Klare Worte zum Abschied
2017 kam an der Reformation und Wittenberg wohl kaum jemand vorbei. Und auch Rektor Sträter – von Haus aus Kirchenhistoriker – begann den Blick zurück in seiner Neujahresrede mit einer launigen Feststellung zum 500. Jahrestag: „Das Reformationsjubiläum war – obwohl weltweit begangen – im Kern ein Universitätsjubiläum“, so Sträter, denn „ohne die Uni Wittenberg keine lutherische Reformation“.
Gefeiert wurde an der Universität dennoch 2017 eher in Halle als in der Lutherstadt, denn es jährte sich auch die Vereinigung der Universitäten Halle und Wittenberg vor 200 Jahren. Und so betonte Sträter in seinem Jahresrückblick auch die Ereignisse des Festjahres: Neben der Ausstellung „Die combinierte Akademie“ waren vor allem der Festakt und das Universitätskonzert am 21. Juni Höhepunkte. „Als Fazit können wir feststellen, dass das Jubiläum ein guter Anlass war, unsere Universität zu präsentieren und auf uns aufmerksam zu machen“, sagte Sträter.
Aber auch der erneut hohe Zuspruch bei den Studierenden, die sich in gleichbleibend hohen Immatrikulationszahlen niederschlug, fünf neue Graduiertenschulen und ein neuer Sonderforschungsbereich in der Physik mit einem Fördervolumen von 9,3 Millionen Euro waren Meilenstein des vergangenen Jahres. „Für erfolgreiche Forschung steht auch das neue Proteinzentrum“, so Sträter, der das Forschungsgebäude mit Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka im Sommer 2017 einweihte.
Nach der positiven Bilanz, die der Rektor für das Jahr 2017 zog, wandte er sich Themen von gesamtgesellschaftlicher Relevanz zu. Dazu gehörte der von Pseudowissenschaftlern geleugnete Klimawandel ebenso wie die zum Teil asoziale Diskussionskultur in den Sozialen Medien. „Wie in der industriellen Revolution hält gerade auch bei der sogenannten digitalen Revolution die mentale Verarbeitung der neuen Errungenschaften mit der technologischen Entwicklung keinen Schritt“, bilanziert Sträter, es gebe allerdings dank Digitalisierung für jedermann die Möglichkeit, ohne die geringste Sachkompetenz, ganz aus Vorurteilen heraus oder schlichtweg dumm, sich in Internet-Diskussionen einzuschalten.
Das Jahr 2018, so Sträter, stehe aber auch im Zeichen des Ersten Weltkriegs, der vor hundert Jahren zu Ende ging, und der Gründung der ersten deutschen Demokratie. „Die wir trotz ihres Scheiterns in Ehren halten – und gerade wegen ihres Scheiterns genau analysieren und auf strukturelle Probleme unserer Gegenwart befragen müssen. Unsere zweite Demokratie darf nicht gefährdet werden, und es ist unser aller Aufgabe, eine solche Gefährdung zu verhindern“, sagte der Rektor, der insbesondere die „demokratische Mitte“ des Landes in der Pflicht sieht, der Verbreitung extremistischer Positionen entgegen zu treten.
Rektor Sträter wählte auch sehr deutliche Worte in Richtung der Identitären Bewegung, die im April 2017 ein Haus am Steintor-Campus bezogen hat: „Wir verstehen es als eine dem Rechtsstaat und seinen demokratischen Grundlagen dankbar verpflichtete Institution als einen Affront, dass eine politische Gruppierung zweifelhafter demokratischer Legitimität durch den Bezug eines Hauses unmittelbar gegenüber dem Steintor-Campus einen nationalistischen Brückenkopf gegenüber akademischer Internationalität und Freiheit errichtet hat und ein potentielles Bedrohungsszenario aufbaut.“ Er machte unmissverständlich klar: Das Rektorat werde alle Übergriffe zur Ahndung bringen, die offene Auseinandersetzung mit dieser Gruppierung unterstützen und alle Initiativen fördern, die den Campus als intellektuell herausfordernd, bunt, demokratisch und international aufgestellt zur Geltung bringen. „Als Partner dazu sind uns die Stadt und die demokratie-bewusste Nachbarschaft herzlich willkommen“, so Sträter.
Zum Schluss verabschiedet sich Sträter von den Zuhörern, da es die letzte Neujahrsrede seiner Amtszeit war. Die anstehenden Hochschulwahlen würden 2018 für Änderungen sorgen, nicht nur in der Besetzung der Gremien, sondern auch im Rektorat. Er schloss aber mit einer freundlichen Drohung an alle, die im dann scheidenden Rektorat eine „lame duck“, eine lahme Ente, sähen. Denn so Sträter weiter: „Kaum jemand ist so gefährlich, wie ein Rektor im letzten Jahr seiner Amtszeit, der nicht auf eine Wiederwahl ambitioniert.“
Anschließend überreichten die Halloren, Mitglieder der Salzwirkerbrüderschaft, ihr traditionelles Neujahrsgeschenk, bestehend aus Schlackwurst und Soleier. Mit Blick auf das 25-jährige Jubiläum des Weinberg Campus 2018 sprach Prof. Dr. Reinhard Neubert über die Geschichte und Forschung des Standortes und Dr. Ralf-Torsten Speler, Präsident der Vereinigung der Freunde und Förderer der Universität (VFF), ließ das vergangene Jahr im Zeichen des 100-jährigen Geburtstags der VFF Revue passieren. Musikalisch umrahmt wurde das Programm durch das Jazztrio vom Institut für Musik unter Leitung von Martin Tuchscherer.
Musikalisch ging es im Anschluss weiter: Beim Empfang spielte das Salon-Orchester unter Leitung von Matthias Erben. Beim traditionellen Neujahrskonzert, das 20 Uhr in der vollbesetzen Aula im Löwengebäude begann, begeisterte das Orchester der Medizinischen Fakultät unter Leitung von Dr. Volker Thäle mit Werken von Ludwig van Beethoven, Joseph Haydn und Dmitri Schostakowitsch.
Manuskript der Neujahrsrede des Rektors vom 19. Januar 2018