Neu im Botanischen Garten: Fotografie trifft auf Molekularbiologie
Blossfeldts Fotografien erinnern eher an abstrakte Strukturen und Muster aus der Architektur, als an Pflanzen. Als einer der ersten vergrößerte er Anfang des 20. Jahrhunderts seine Aufnahmen von Farn, Springkraut oder Schachtelhalm um das 12- bis 45-Fache und beeindruckte mit seinen Bildern Botaniker wie Künstler gleichermaßen. „Blossfeldt hat nicht bloß Pflanzen fotografiert, er war auf der Suche nach so etwas wie der Urform der Natur“, erklärt Annika Simm, die die Ausstellung gemeinsam mit dem Kustos des Gartens Dr. Matthias Hoffmann auf die Beine gestellt hat.
„Wir wollen zeigen wie die Formen, nach denen Blossfeldt gesucht hat, überhaupt entstehen“, erklärt Hoffmann. Die Idee zu der Ausstellung konnte von der Studentin der Kunstgeschichte und Biologie während eines Praktikums umgesetzt werden. „Mir macht interdisziplinäres Arbeiten einfach unglaublich viel Spaß – zu schauen, was Blossfeldt auf der Spur war und dies in den aktuellen Forschungsstand der Molekularbiologie einzuordnen“, erzählt Simm.
An verschiedenen Stellen im Botanischen Garten finden die Besucher auf kleinen Tafeln einerseits Fotografien und Informationen zum Leben und Werk Karl Blossfeldts. Andererseits wird der molekularbiologischen Hintergrund der Fotografien beleuchtet: „Was wissen wir heute? Wie entstehen die Formen, die Blossfeldt abgebildet hat, eigentlich? Was befindet sich zwischen Erbinformation und den Blossfeldtschen Formen? Was sind die molekularen Grundlagen?“, fasst Matthias Hoffmann einige der Fragen zusammen, die auf den neuen Tafeln im Garten jetzt beantwortet werden.
Ziel ist es, den Besuchern mit dem Rundgang sowohl einen neuen Blick auf die Pflanzen zu vermitteln, als auch einen Bogen von der Kunst zur Biologie zu schlagen. „Wir haben versucht, dieses komplexe Spannungsfeld zwischen Morphologie und Molekularbiologie so gut es ging herunter zu brechen, sodass man auch ohne Vorkenntnisse ein gewisses Verständnis entwickeln kann“, erklärt Simm. Leichte Kost sei es zwar nach wie vor nicht, dennoch: „Für jemanden, der eine Idee davon bekommen möchte, ist die Ausstellung bestimmt sehr interessant.“
Sowohl der Kustos des Botanischen Gartens als auch die Studentin nehmen eine Menge mit aus der knapp zweimonatigen Arbeit an dem Projekt: „Zum einen wurde schnell klar, wie faszinierend komplex zelluläre Prozesse ablaufen und wie viel schon darüber bekannt ist“, erzählt Hoffmann. „Zum anderen hat es gezeigt, wie weit wir davon entfernt sind, zu verstehen, was eine Pflanze zur Pflanze macht.“
Dennoch: „Das interdisziplinäre Arbeiten ist wie eine Art Virus“, sagt Simm, die sich im Verlauf ihres Studiums weiterhin mit dem Thema befassen will: „Man kann nicht aufhören, immer mehr darüber herauszufinden.“
Weitere Informationen
Der Rundgang „Karl Blossfeldt und die moderne Biologie“ durch den Botanischen Garten, am Kirchtor 1-12 in Halle, kann ab dem 13. Mai besucht werden. Am Wochenende und an Feiertagen ist der Garten von 10 bis 18 Uhr geöffnet, an Wochentagen von 14 bis 18 Uhr. Für Angehörige und Studenten der Uni Halle ist der Eintritt frei. Der Ausstellungsbesuch ist im Eintrittspreis des Botanischen Gartens enthalten. Erwachsene bezahlen 2 Euro, ermäßigt und Kinder ab 6 Jahre 1 Euro.Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Botanischen Gartens der Universität.
Kontakt: Dr. Matthias Hoffmann
Institut für Geobotanik & Botanischer Garten
Tel.: +49 345 5526-229
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