Im Einsatz für "Eine Hochschule für alle"

07.04.2015 von Corinna Bertz in Studium und Lehre, Campus
Splitt-Wege, Leitsysteme, Bewegungssensoren an Eingangstüren oder akustische Signale im Fahrstuhl – wenn Dennis Ruttloff von der Barriere(un)freundlichkeit von Universitätsgebäuden erzählt, klingt er wie jemand, der sich seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt. Dabei hat der 20-Jährige im vergangenen Wintersemester „nur“ das ASQ-Modul „Miteinander studieren – eine Hochschule für alle“ besucht. Insgesamt 15 Uni-Bauten haben die Modul-Teilnehmer unter die Lupe genommen: „Wir vermessen zum Beispiel die Eingangstüren, die jeweils mindestens 90 Zentimeter breit sein sollten“, sagt Ruttloff. „Außerdem prüfen wir, ob es Leitsysteme für Menschen mit Hör- oder Seheinschränkungen oder mit Sehbehinderungen gibt und schauen uns auch die Behinderten-WCs auf Barrierefreiheit hin an.“
Stufen wie die große
Freitreppe
zum Universitätsplatz
können eine gefährliche
Barriere sein. Für Menschen
mit Seheinschränkungen
wurden die Stufenkanten deshalb
kontrastreich markiert.
Stufen wie die große Freitreppe zum Universitätsplatz können eine gefährliche Barriere sein. Für Menschen mit Seheinschränkungen wurden die Stufenkanten deshalb kontrastreich markiert. (Foto: Corinna Bertz)

Eine arbeitsintensive Aufgabe, denn nicht alles lässt sich gleich bei der ersten Besichtigung klären: Oft stünden sie vor verschlossenen Türen – oder vor einem verschlossenen Treppenlift. „Wenn uns niemand das Behinderten-WC aufschließen kann, müssen wir ein zweites Mal vorbeikommen, um bestimmte Angaben erheben zu können – zum Beispiel dazu, ob das Waschbecken unterfahrbar ist und wo sich die Haltegriffe befinden. Andere Daten lassen sich später telefonisch erfragen“, erzählt der Student der Agrarwissenschaften. Die gesammelten Informationen zur Barrierefreiheit tragen die ASQ-Teilnehmer anschließend auf der uni-eigenen Plattform Campus Maps ein. Auf der Website www.maps.uni-halle.de sind einheitliche Lagepläne des weitläufigen Campus’ zu finden, die das IT-Servicezentrum der MLU um Angaben über die einzelnen Gebäude erweitern will.

ASQ-Teilnehmer Dennis Ruttloff am barrierefreien Eingang zum Löwengebäude.
ASQ-Teilnehmer Dennis Ruttloff am barrierefreien Eingang zum Löwengebäude. (Foto: Corinna Bertz)

Mit dem Datensammeln endet das ASQ-Modul. Zuvor hatte Modul-Leiter und Initiator Dr. Christfried Rausch, Mitarbeiter des Behindertenbeauftragten des Senats, den Studierenden in den wöchentlichen Sitzungen erläutert, worauf es bei dem Thema theoretisch ankommt. Auch praktisch demonstrierte der Dozent, wie anders der Unialltag für jene Studierende aussieht, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind. Allein der Weg vom Melanchthonianum – zu Fuß ein Katzensprung von weniger als einer Minute – erfordert im Rollstuhl wesentlich mehr Zeit und Aufwand. „Dafür muss der Fahrstuhl im Mel funktionieren und für den Treppenlift im Löwengebäude der Schlüssel organisiert werden, um den Lift aufklappen zu können. Bis wir es mit dem Rollstuhl vom Mel ins Löwengebäude geschafft hatten, war unsere Seminarstunde vorbei“, erzählt Ruttloff.

Etwa vierzehn Prozent aller Studenten an deutschen Hochschulen studieren nach einer Erhebung des Deutschen Studentenwerks mit gesundheitlichenEinschränkungen, die Anzahl der Uni-Mitarbeiter wird auf etwa sechs Prozent beziffert. „Ziel war es, die Studierenden für das Thema zu sensibilisieren und zu zeigen, was Barrierefreiheit im universitären Kontext ganz konkret heißt, etwa bei Prüfungen“, sagt Christfried Rausch. Parallel zum ASQ-Modul hatte der Arbeitskreis Inklusion des Studierendenrates im vergangenen Wintersemester unter dem Titel „Eine Hochschule für alle“ erstmals zu einer Ringvorlesung eingeladen, in der Inklusion, Internationalisierung, Familiengerechtigkeit und Gleichstellung an Hochschulen Themen waren. Beide – ASQ-Modul und Ringvorlesung – werden im laufenden Sommersemester fortgesetzt.

Die ASQ-Teilnehmer haben einen Blick dafür entwickelt, wo es in den Uni-Häusern noch an Barrierefreiheit fehlt. „So gut wie alle Gebäude haben ihre Mängel“, sagt Dennis Ruttloff, der unter anderem am Weinbergweg, in der Großen Steinstraße und in der Kleinen Marktstraße unterwegs war. „Meist gibt es Teillösungen für Barrierefreiheit. Hat man ein Problem überwunden, steht man schon vor dem nächsten, das sind oft einfache Konstruktionsfehler. So etwas fällt mir jetzt natürlich viel stärker auf als vorher.“ Einzig das Haus 31 in den Franckeschen Stiftungen habe in punkto Barrierefreiheit Vorbildcharakter.

Die von ihm und seinen Kommilitonen erhobenen Ergebnisse wird Christfried Rausch in die Uni-Gremien einbringen. „Sie sollen auch in neue Vereinbarung der Universität zur Integration schwerbehinderter Menschen einfließen. So können wir darauf hinwirken, dass nachgebessert wird“, sagt Rausch.

Informationen und Anmeldungen zum ASQ-Modul unter: www.diversity.uni-halle.de

 

Zum Auftakt der Ringvorlesung im Sommersemester 2015 referiert Dr. Christiane Schindler, Referatsleiterin der Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung des Deutschen Studentenwerks, am 9. April um 18 Uhr über: Inklusion an Hochschulen – alles auf einem guten Weg?

  • Ort: Hörsaal XV, Melanchthonianum, Universitätsplatz 9, Halle, Deutschland
  • Termine der Ringvorlesung im Überblick: www.diversity.uni-halle.de/ringvorlesungen
  • Aufzeichnung der Vorträge sind auf der Website online abrufbar.

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ASQInklusion

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