Filmprojekt erinnert an Schicksale hinter Stolpersteinen

25.01.2018 von Friederike Stecklum in Campus, Studium und Lehre
Sie erinnern an die Schicksale jener Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden: die messingfarbenen Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig. Inzwischen gibt es rund 61.000 von ihnen. Sie bilden das weltweit größte dezentrale Mahnmal. An der Universität Halle entstehen im Masterstudiengang MultiMedia & Autorschaft in jedem Jahrgang Filmbeiträge, die sich mit den Geschichten hinter den Stolpersteinen auseinandersetzen. In der Reihe „Stolpersteine. Filme gegen das Vergessen“ werden am Samstag, 27. Januar, vier neue Beiträge im Studio des Mitteldeutschen Multimediazentrums uraufgeführt.
Die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig bilden das größte dezentrale Mahnmal der Welt.
Die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig bilden das größte dezentrale Mahnmal der Welt. (Foto: Evi Lemberger)

Allein in Halle sind 240 der kleinen Messingtafeln in das Straßenpflaster eingelassen. Sie liegen vor den letzten frei gewählten Wohnstätten von NS-Opfern und enthalten die Namen der Opfer, das Datum und den Zielort der Deportation sowie – falls bekannt – Sterbedatum und -ort. Die studentischen Kurzfilme greifen die Schicksale eben jener Menschen auf, die in Halle oder Sachsen-Anhalt unter dem NS-Regime verfolgt, ermordet oder in den Tod getrieben wurden.

In der Abteilung für Medien- und Kommunikationswissenschaften setzen die Studierenden des Masters MultiMedia & Autorschaft im dritten Semester die Filmprojekte für die Reihe „Stolpersteine. Filme gegen das Vergessen“ um. „Die formalen Vorgaben für die Videos halte ich möglichst gering, damit die Studierenden sich kreativ mit dem Thema auseinandersetzen. Wichtig ist allerdings, dass die Filme nicht fiktional sind“, sagt Sebastian Fischer, der das Seminar leitet.

Inzwischen haben die Studierenden dreizehn Filme veröffentlicht, zu denen am Samstag vier neue hinzukommen. Einer von ihnen zeichnet den Lebensweg des jüdischen Reichstagsabgeordneten Werner Scholem nach, der im Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurde. Ein weiterer Film beschäftigt sich mit der Flucht der Juden vor den Nationalsozialisten nach Shanghai. Außerdem greift ein Beitrag die Geschichte des Kinderarztes Josef Schloss auf, der sich nach dem Verlust seiner Approbation das Leben nahm und dessen Wohnhaus Zuflucht für weitere Verfolgte bot. Zudem zeigt ein Video, dass die Ausgrenzung der Sinti und Roma nach wie vor aktuell ist.

Der Verein Zeit-Geschichte(n) e.V., die Gedenkstätte Roter Ochse Halle (Saale) und weitere Partner unterstützten die Arbeit der Studierenden. So besucht Sebastian Fischer beispielsweise mit seinen Seminarteilnehmern den Verein Zeit-Geschichte(n), um Themenideen für neue Filme zu sammeln und mögliche Ansprechpartner zu ermitteln. „Da schlussendlich nicht jedes Thema umgesetzt werden kann, wird in der Gruppe abgestimmt, was realisiert wird und die Studierenden arbeiten dann in Teams von zwei bis drei Personen zusammen“, sagt Fischer.   

Die Idee für die Reihe hatte der ehemalige Seminarleiter Dr. Matthias Buck, der nun am Institut für Kunstgeschichte lehrt. „Ich finde es wichtig, dass sich die Studierenden mit diesem Thema auseinandersetzen. Denn die verteilte Monumentalität, also die über Europa verstreuten Stolpersteine, verdeutlichen das unbegreifliche Bild des Holocaust“, so Buck.

 

Uraufführung am 27. Januar um 18 Uhr im Studio des Mitteldeutschen Multimediazentrums, Mansfelder Straße 56, 06108 Halle (Saale):

Werner Scholem
Ein Leben für die Revolution

2017 | 21 Min.
von Jacob Hanitzsch und Elitsa Kirova

Shanghai
Zuflucht und Wartesaal

2017 | 30 Min.
von Fabian Lamster, Stefan Michel und Marie Schultz

Ausgegrenzt statt anerkannt
Diskriminierung von Sinti und Roma

2017 | 12 Min.
von Rahel Metzner, Burkhard Schütz und Laura Wagenbrett

Letzte Zuflucht Villa Schloss
2017 | 9 Min.
von Mathilde Kowalski, Juliane Radtke, Susanne Siegert

Alle öffentlichen Beiträge gibt es auf Youtube

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