„… die schönste Nebensache der Welt“
Sie habe „ganz normal studiert auf recht hohem Level und Prioritäten gesetzt“, erklärte die 25-jährige Moderne Fünfkämpferin Lena Schöneborn, die von 2005 bis 2010 in Berlin Business Administration studierte und anschließend das Masterstudium International Marketing Management begonnen hat. Was es heißt, Prioritäten zu setzen? „Vor Olympia habe ich hauptsächlich trainiert, danach wieder hauptsächlich studiert. Ich lebe in Olympischen Zyklen.“
Auch Diskuswurf-Koryphäre Ilke Wyludda gelang es, Karriere und Leistungssport zu vereinen. Nach Abschluss ihres Sportstudiums ließ sie sich zur Physiotherapeutin ausbilden, richtete sich eine Praxis ein und beendete im Oktober 2010 obendrein das Medizinstudium. „Ich hatte stets die besten Ergebnisse im Sport, wenn der Stress im Studium am größten war“, verriet die gebürtige Leipzigerin. „Hochleistungssport bildet zudem die Organisationsfähigkeit aus. Man wird unglaublich effizient.“
Wird jedoch tatsächlich jeder Leistungssportler besonders effizient? „Die meisten Trainer verlangen Hörigkeit“, gab Moderator Schenk zu bedenken, „und die Nachbetreuung fällt gering aus“. Während Wyludda diese Erfahrung nicht gemacht hat, da ihr Trainer Gerhard Böttcher sie „mitdenken und den monatlichen Plan selbst strukturieren“ ließ, stimmte Biathlet Frank-Peter Roetsch Schenk zu – der Leistungssportler werde nach Beendigung seiner Sportlerkarriere „fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel“. Der angehende Sportlehrer und Extremsportler Auerswald hält es deshalb für besonders wichtig, bei Sportlern vom Kleinkindalter an auf die Ausbildung sozialer Kompetenzen zu achten und Isolation zu vermeiden.
Einigkeit herrschte darüber, dass es letztlich auf den Sportler selbst ankäme. Man dürfe sich nicht darauf ausruhen, vom Trainer geführt zu werden, dürfe sich nicht gehen lassen.
Aber genügen Selbstdisziplin und Effizienz? „Ich habe allein Jahre gebraucht, um eine eigene komplette Ausrüstung für den Sport zusammenzubekommen“, berichtete Schöneborn. Bis dahin mußte sie mit im Verein Geliehenem zurechtkommen. Denn reich macht Leistungsport zunächst einmal nicht. Preisgelder stocken eher das Taschengeld auf, auch die Fördermittel sind begrenzt. Und bei über 20 Stunden Training pro Woche während des Studiums ist an einen Nebenjob wie Kellnern gar nicht zu denken.
Dem bekannten Spitzensportler wird Abhilfe geschaffen durch das, was anschließend Thema der Diskussion wurde: Sponsoring. „Was wollen Unternehmen vom Leistungssport, was kann der Sportler transportieren und ist es pervers, sich den Unternehmen zu verkaufen?“, wollte Schenk von seinen Gästen wissen. „Werte, denn wir sind eine Werte-Gesellschaft“, antwortete Roetsch. Als „pervers“ könne man es nicht bezeichnen, denn schließlich handele es sich dabei im Grunde um ein Verhältnis „gegenseitiger Abhängigkeit“, so der Biathlet und Eurosport-Co-Kommentator. „Ich bin dankbar und glücklich über meine Sponsoren, weil ich so nicht in einem anderen Beruf Fuß fassen muß“, bestätigte Masterstudentin Schöneborn.
Was nun aber sei jungen Athleten zu raten? „Mach was Anständiges, Mädchen“ sagten stets Schöneborns Eltern, und es hat sie geprägt. Man dürfe die Erwartungen an sich selbst nicht zurückschrauben, so Ilke Wyludda. „Man muß sich nur bewußt machen: Sport ist die schönste Nebensache der Welt. Sich parallel zum Sport ausbilden ist machbar.“