Mehr Geld für digitale Lehre
Die Lehre an der Uni Halle mit Hilfe multimedialer Angebote modernisieren – so lautete der Auftrag, mit dem das Zentrum für multimediales Lehren und Lernen (LLZ) im Rahmen des Projekts „Studium multimedial“ der Uni Halle vor vier Jahren seine Arbeit aufgenommen hat. Konkret heißt das: Gemeinsam mit den Lehrenden entwickeln die Mitarbeiter des Zentrums multimediale Lehr- und Lernangebote und unterstützen bei der Umsetzung.
„In den ersten zwei Jahren haben wir dafür die technischen und rechtlichen Grundlagen sowie die notwendigen Strukturen geschaffen“, sagt LLZ-Geschäftsführer Dr. Michael Gerth. Insgesamt 6 Millionen Euro standen in der ersten Förderphase von 2012 bis 2016 zur Verfügung. Im September 2016 hat die Universität einen Förderbescheid über weitere 6,5 Millionen Euro erhalten, mit denen das Zentrum von 2017 bis 2020 durch das Bund-Länder-Programm „Qualitätspakt Lehre“ gefördert wird.
„In der zweiten Förderphase wollen wir mit unseren Angeboten noch mehr Lehrende erreichen und an den Fakultäten präsenter sein“, so Gerth. Denn obwohl rund 500 Dozentinnen und Dozenten der Hochschule den Service des Zentrums genutzt haben, gebe es noch immer Uni-Beschäftigte, die es nicht kennen.
Bereits mehr als 7.000 elektronische Prüfungen absolviert
Ein Schwerpunkt der Serviceangebote ist das Aufzeichnen und Erstellen von Lehrvideos: 23 Hörsäle sind mittlerweile mit der dafür notwendigen automatischen Aufzeichnungstechnik ausgerüstet. Rund 500 Veranstaltungen werden jedes Semester aufgezeichnet anschließend vom Team des LLZ bearbeitet und digital zur Verfügung gestellt. „Die Nutzerzahlen steigen kontinuierlich – kurz vor der Prüfungsphase erfahrungsgemäß besonders stark“, berichtet Gerth.
Damit passt die Hochschule ihr Lehrangebot auch der heterogener werdenden Zielgruppe an. Nicht nur internationalen Studierenden oder studierenden Eltern mit Kind erleichtern digitale Angebote das Studium, denn mit Hilfe der Aufzeichnungen können sie ihre Lernphasen individuell, zeit- und ortsunabhängig gestalten.
Bei der Entwicklung multimedialer Lehrprojekte können Lehrende aus einer Vielzahl von Werkzeuge und Formaten wählen: Die Bandbreite reicht von einem webbasierten System namens „ARSnova“, mit dem Studierende während der Vorlesung über ihr Smartphone Fragen stellen oder abstimmen können, über Podcasts und sogenannte Screencasts – Aufzeichnungen von Bildschirminhalten – bis zur Entwicklung von E-Klausuren, die am Computer absolviert werden. Letztere bilden seit 2014 einen weiteren Schwerpunkt am LLZ.
Insgesamt haben Studierende der Uni Halle bereits mehr als 7.000 elektronische Prüfungen absolviert. LLZ-Initiator Prof. Dr. Josef Lukas hat diesen noch jungen Themenbereich durch seine Forschungsarbeiten wissenschaftlich untersetzt: Der Psychologe, der dem Zentrum bis zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand im März 2016 als Geschäftsführender Direktor vorstand, hat mit Mitarbeitern des LLZ das erste umfassende deutschsprachige Handbuch zu elektronischen Prüfungen erarbeitet.
Adaptives Lehren und Lernen als Schwerpunkt
Im Juni ist der neu berufene Psychologe Prof. Dr. Torsten Schubert als Lukas‘ Nachfolger gewählt worden. In der zweiten Förderphase werde das Zentrum nun durch eine neue Arbeitsgruppe verstärkt, kündigt der neue LLZ-Direktor an: „Sie soll die Forschung zu Grundlagen und Anwendungsaspekten des multimedialen Lernens und Lehrens fördern und zu diesem Zweck auch Kenntnisse aus der Kognitionspsychologie nutzbar machen.“ Geplant sei ein fakultätsübergreifendes Programm zur Unterstützung und Bündelung entsprechender Forschungsaktivitäten an der Uni Halle.
Digitales Lernen wirkt auf die kognitiven Eigenschaften des Menschen und daraus ergeben sich viele neue Forschungsfragen – etwa: Wie verändert dieses Lernen das Gedächtnis und die Wissensstrukturen des Lernenden? „Die Auswirkungen auf Gedächtnisprozesse und individuelle Lernstrategien erfordern wiederum eine Anpassung der didaktischen Lehr- und Lernansätze und stellen zugleich neue Anforderungen an IT-Lösungen bei der Entwicklung von adaptiven Lernumgebungen und Lernsituationen“, so Schubert.
Adaptives Lehren und Lernen wird ein Schwerpunkt der neuen Förderphase sein. Dabei werden die Lehrinhalte dem individuellen Wissensstand des Studierenden angepasst. „Adaptiv bedeutet, dass der Lernende, wenn er zum Beispiel eine Testfrage nicht beantworten kann, dann die dazu passende Lerneinheit erhält“, erläutert Michael Gerth.
„Aus der Grundlagenforschung weiß man, dass testendes Lernen zu besseren Ergebnissen führt als bloße Wissensvermittlung“, sagt Schubert. Die Arbeit an den ersten adaptiven Lehr- und Lernangeboten soll 2017 voraussichtlich in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geowissenschaften und Geographie beginnen.