser.
Ein reger Lehrenden- und Studierendenaustausch zwischen Jerewan und Halle besteht indes schon – mit der von Professor Hans-Joachim Solms initiierten Germanistischen Institutspartnerschaft (GIP). „Das haben wir vor allem Bologna zu verdanken“, verkündet der Germanist mit einem Zwinkern. „Der Rektor der Brjussow-Uni wollte nämlich an unseren Erfahrungen aus dem Umstellungsprozess teilhaben.“ Über ein Stipendium habe man schließlich einem Studenten und einer Lehrkraft aus Armenien die Möglichkeit geben können, die Umstellung direkt vor Ort in Halle mitzuerleben. „Das hat den Weg für die weitere institutionelle Zusammenarbeit maßgeblich geebnet“, erklärt Solms. Seit 2010 besuchen im Rahmen der GIP nun jährlich mehrere Austauschstudenten und -lehrkräfte aus Jerewan die MLU, gemeinsame Forschungsprojekte sollen angeschoben werden. So beispielsweise die Erarbeitung einer vergleichenden Deutsch-Armenischen Grammatik, um universale Strukturen in beiden Sprachen aufzudecken.
Doch damit nicht genug. Der kleine Staat im Kaukasus berge nämlich für die Forschung noch so einige Schätze, wie Meiser und Solms betonen. Morgen im Unimagazin: Die beiden Wissenschaftler berichten von brisanten Manuskripten und ungeahnten Gemeinsamkeiten.
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