Lyrische Empfindsamkeit und erschütternde Expressivität
Zu Beginn erklangen die Sieben Variationen in Es-Dur über das Duett „Bei Männern welche Liebe fühlen“ WoO 46von Ludwig van Beethoven (1770–1827). Der Komponist wählte das Thema aus Wolfgang Amadé Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ und verlieh ihm durch spielerische Veränderungen ein eigenes musikalisches Gepräge. Die Rolle des Papageno übernahm teilweise das Violoncello, die der Pamina das Klavier. Nach anfänglich leichten, aber unwesentlichen Intonationsproblemen verstand es Peter Hörr die melodischen Phrasen mit seinem Instrument deutlich herauszuarbeiten, alles wurde transparent gestaltet. Paul Rivinius' Begleitung war angemessen, farbig und facettenreich. Große Sorgfalt waltete auch bei der Übertragung der textlichen Diktion der Vorlage auf die solistisch hervortretenden Instrumente.
Der Arpeggione – ein gitarrenähnliches Instrument, das mit Hilfe eines Bogens gespielt wird – ist eine kuriose und seltene Sonderform von Musikinstrumenten des frühen 19. Jahrhunderts. Die spieltechnischen Anforderungen stellen den Interpreten vor einige Herausforderungen; fraglich bleibt, auf welchem der heute gebräuchlichen Instrumente Werke für Arpeggione gespielt werden sollten. Die Sonate für Arpeggione und Klavier in a-Moll D 821 von Franz Schubert (1797–1828) folgte denn auch als zweiter Programmpunkt in der Bearbeitung für Violoncello mit Klavierbegleitung. In den drei Sätzen des Werkes wussten Peter Hörr und Paul Rivinius mit allerhand spieltechnischen Finessen zu überzeugen: Weitgespannte lyrische Bögen, klare und deutliche Ausformulierung der Themen schufen fein differenzierte musikalische Momente. Ein solcher war im Besonderen der 2. Satz (Adagio). Das empfindsame und sehnsuchtsvolle Thema wurde mit warmen und satten Celloklängen ausgekostet, dazu untermalte das Klavier in seiner Begleitfunktion in angemessenem Mezzoforte.
Mit dem träumerisch-fantasievollen Adagio und Allegro op. 70 für Violoncello und Klavier von Robert Schumann (1810–1856) wurde der zweite Teil des Konzerts eröffnet. Beide Solisten erzeugten ein einheitliches, in sich geschlossenes Klangbild, loteten die Tiefen des Werkes in all seinem Nuancenreichtum aus und stellten wiederholt ihre dynamische Akkuratesse unter Beweis.
Den glanzvoll-ergreifenden Höhepunkt des Konzerts bot aber Dimitri Schostakowitschs (1906–1975) Sonate in d-Moll, op. 40 aus dem Jahr 1934. Im Angesicht der erdrückenden Gewaltdiktatur Stalins wandte sich der Komponist zunehmend von seinem bisherigen Werk ab und zog sich verstärkt in die eigene künstlerische Isolation zurück. Die Sonate in d-Moll gibt somit ein denkwürdiges Zeugnis von innerer Zerrissenheit, Unruhe und grundlegenden existenziellen Fragen eines jungen Künstlers. Beide Solisten konnten hier noch einmal mit ihrer packenden Interpretation überzeugen. Durch engagiert-männliches Spiel meisterten beide dieses Kaleidoskop der Emotionen im rasanten Wechsel von lyrischer Empfindsamkeit und erschütternder Expressivität.
Für den reichen Applaus bedankten sich die Künstler mit der Vocalise von Sergej Rachmaninoff (1873–1943).