„Gute Lehre nutzt alle Möglichkeiten aus“
Dass sich Technik immer weiterentwickelt, ist keine besonders neue Erkenntnis. Auch nicht, dass es gerade in den letzten zehn Jahren mehrere technische Revolutionen gegeben hat. Und trotzdem sieht es an vielen deutschen Universitäten noch etwas „konservativ“ aus: Das Studium besteht häufig nur aus Vorlesungen, Büchern und Seminaren. „Gute Lehre heißt aber, alle vorhanden Möglichkeiten auszuschöpfen“, ist sich Prof. Dr. Josef Lukas vom Institut für Psychologie sicher. Gemeinsam mit der Rektoratskommission für multimediales Lernen an der MLU hat er den Antrag „studium multimedial“ erarbeitet. Dafür hat die Uni vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mehr als sechs Millionen Euro bekommen. Mit dem Geld sollen nun die Lern- und Lehrbedingungen an der Uni nachhaltig verbessert werden.
Multimediale Bibliothek statt Seminar-Ersatz
Dazu ist seit Anfang April die Einrichtung eines „Zentrums für multimediales Lehren und Lernen“ (LLZ) geplant. Die Mitarbeiter des Zentrums werden die Dozenten aller Fakultäten der Uni bei der Entwicklung von neuen, multimedialen Vermittlungsformen für Studieninhalte unterstützen. „Unser Ziel ist es, den gewachsenen Anforderungen der Studierenden an eine anspruchsvolle Lehre gerecht zu werden“, so Lukas.
Bei der Arbeit des LLZ ginge es aber nicht darum, den Dozenten inhaltliche Vorgaben zu machen oder für sie komplette Programme zu entwickeln: „Die Dozenten können sich beim LLZ Hinweise und technisches Know-How für die Umsetzung ihrer Ideen holen.“ Was aber in der Lehre benutzt wird, ob und welche Inhalte dann multimedial aufbereitet werden, entscheiden die jeweiligen Dozenten. Schließlich bietet sich nicht jedes Thema dafür an.
Besonders gut eignen sich aber Vorlesungen: Diese können mit relativ wenig technischem Aufwand in Ton und Bild aufgezeichnet und im Nachhinein online verfügbar gemacht werden. So komme man dem Wunsch vieler Studierender nach, die Inhalte einer Vorlesung noch einmal hören zu können. Zusätzlich komme das Angebot der Internationalisierung des Studiums zu Gute, weil es das Verstehen von Vorlesungen in einer Fremdsprache erleichtert.
Darüber hinaus sind auch interaktive Skripts, kleinere Videoclips, Diskussionsforen für intensive Debatten und sogar elektronisch durchgeführte Klausuren geplant. „Wichtig für eine erfolgreiche Lehre ist es, dass man das Interesse der Studenten weckt und die Eigeninitiative unterstützt und fördert…“ Das Behalten und Verstehen von Sachverhalten funktioniere besonders gut, wenn man mehrere Sinne anspricht.
Ziel aller Aktionen sei es dabei aber nicht, die traditionelle Lehre zu ersetzen: Vielmehr könnten sich Dozenten durch das „blended learning“, also on- und offline Lehren und Lernen, auf ihr eigentliches Kerngeschäft konzentrieren: Den Dialog und das Erklären in Seminaren. Die Lehre soll also erweitert werden. „Man kann sich das wie eine multimediale Bibliothek vorstellen“, fasst Lukas zusammen.
Forschen, überprüfen und evaluieren
Professor Lukas sieht aber auch eine gewisse Gefahr in multimedialen Lehrangeboten: „Es besteht das Risiko, dass das Studium missverstanden wird als ein Zweig der Unterhaltungsbranche und einer Konsumentenhaltung bei den Studenten Vorschub leistet.“ Studiumsinhalte sollen nicht in erster Linie unterhalten, sondern vor allem Wissen vermitteln und die persönliche Entwicklung fördern. Deshalb müsse man bei allen Veranschaulichungen und Visualisierungen auch immer darauf achten, dass die dargestellten Inhalte Herausforderungen darstellen und die Fähigkeit zum selbstständigen Erarbeiten von Wissen bei den Studenten nicht „außer Kraft“ setzen.
Neben dem LLZ besteht das Projekt „studium multimedial“ noch aus zwei weiteren Bereichen: Zum einen soll eine Professur für pädagogische Psychologie eingerichtet werden. Dort sollen neue Erkenntnisse über kognitionspsychologische Grundlagen von E-Learning und multimedialer Lehre sowie deren Anwendung gewonnen werden. „Außerdem“, so Lukas, „sollte die an unserer Universität ja bereits in unterschiedlichen Fakultäten und Instituten vorhandene Kompetenz in den Bereichen Lernen, Wissen, Wissensvermittlung usw. gebündelt werden.“ Die Ergebnisse aus der Forschungsarbeit können so relativ schnell wieder in die Service-Arbeit des LLZ einfließen – und anders herum.
Zum anderen soll eine weitere Stelle im Bereich Evaluation/Qualitätsmanagement geschaffen werden. Diese wird umfassende Erhebungen zu den Anforderungen und Wünschen unter den Studierenden wie Dozierenden durchführen und kontinuierlich die Arbeit des LLZ überprüfen und reflektieren. So kann immer direkt kontrolliert werden, ob die Arbeit Früchte trägt oder noch weitere Modifikationen nötig sind. Das Ziel aller Arbeitsbereiche sei es, „Wissen zu vermitteln“.
Die Arbeit des LLZ soll bereits in diesem Semester beginnen. Derzeit suche man mit Hochdruck nach passenden Bewerbern für alle Stellen. „Das Sommersemester ist unsere Aufbauphase.“ Im Spätsommer sollen dann die ersten Pilotprojekte entstehen und sukzessive auf weitere Bereiche, Themen und Lehrveranstaltungen ausgedehnt werden. Für den Anfang sei auch geplant, die schon bestehenden Multimedia-Angebote der Uni weiter auszubauen. In der Medizin gibt es beispielsweise bereits das E-Learning-Portal „HaMeeL“ und in den Geowissenschaften das System Geovlex. Angebote, die gezielt auf multimediales eLearning ausgerichtet sind, liegen zum Beispiel auch mit den beiden Masterstudiengängen ONLINE RADIO und Bildungsmanagement, in der Informatik, in den Sprachwissenschaften und anderen Lehrbereichen vor.
„Bei den bereits bestehenden Projekten wollen wir natürlich auch unsere Unterstützung anbieten“, sichert Lukas zu. Man wolle aber nicht versuchen, die bereits vorhandenen Strukturen zu vereinheitlichen. Das Projekt ist derzeit auf eine Laufzeit von fünf Jahren angelegt. Danach kann ein zweiter Antrag auf Verlängerung gestellt werden. Für Lukas ist aber klar, dass die Stellen, die jetzt geschaffen werden, nicht ewig bleiben werden. „Idealerweise hat sich unser Angebot in der Uni dann so etabliert und verfestigt, dass die Verwendung moderner Techniken und Methoden in allen Fakultäten und Lehrbereichen eine Selbstverständlichkeit ist. Ich gehe davon aus, dass dann auch die entsprechenden Kompetenzen so weit verbreitet sind, dass die jetzt geschaffenen neuen Stellen zumindest in diesem Umfang nicht mehr nötig sind.“