Bienen, Artenvielfalt und Bürgerforscher
Ein Volksbegehren zur Artenvielfalt unter dem Titel „Rettet die Bienen“ in Bayern oder die jüngste Ankündigung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, 200 Millionen Euro in die Biodiversitätsforschung zu stecken: Aktueller hätte das Unibund-Forum auf der Buchmesse kaum sein können. Wie nun steht es um die Bienen hierzulande? Und wie können Bürgerinnen und Bürger zur biologischen Vielfalt beitragen - oder auch zu deren Erforschung? Fragen wie diese standen am Donnerstag im Fokus der Auftaktveranstaltung des Universitätsbundes in Halle 3 der Buchmesse. Auf dem Podium saß mit Prof. Dr. Robert Paxton ein ausgewiesener Bienenforscher. Zu dem MLU-Wissenschaftler und iDiv-Mitglied gesellten sich iDiv-Direktor Prof. Dr. Christian Wirth, Dr. Anett Richter (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, iDiv) und der Experte für Biodiversitäts-Theorien Prof. Dr. Ulrich Brose (Universität Jena, iDiv). Bienenforscher Paxton berichtete unter anderem von einer zwei Jahre alten Studie mit überraschenden Ergebnissen: In der Stadt gibt es mehr Bienenarten als auf dem Land, die Bestäubung von speziell ausgesetzten Pflanzen war in der Stadt erfolgreicher. Schön für die Stadt, könnte man meinen. „Das Problem ist: Wo wird denn der Apfel, die Birne oder die Kirsche produziert? Auf dem Land!“, so Paxton. Zehn Prozent der Bienenarten, merkte er außerdem an, seien in Deutschland verschwunden, ein Drittel stehe auf der Roten Liste.
Rote Listen waren auch ein Stichwort für Dr. Anett Richter – gerade von einer Konferenz zu Citizen Science in den USA zurückgekehrt. Rund 80 Prozent der Daten zur Erstellung der Listen stammen schon heute aus der Citizen Science, der Bürgerwissenschaft. Sie werden also von Ehrenamtlichen gesammelt, zum Beispiel beim bundesweiten Tagfalter-Monitoring, in dem seit 15 Jahren Schmetterlinge gezählt werden. „Wir sind dabei, dieses Format weiter zu stärken“, sagte die iDiv-Forscherin. In den USA haben sie insbesondere Citizen-Science-Zentren an Universitäten beeindruckt. Richter lud das Publikum ausdrücklich dazu ein, sich an Bürgerwissenschaft zu beteiligen – heute gebe es rund 100 Projekte in Deutschland.
Über Millionen Arten auf der Erde, Biodiversitätstheorien oder auch 2.000 jährlich neu entdeckte Pflanzenarten sprach Moderatorin Hilde Weg zudem mit iDiv-Direktor Wirth oder dem Jenaer Theorie-Experten Brose. Wirth, der von der Forschungsinitiative des Bundesministeriums berichtete, verwies dabei unter anderem auf eine 2017 erschienene Studie, nach der die Biomasse fliegender Insekten in den 27 Jahren zuvor um 76 Prozent abgenommen hat. „Das war der große Schock.“ Wirth ging zudem auf die Rolle der Landwirtschaft, aber auch unsere Ernährungsweise und deren Folgen für die biologische Vielfalt ein.
Ihr eigenes Wissen über „das Leben auf Planet Erde“ konnten hallesche Gymnasiasten im anschließenden Quiz unter dem Titel „Game of Life“ testen. Noch bis Sonntag bietet das Forum ein vielfältiges Programm in Leipzig. Zu den Höhepunkten zählen eine Podiumsdiskussion zum Artensterben, bei der am Samstag um 14 Uhr TV-Köchin Sarah Wiener, Botschafterin der UN-Dekade Biodiversität, mit dem Leipziger Zoodirektor Prof. Dr. Jörg Junhold, Insektenexperte Prof. Dr. Josef Settele und iDiv-Direktor Wirth debattiert. Wie ein Frühstück aussehen würde, wenn es keine Insekten gäbe, wird zuvor beim „Bestäuberfrühstück“ praktisch präsentiert (11 Uhr). Warum T. Rex nicht der Schnellste war, erfahren Besucher am Sonntag um 12 Uhr. Am Stand der Martin-Luther-Universität können sich Interessenten an allen Tagen einen Überblick über jüngst von MLU-Forschern herausgegebene Bücher verschaffen.
Das Programm in der Übersicht: Unibund-Forum auf der Buchmesse
Das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv) ist ein Forschungszentrum der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit über 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Mitgliedern. Forscherinnen und Forscher aus 30 Nationen erarbeiten hier die wissenschaftliche Grundlage für den nachhaltigen Umgang mit der Biodiversität der Erde. iDiv wird von den drei im mitteldeutschen Universitätsbund kooperierenden Universitäten – der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Universität Leipzig – sowie in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) betrieben.
Kommentare
Torsten Hentsch am 22.03.2019 11:25
Warum werden wieder einmal keine Landwirte eingeladen. Es wird wieder nur über, nicht mit den Landwirten gesprochen! Zum k...!
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