Auf den Zentimeter genau: Der Wissenschaftler als Kurator
Kunstgeschichte – eine Wissenschaft, in der man alte Bücher durchforstet und in vergangenen Epochen schwelgt? Dass das nicht stimmt, beweist der Professor für Neueste Kunstgeschichte und Kunsttheorie Prof. Dr. Olaf Peters. Seit 2006 forscht und lehrt er am Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas. Daneben hat er als Kurator zahlreiche Ausstellungen in Städten wie Halle, Dresden und sogar New York ins Leben gerufen. Die Kombination aus Forschung und praktischer Arbeit ist ihm wichtig: „Ich kuratiere in dem Bereich, in dem ich wissenschaftlich zuhause bin. Für uns Kunsthistoriker ist das die Chance, unsere Forschungsergebnisse nicht nur in Büchern zu veröffentlichen, sondern in Ausstellungen einem viel größeren Publikum zu vermitteln.“
Seit vergangenen Sonntag ist die neue Sonderausstellung „Ideale. Moderne Kunst seit Winckelmanns Antike“ im Kunstmuseum Moritzburg in Halle zu sehen, die Peters gemeinsam mit dem Altertumswissenschaftler Prof. Dr. Stephan Lehmann und der Kunsthistorikerin Dr. Elisa Tamaschke konzipiert hat. In insgesamt 67 Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen, Druckgrafiken und Plastiken zeigt sie ausgehend von den kunsthistorischen Verdiensten des Gelehrten Johann Joachim Winckelmann, wie sich Künstler in den vergangenen 200 Jahren mit der Antike auseinandergesetzt haben. „Vor allem hier in Halle haben wir Anlass, über den berühmten Alumnus der Universität nachzudenken. In der Ausstellung wollten wir aber auch die Grenzen seiner Ästhetik aufzeigen und deutlich machen, dass sich die künstlerische Rezeption der Antike bis in die 1950er Jahre stark verändert hat“, erklärt Peters.
Seine aktuelle Ausstellung „Before the Fall: German and Austrian Art of the 1930s“ in der Neuen Galerie in New York ist hingegen ganz anderen Fragestellungen gewidmet: Wie reagieren Künstler wie Max Beckmann oder Oskar Kokoschka in den 1930er Jahren auf die Herausforderungen des Nationalsozialismus? Und reflektieren auch vermeintlich unpolitische Bilder gesellschaftliche Themen? „Dafür habe ich Werke ausgewählt, die sich ganz explizit zum Nationalsozialismus äußern, aber auch Landschaftsbilder, Stillleben und Porträts, in denen das Thema nur aufscheint“, verdeutlicht Peters.
Obwohl sich die Ausstellungen stark voneinander unterscheiden, verfolgen sie dennoch das gleiche Ziel: die Verbindungen zwischen den Bildern weniger über Erläuterungen, sondern viel mehr über das Sehen zu stiften. „Das kann bis ins Detail gehen, sodass ich zum Beispiel entscheide, dass ein Bild 15 Zentimeter weiter nach links kommt und dadurch mit einem anderen in Dialog tritt.“
Seine Arbeit als Kurator hat für ihn persönlich eine große Bedeutung: „Es ist ein tolles Gefühl, ein überzeugendes Ausstellungskonzept zu haben und die Leihgeber der Kunstwerke davon überzeugen zu können“, verrät er. „Aber zum Schluss in der fertiggestellten Ausstellung für zwei Stunden allein mit den Kunstwerken sein zu können – das finde ich am besten.“
Und auch die Studierenden haben etwas davon, denn Olaf Peters versteht es auch ihnen zu vermitteln, was für Kunsthistoriker wichtig ist: „Es geht nicht darum, irgendeine Art von abstraktem historischem Wissen abzuspeichern. Es geht darum, dass man mit Kunstwerken umgeht und das Feuer für die Kunst behält.“
Sonderausstellung „Ideale. Moderne Kunst seit Winckelmanns Antike“
Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
18. März bis 10. Juni 2018
Jeweils Montag bis Dienstag und Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr
Mittwoch geschlossen, Eintritt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro
Sonderausstellung „Before the Fall: German and Austrian Art of the 1930s”
Neue Galerie New York
8. März bis 28. Mai 2018
Jeweils Donnerstag bis Montag von 11 bis 18 Uhr
Dienstag und Mittwoch geschlossen, Eintritt 20 Dollar