Ästhetische Störung der Wissenschaft

09.05.2018 von Igor Matviyets in Varia
Wenn eine Absolventin der renommierten halleschen Kunsthochschule – ausgestattet mit einem Stipendium der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt – in einer bedeutenden naturwissenschaftlichen Sammlung arbeitet, entstehen viele neue und kreative Zugänge. Was genau, das können Besucher am internationalen Museumstag im Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Universität (ZNS) am Sonntag erfahren.
Friederike von Hellermann zeigt ihre Arbeit im Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen.
Friederike von Hellermann zeigt ihre Arbeit im Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen. (Foto: Markus Scholz)

Das Heimatstipendium der Kunststiftung Sachsen-Anhalt verbindet seit Herbst 2017 Künstlerinnen und Künstler mit Museen quer durch das ganze Bundesland. In Halle hat sich erfolgreich das Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen darum beworben, für ein Jahr mit einer der Stipendiatinnen zusammenzuarbeiten. Und so hat Friederike von Hellermann seit fast einem halben Jahr den Schlüssel für eine der weltweit größten naturwissenschaftlichen Sammlungen, um darin zu arbeiten.

Die Künstlerin, Jahrgang 1984, hat nach Bildungsstationen in London und Leipzig ihren Abschluss in Buchkunst an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle gemacht und ist seitdem Halle treu geblieben. Mit ihrer filigranen Drucktechnik bereicherte sie schon viele Ausstellungen und Messen europaweit. Dabei arbeitet sie auch schon – vor der Kooperation über das Heimatstipendium - mit Objekten aus dem ZNS.

Und auch jetzt nach einem halben Jahr blickt von Hellermann voller Begeisterung durch die Regale mit ausgestopften Vögeln, eingelegten Schlangen und wandfüllenden Krokodilen und erzählt von der Besonderheit des Heimatstipendiums. Während sie als Künstlerin Inspirationen sammelt und die zahlreichen Eindrücke, insbesondere die große Eiersammlung von Max Schönwetter, Eingang in ihre Arbeit finden, bietet das ZNS besondere Führungen mit von Hellermann an, bei denen die interessierten Besucher die einzigartige Sammlung mit den Augen der Künstlerin erleben können.

Wenn von Hellermann für Besucher die Tür zum ZNS öffnet, dann birgt die Führung auch Überraschungen für langjährige Kenner der Einrichtung. Mit Interventionen beziehungsweise „leichten Störungen“, wie von Hellermann ihr Wirken beschreibt, greift sie in die langjährig etablierte Ordnung ein. Bei einer Osterführung versteckte sie zum Beispiel zwischen den Exponaten rote Eier und lenkte mit diesem Instrument die Aufmerksamkeit der Besucher auf ihre ganz persönliche Auswahl.

Die Auseinandersetzung mit der weltweit angesehenen oologischen Sammlung von Max Schönwetter ist für von Hellermann aus zahlreichen Perspektiven spannend. Zum einen fasziniert die Künstlerin die Einzigartigkeit jedes Eis, die in der Sammlung durch das Vorhandensein mehrere Eier gleicher Vogelarten deutlich hervorgehoben wird. Zum anderen reizt sie auch die Tatsache, dass die Eier innerhalb des ZNS für die Öffentlichkeit meist unzugänglich sind –  denn bei Tageslicht verblassen die seltenen Exponate.

Im Herbst 2018 endet das Projekt und die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler, die Museen und Sammlungen sowie die Kunststiftung werden die gesammelten kreativen Ideen der Öffentlichkeit präsentieren. Wer einen Zwischenstand dieser einzigartigen Kooperation erleben will, kann am kommenden Sonntag, 13. Mai, am Internationalen Museumstag, an einer Führung mit Friederike von Hellermann teilnehmen und sich davon überraschen lassen, mit welchen Mitteln sie dieses Mal die wissenschaftliche Ordnung stört – unter dem Namen „Ei(n)blick“.

Internationaler Museumstag
Spezialführungen durch Friederike von Hellermann
Sonntag, 13. Mai 2018, 10 und 12 Uhr
Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen
Domplatz 4, 06108 Halle (Saale)

Weiterführende Infos:
www.heimatstipendium.kunststiftung-sachsen-anhalt.de
www.naturkundemuseum.uni-halle.de
www.friederike-von-hellermann.com

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