Kunst trifft Geologie

15.02.2017 von Katharina Ziegler in Varia
Taugen geologische 3D-Glasmodelle als Grundlage für ein Kunstprojekt? Den Beweis tritt die Ausstellung „Gläserner Untergrund und künstlerische Intervention“ an. Sie zeigt, wie sich acht Künstlerinnen und Künstler mit den geologischen Besonderheiten der Stadt Halle auseinandersetzen. Grundlage dafür war ein künstlerischer Workshop mit dem Geologen Prof. Dr. Peter Wycisk. Das Stadtmuseum zeigt die Ausstellung noch bis zum 19. März.
In der Ausstellung im Stadtmuseum sind viele verschiedene Arbeiten zu sehen.
In der Ausstellung im Stadtmuseum sind viele verschiedene Arbeiten zu sehen. (Foto: Matthias Ritzmann)

Das Henna-Tattoo, das Annekathrin Pohle der jungen Frau auf den Unterarm malt, nimmt langsam Gestalt an. Doch mit der traditionellen indischen Körpermalerei hat das Gebilde wenig zu tun. Statt eines Ornaments malt die Künstlerin eine grafische Figur. Diese Aktionskunst ist Teil der Ausstellung „Gläserner Untergrund und künstlerische Intervention“ – ein Kooperationsprojekt zwischen Prof. Dr. Peter Wycisk von der Universität Halle und dem Fachbereich Kultur der Stadt Halle, gefördert durch die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt.

Ausgangsbasis war ein künstlerischer Workshop, in dessen Zentrum die mehrfach prämierten einzigartigen Laser-Gravur-Modelle der Arbeitsgruppe von Peter Wycisk standen, die die Geologie der Stadt Halle sichtbar machen. Was es im Glas zu entdecken gibt? Zum Beispiel die „Halleschen Störung“. Bei dieser geologischen Besonderheit hatten sich vor 200 bis 65 Millionen Jahren Gesteinsschichten im Untergrund von Halle um bis zu 800 Meter vertikal gegeneinander verschoben. Dadurch konnte auch das Salz der Solequellen an die Erdoberfläche aufsteigen. Die leichte Verfügbarkeit des weißen Goldes machte Halle im Mittelalter zu einer reichen Stadt.

Wycisks Würfel – auch Städte, wie Berlin oder Wien, hat er schon in Glas lasern lassen - sollen Geologie begreifbar machen und besitzen eine eigene Ästhetik. In zahlreichen wissenschaftlich orientierten Ausstellungen waren sie in den vergangenen Jahren zu sehen. Aber: „Ich aber war neugierig“, sagt Wycisk. „Mich hat auch die künstlerische Sicht auf diese Modelle interessiert, weil die künstlerische Sicht ja meist eine ganz eigene ist.“

Partner fand Peter Wycisk bei der Stadt Halle und der Kunststiftung Sachsen-Anhalt. „Das Projekt vermittelt Stadtgeschichte, aber auf eine ganz neue und ungewöhnliche Art und Weise“, sagt Dr. Anja Jackes, Abteilungsleiterin im Fachbereich Kultur der Stadt. Die Projektpartner entwickelten einen zweiwöchigen Workshop für Künstlerinnen und Künstler, den sie im Frühjahr 2016 Künstlerhaus 188 durchführten. Durch Wycisk mit dem geologischen Grundwissen ausgestattet entwickelten die Künstler dann erste Ideen und erarbeiteten sich einen jeweils ganz eigenen Zugang zum Thema.

Eindrücke aus der neuen Ausstellung:

Ein erster Arbeitstand wurde zur Langen Nacht der Wissenschaften 2016 in den Räumen der Kunststiftung am Neuwerk gezeigt. Die finalen Ergebnisse - acht vollkommen unterschiedliche Kunstwerke – sind nun im dritten Stock des Stadtmuseums zu sehen. Line Jastram zum Beispiel hat drei bewegliche Bilderrahmen entwickelt. Diese sind mit unterschiedlichen Formen und auch mit Sand, der aus dem Gebiet der Halleschen Störung stammt, gefüllt. Die Betrachter können die Rahmen drehen und so selbst als Kraft wirken.

Mit einer Videokamera arbeitete Magdalena Rude. Sie nahm auf, wie sie den Weg der Halleschen Störung vom Hallmarkt bis zur Saline ablief. In einer Audioaufnahme erklärt sie gleichzeitig, wie die Gesteinsschichten aufgebaut sind, die bei einer Tiefbohrung erschlossen werden und schafft so eine Verbindung der vertikalen und der horizontalen Linie der Halleschen Störung.

Die Vielfalt der künstlerischen Zugänge ist vielfältig. „Diese Vielfalt ist ein Zeichen, dass es ein wirklich kreativer Prozess war, der alle Freiheiten bot“, sagt Peter Wycisk. Diese Freiheit machte sich auch Tattoo-Künstlerin Annekathrin Pohle zu nutze. Eigentlich ist sie Schmuckkünstlerin, entwickelt aber zusammen mit den Ausstellungsbesuchern ganz individuelle Tattoos am Computer aus dem geologischen Untergrundmodellen heraus. Im Anschluss überträgt die Künstlerin die Grafik mit Henna-Farbe auf die Haut des Besuchers

Mehr zu den Glasmodellen und dem Anliegen, Wissenschaft anschaulich zu machen: Interview mit Prof. Dr. Wycisk: http://magazin.uni-halle.de/18814/wissenschaft-in-szene-setzen/

Die Ausstellung ist noch bis zum 19. März im Stadtmuseum Halle in der Märkerstraße 10 zu sehen. Geöffnet ist das Museum jeweils Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr. Die Künstlerin Annekathrin Pohle entwickelt ihre Tattoos zusammen mit Besuchern noch einmal am 1. März, 8. März und 19. März, jeweils von 14 bis 17 Uhr.

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