Der Ausländerbeauftragte: Zuhause in internationalem Umfeld
Aktuell arbeiten 314 Menschen aus 52 Ländern an der MLU. Das sind rund sieben Prozent aller Beschäftigten. Hinzu kommen 1.822 Studierende aus 116 Ländern. Ihr Anteil an der gesamten Studierendenschaft beträgt rund neun Prozent. „Ich empfinde es als enorm bereichernd, in einem so internationalen Umfeld zu arbeiten“, sagt Gregor Borg.
Als Ausländerbeauftragter steht der 62-jährige Geologe immer dann als Ansprechpartner zur Verfügung, wenn es auf dem Campus Probleme gibt. Das ist zum Glück eher die Ausnahme als die Regel, „aber da, wo Menschen zusammenkommen, entstehen zwangsläufig auch Reibungen“, so Borg. Und: Gerade jetzt, während der Corona-Pandemie mit ihren vielen zusätzlichen Herausforderungen ist auch der Ausländerbeauftragte gefragter als sonst. Zum Beispiel bei ganz praktischen Fragen, etwa der, wie die Kommunikation derzeit digital mit ausländischen Doktoranden gestaltet wird. Oder: Was in diesem Zusammenhang der Begriff „Homeoffice“ bedeutet und wie ein Mitarbeitender dort erreichbar sein muss. All das erschließt sich nicht jedem sofort und von selbst. Zumal sich Anweisungen aufgrund der dynamischen Lage momentan sehr schnell wieder ändern, was eine zusätzliche Herausforderung für ausländische Gäste sein kann.
Zuständig sei er immer dann, wenn ein Problem allein deshalb existiert, weil jemand Ausländer ist. „Wenn ein ausländischer Studierender einfach nur unzufrieden mit einer Prüfungsnote ist, dann bin ich der falsche Ansprechpartner“, sagt Borg. Sein Amt sieht er generell vor allem als „Kommunikationsunterstützung“. Etwa dann, wenn ein ausländischer Doktorand nicht alle Details seines in deutscher Sprache verfassten Arbeitsvertrags versteht. Oder wenn Probleme auftauchen, die mitunter in einem harmlosen Missverständnis begründet sind. „Beide Seiten nehmen dann die gleiche Situation völlig verschieden wahr.“ Wenn er in solchen Fällen gerufen wird, kommt es vor allem darauf an, schnell zu reagieren, „damit sich die Fronten nicht weiter verhärten“.
Außerdem gelte es, Beteiligte schnell und ohne Hürden zu vernetzen, etwa mit Hilfsangeboten, Behörden oder auch mit dem International Office der MLU, das über ein großes Netzwerk an Ansprechpartnern verfügt. Rund 20 Anfragen erhält Gregor Borg pro Jahr, meist seien es „kleinere Baustellen“, alle zwei bis drei Jahre auch mal etwas Schwerwiegenderes. Eine offizielle Sprechzeit gebe es nicht, „Wenn etwas passiert, muss ich sofort ran“. Da könne es auch mal sein, „dass ein Stapel Klausuren unkorrigiert liegen bleiben muss“.
Insgesamt zieht Borg ein positives Fazit der Situation für die ausländischen Gäste an Halles Universität. Die Bürokratie mit den städtischen Behörden laufe inzwischen lautlos und weitestgehend störungsfrei – auch deutlich besser als noch in seiner früheren Amtszeit in den Jahren 2002 bis 2010. „Das ist wichtig, denn nur, wenn sich die Leute bei uns wohl fühlen, kommen sie gern hierher. Und nur dann sind wir als Bildungseinrichtung international konkurrenzfähig“, meint Borg, der die Interessen ausländischer Studierender und Mitarbeitender auch in den universitären Gremien vertritt.
Sein Amt scheint ihm wie auf den Leib geschneidert. Schon immer war er gern und viel im Ausland unterwegs und hat sich dort intensiv mit fremden Kulturen befasst. Er spricht neben Englisch passabel Französisch, Afrikaans und Kisuaheli, dazu noch ein paar Brocken Russisch, Italienisch und Türkisch. Das ist eine gute Basis, die es ihm ermöglicht, leicht in sein jeweiliges Gastland einzutauchen und den kulturellen Hintergrund „in Teilen zu absorbieren“, wie er sagt.
Besonders gut kennt er sich in Afrika aus, was auch mit seinem Fach zu tun hat. Als Experte für Minen und Bodenschätze fand und findet er auf diesem Kontinent ein reiches Forschungsfeld. Nach seiner Promotion, die er 1988 an der University of the Witwatersrand im südafrikanischen Johannesburg verteidigte, war er in Namibia, Botswana und Simbabwe tätig. Außerdem ertüchtigte er in Tansania im Auftrag der Bundesregierung die Geologen des geologischen Dienstes, die die tansanische Politik nach ihrer Ausbildung in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwirtschaftlichen Fragen beraten.
Ein zweites Standbein hat Borg inzwischen im britischen Cornwall gefunden. Dort wurde ihm eine Honorarprofessur an der Camborne School of Mines verliehen, außerdem lehrt seine Ehefrau als Professorin für Archäologie an der University of Exeter. Darüber hinaus war und ist er im Rahmen seiner Forschungsarbeit, unter anderem zum Gold auf der Himmelsscheibe von Nebra, viel in den wissenschaftlichen Einrichtungen auf den britischen Inseln unterwegs.
Im kommenden Jahr endet seine Amtszeit als Ausländerbeauftragter. 2023 steht außerdem seine Emeritierung an. Wohin es ihn dann verschlägt, steht noch nicht fest. Nur in einem ist sich Gregor Borg sicher: „Das Ausland wird für mich auch dann noch eine große Rolle spielen.“