Ausstellung „Klimagewalten“: Tropische Welten und eisige Kälte im Wechsel
23 ungewöhnliche Vogelarten fliegen durch das Atrium des Landesmuseums für Vorgeschichte: Vom kleinen Birkenzeisig bis zum Bartgeier mit einer Flügelspannweite von 2,8 Metern. Fast scheint es, als seien sie noch lebendig, doch tatsächlich sind alle Tiere präparierte Leihgaben des ZNS. „Das Tolle an den Vögeln ist, dass sie bereits zur Zeit der Mammuts in der Region lebten. Im Gegensatz zu den riesigen Tieren haben sie überlebt. Das zeigt, dass die Tiere der Eiszeit nur zu einem ganz geringen Teil verschwunden sind“, erklärt Dr. Frank Steinheimer, der das ZNS leitet.
Bis die Vögel ihren Weg ins Landesmuseum fanden, lag eine Menge Arbeit vor den Mitarbeitern des ZNS und des Landesmuseums. Für Frank Steinheimer begann alles bereits im August 2015, als er die Anfrage zu einer geplanten Eiszeit-Ausstellung bekam. Aus ihr entwickelte sich eine engere Zusammenarbeit: Steinheimer wurde zu den Sondierungsgesprächen eingeladen und stand den Kolleginnen und Kollegen des Landesmuseums als Fachexperte zur Seite. „Wir haben beispielsweise über die tropischen Faunen vor 45 Millionen Jahren diskutiert und gemeinsam überlegt, wie es damals aussah und mit welchen Ausstellungsstücken man das gut zeigen kann“, sagt er.
Im Laufe der Gespräche wurde das Thema der Ausstellung immer konkreter und mündete schließlich in die zentrale Frage: Wie hat sich das Klima im Lauf der Zeit auf Tiere, Pflanzen, Umwelt und den Menschen ausgewirkt? Im Fokus steht die Geschichte der Säugetiere in den vergangenen 65 Millionen Jahren und wie der Mensch sich an die wechselnden Bedingungen angepasst hat. „Oft hat der Klimawandel auch zur Entwicklung des Menschen beigetragen. Beispielsweise musste er sich mit den veränderten Temperaturen Gedanken über Vorratshaltung machen und die Zukunft planen“, sagt Steinheimer.
Gemeinsam mit den Kollegen des Landesmuseums suchte Frank Steinheimer im Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen geeignete Ausstellungsobjekte heraus. „Dabei haben wir geschaut, welche Stücke am schönsten sind, aber natürlich auch, was am besten passt, um die Inhalte zu transportieren“, sagt er. Insgesamt hat das ZNS etwa 50 zoologische Präparate und 48 Fossilien aus seiner weltberühmten Geiseltalsammlung zur Ausstellung beigesteuert. Außerdem hat Steinheimer großformatige Panoramafotografien aus der Arktis und den Tropen organisiert, die die gegensätzlichen Klimaverhältnisse verdeutlichen.
Auch die Vogelpräparate im Atrium wurden extra für die Ausstellung neu angefertigt. Dafür nutzte Steinheimer seine Netzwerke und kontaktierte europäische Naturkundemuseen und Organisationen mit der Bitte, ihm das nächste verstorbene Tier der gewünschten Art zu überlassen. „Als ich dann alle beisammen hatte, mussten die Vögel noch konserviert werden. Das haben drei deutschen Präparatoren mit Weltmeistertiteln in Vogelpräparation übernommen“, sagt er. Insgesamt ein Jahr dauerte es, bis Steinheimer alle Tiere organisiert hatte. Beim Aufhängen der Vögel im Museum half Hans-Jürgen Altner vom ZNS, der als Präparator für die Zoologische Sammlung einen geschulten Blick dafür hat, wie die Vögel im Flug positioniert sein müssen.
Weitere Ausstellungsstücke für die Sonderausstellung „Klimagewalten“ stammen aus dem Herbarium des Botanischen Gartens der Universität. Dieser trägt mit insgesamt 24 Herbarbögen, auf denen Pflanzen konserviert sind, zur Ausstellung bei. Außerdem halten 81 fossile Objekte aus der Geologisch-Paläontologischen Sammlung des Instituts für Geowissenschaften und Geographie leihweise Einzug in das Landesmuseum für Vorgeschichte. Darunter sind beispielsweise etwa 60 Millionen Jahre alte Fossilreste von frühen huftragenden Raubtieren, die in Walbeck – einem Ortsteil im Landkreis Börde im Norden Sachsen-Anhalts – gefunden wurden.
Neben den Objekten und der wissenschaftlichen Beratung steuerte das ZNS zwei Beiträge für den Ausstellungskatalog bei: Der erste beleuchtet die Geiseltal-Fossilien aus dem Eozän vor 50 bis 42 Millionen Jahren und vergleicht die Funde mit denen aus der Grube Messel bei Darmstadt und dem Eckfelder Maar, einem ehemaligen Vulkansee in der Eifel. Der zweite Beitrag nimmt die Vögel in den Blick, die bereits im Eozän lebten und sich seitdem kaum verändert haben. Er stellt die Frage, warum nur manche Arten überleben und welche Strategien sie dabei entwickeln.
Auf die fertige Sonderausstellung freut sich Frank Steinheimer sehr und nach seiner Lieblingsleihgabe gefragt muss der Leiter des ZNS nicht lange überlegen: „Auf jeden Fall das Landkrokodil aus dem Geiseltal, denn nach ihm hat es nie wieder ein Krokodil gegeben, das sich an das Leben auf dem Land angepasst hat. Der Bart- und der Gänsegeier haben es mir auch angetan, die sieht man selbst als Ornithologe nie so nah.“