Der professionelle Sternengucker
„Zum Glück“, sagt Dirk Schlesier, ist die Astronomie in Sachsen-Anhalt noch ein Unterrichtsfach. Das ist leider nicht mehr überall in Deutschland so. Auch in Niedersachsen nicht, wo Schlesier in den vergangenen Jahren erfolgreich das Planetarium der Stadt Wolfsburg geleitet hat. „Dadurch haben die Lehrer oft Berührungsängste mit dem Fach“, meint er. Ausgesprochen schade sei das, denn die Astronomie sei so vielschichtig und man könne sich ihr auf so vielfältige Weise nähern: philosophisch, mathematisch, historisch oder einfach nur träumerisch - alles ist möglich, wenn es um das Sternegucken geht. „Deshalb freue ich mich umso mehr, dass ich in und mit unserem neuen Planetarium bald dazu beitragen kann, den Hallensern die Sterne näher zu bringen und auch den Astronomieunterricht zu bereichern.“
Die Astronomie zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Dirk Schlesier. Er war 14 Jahre alt, als er und sein jüngerer Bruder ein Teleskop geschenkt bekamen. „Da hab ich sofort Feuer gefangen“, erinnert sich der gebürtige Merseburger. Und so wurde aus der anfänglichen Begeisterung eine gemeinsame Leidenschaft, die dazu führte, dass die Geschwister alsbald zusammen auf ein größeres Teleskop sparten. Inzwischen befinden sich drei dieser optischen Präzisionsgeräte im privaten Fundus von Dirk Schlesier. Vor allem das kleinere davon nutzt er regelmäßig für abendliche Himmelsstreifzüge, denn es passt problemlos in den Kofferraum des Autos und ist außerdem schnell zusammengebaut.
Exkursionen nach Namibia und Südafrika
Ihr Interesse für Planeten und Sterne verbindet die beiden Schlesiers bis heute. Denn René, der Jüngere, ist inzwischen Vorsitzender der Gesellschaft für astronomische Bildung, einem Astronomieverein der Saalestadt, in dem natürlich auch sein Bruder Dirk Mitglied ist. Für letzteren stand irgendwann fest, dass aus der Begeisterung für Sterne und Planeten mehr werden sollte. Und so begann er im Jahr 2000 an der MLU ein Studium der Geologie. Denn, so meint er, Astronomie als reines Fach kann man in Deutschland nicht direkt studieren. Deshalb wählten viele den Weg über die Physik. Doch auch über die Geologie sei ein Zugang möglich. Zum Beispiel über das Fach Planetologie, das Dirk Schlesier am Institut für Geowissenschaften und Geografie belegt hatte und das sich inhaltlich bereits sehr nah an der Astronomie bewegt.
„Diese Entscheidung habe ich nie bereut“, sagt er. In seine Studienzeit fiel auch der Umzug von Halles Geowissenschaften, raus aus der romantischen Neuen Residenz am Domplatz, hinein in die modernen Gebäude auf dem Weinberg Campus im Bereich Heide-Süd. Das sei eine besonders spannende Zeit gewesen, auch, weil damals an der MLU so viel Neues entstanden ist.
Besonders gern erinnert sich Dirk Schlesier an die Exkursionen, an denen er als Student teilnehmen durfte. Unter Leitung von Prof. Dr. Gregor Borg ging es nach Namibia und Südafrika. „Dabei habe ich auch zum ersten Mal den Sternenhimmel auf der Südhalbkugel gesehen“, erinnert sich Schlesier an diesen magischen Moment.
Sehr präsent ist ihm auch noch seine Examensphase. Schließlich hat er im Rahmen seiner Diplomarbeit etwas sehr Nachhaltiges hinterlassen: Das digitale 3-D-Modell des geologischen Untergrunds der Stadt Halle. Ein Projekt, das unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Wycisk stand, und das später - als Modell in gläserner Form - mehrfach öffentlich ausgestellt worden ist. Überregionale Aufmerksamkeit hat es außerdem erlangt, weil es 2012 durch den Bundespräsidenten im Rahmen des Wettbewerbs „Land der Ideen“ ausgezeichnet worden ist.
In Jugendarbeit engagiert
Überhaupt denkt Dirk Schlesier ausgesprochen gern an seine Studienzeit zurück. Schon damals engagierte er sich in der Jugendarbeit des Astronomievereins am Peißnitzplanetarium. Genauer: Bei den „Astrolinos“, einem Projekt für kleine Sternengucker, das ihm noch heute besonders am Herzen liegt. „Dabei erhalten die Kinder Einblicke in die Geheimnisse des Universums und erlernen außerdem spielerisch den Umgang mit Teleskopen. Positiver Nebeneffekt: Ganz nebenbei wird ihnen dabei auch ein Gespür für die Wichtigkeit von Umwelt- und Klimaschutz vermittelt“, so Schlesier.
Übrigens, fast überflüssig zu erwähnen, dass der 39-Jährige im Planetarium auch seine spätere Ehefrau kennengelernt hat. Und dass die Begeisterung für die Astronomie nun sogar auf die nächste Generation übergangen ist. Denn inzwischen wuselt bei den Astrolinos auch Schlesiers dreijährige Tochter mit herum.
Die enorme Bandbreite seines Fachs mache für ihn zugleich dessen besonderen Reiz aus. Eine große Rolle spiele dabei, dass es oft etwas Unerwartetes zu entdecken gibt. Die Saturnringe zum Beispiel, die durch die Linse des Teleskops betrachtet so plastisch wirken, als würden sie per Beamer an eine Wand projiziert. „Dieser Aha-Moment, in dem die Leute in den Veranstaltungen ein Himmelsobjekt erkennen, ist toll“, sagt Schlesier. Sein Anspruch: Er möchte möglichst viele Menschen erreichen und begeistern.
„Das Publikum in Halle ist sehr begeisterungsfähig“, meint er mit Blick auf die vielen Veranstaltungen, an denen er bereits jetzt beteiligt ist. Das neue Planetarium soll unter seiner Leitung jedenfalls zu einem „Leuchtturm in der Region“ werden. Bis es soweit ist, steht immerhin schon die Gewissheit: „Am Himmel gibt es immer etwas zu entdecken.“
Kommentare
I. Pabst am 19.12.2020 20:34
Hallo Herr Dr. Schlesier, uns treiben Jupiter und Saturn gerade um. Bei dem heutigen klaren Himmel hatten wir doch kein Glück. Haben Sie einen Tipp, wie wir vielleicht doch das kleine Wunder der Weihnachtszeit entdecken können? Wir leben in Halles Altstadt.
Mit freundlichem Adventsgruß
Ingeborg Pabst
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Dirk Schlesier am 21.12.2020 11:10
Liebe Frau Pabst, Sie brauchen eine gute Horizontsicht in Richtung Südwesten, ein Tipp ist der Blick vom Volkspark in Halle über die Stadt. Da aber die Wetteraussichten für Halle nicht sehr gut sind, wird es schwierig für eine Beobachtung. Über die neue Internetseite des Planetariums gibt es heute einen Livestream zum Ereignis, dann können Sie das Ereignis über Video von zu Hause aus verfolgen: https://www.planetarium-halle.de . Herzliche Grüße D. Schlesier
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