Mehr Raum für Kreativität
In dem rund 100 Quadratmeter großen Raum geht es munter zu an diesem späten Mittwochabend. Neun junge Studentinnen probieren sich gerade an Platten-, Würstchen- oder Streifentechnik – speziellen Verfahren zum Aufbau von Tongefäßen. Zwischendurch wird geschwatzt, beantwortet Kursleiterin Almuth Lohmann-Zell immer wieder Fragen. Ist der Ton schon zu trocken, um ihm ein Muster zu geben? Wie wird die Bodenplatte noch eben? „Keramik heißt immer geduldig zu sein“, erzählt die Künstlerin und Kursleiterin nebenbei. In anderthalb Stunden ein Gefäß fertig zu bekommen, ist nicht möglich. Immerhin muss das Material – im Raum entstehen gerade Dosen, Vasen oder Tassen – zweimal gebrannt werden. Vier Kurstage dauert es, bis ein Werk vollendet ist.
Seit Jahren leitet Lohmann-Zell Kurse für das Studentenwerk, seit diesem Semester in der neuen Kreativwerkstatt. Die gemietete alte Werkstatt in der Fährstraße konnte bedingt durch den Semester-Rhythmus nicht kontinuierlich ausgelastet werden, war nicht barrierefrei. Zudem gab es zusätzlichen Bedarf an Räumen für Beratungen und kleinere Veranstaltungen. So fiel Ende 2016 im Verwaltungsrat des Studentenwerkes der Beschluss, im 1996 teilsanierten Wohnheim im Hohen Weg die frühere Mensaküche zu einem Multifunktionsraum umzubauen. Baubeginn war im Oktober 2017, Bauende im April dieses Jahres. „In der neuen Kreativwerkstatt haben die Kursteilnehmerinnen und -Teilnehmer nun wesentlich mehr Raum und Möglichkeiten sich zu entfalten. Auch außerhalb der Kurszeiten können die Räume, beispielsweise von unseren Wohnheimtutorinnen und -tutoren zum Austausch und für Veranstaltungen genutzt werden", sagt die Geschäftsführerin des Studentenwerkes, Lydia Hüskens.
Von Beginn an im Jahr 2011 waren die Kreativkurse des Studentenwerkes stark nachgefragt und wurden deshalb kontinuierlich ausgebaut. Derzeit finden zwischen neun und elf Kurse mit maximal 17 Teilnehmern statt. Für 135 Kursplätze hat es 257 Anmeldungen gegeben. „Die Kreativkurse und die finanzielle Förderung kultureller Projekte bilden die beiden Säulen unserer Kulturförderung und liegen uns besonders am Herzen: Unsere Studierenden blicken in den Kursen und mit eigenen Projekten über den Tellerrand ihres Studienfachs und sammeln besondere Erfahrungen und Wissen. Das ist nicht nur für den einzelnen Studierenden gut, sondern steigert auch die Attraktivität des Studienstandortes. Eine klassische Win-win-Situation also", so Hüskens.
Besonders beliebt ist der Keramikkurs. Marie Gronemeyer ist dafür ein Beispiel: Schon zum vierten Mal nimmt die 25-jährige angehende Medizinerin teil. Ihr gegenüber arbeitet an diesem Abend Rieke Thormählen an einer Tasse. Warum sie sich für den Kurs entschieden hat? „Wenn man den ganzen Tag in der Uni sitzt, möchte man gern mal etwas mit den Händen machen“, sagt die 20-jährige Studentin der Erziehungswissenschaften. Tatsächlich ist Handarbeit im wahrsten Sinne des Wortes gefragt – an einer Töpferscheibe sitzen die Kursteilnehmerinnen nicht. Vielmehr wird mit der Hand und Werkzeugen wie Töpfermesser und -nadel, Schlingen, Ritzwerkzeugen, Modellierhölzern und Lochschneidern gearbeitet. „So kann man auch ganz tolle Sachen machen“, sagt Lohmann-Zell. An der neuen Kreativwerkstatt gefallen ihr nicht nur ganz praktische Dinge wie der extra Lagerraum oder die beiden Abwaschbecken, sondern zudem Ausstrahlung und Akustik. „Auch das Licht ist hier schöner.“ Drei riesige Rundlampen, die farbechte LED-Beleuchtung ermöglichen, sorgen dafür.