Prorektorin Dräger zum Haushalt 2014: „Wir kürzen nicht mit dem Rasenmäher“
Frau Professor Dräger, das Rektorat ist offenbar der Meinung, dass wir uns viel zu viel leisten. Ist das denn so?
Dräger: Ja, das ist leider so. Wir haben keine Reserven, sondern seit 2009 überziehen wir die Finanzzuweisungen des Landes mit rund 6 Millionen Euro jährlich. Die Lücke wäre 2014 auf 10 Millionen Euro angewachsen, hätten wir jetzt nicht gehandelt. Und das hätte bedeutet, eher über kurz als lang komplett handlungsunfähig zu werden.
Woher kommt denn so ein Haushaltsloch? Und warum wächst es?
Wir haben an unserer Uni zum einen Strukturen, die zu viel kosten. Und nicht alles, was wir uns leisten, lässt sich mit Hochschulpaktmitteln auffangen. Diese Mittel sind verständlicherweise auch an Auflagen gebunden. Wir sollen und wollen sie zur Verbesserung von Studium und Lehre einsetzen. Außerdem: Die Personalkosten steigen, zum Beispiel durch Tarifsteigerungen, und auch die Preise für Energie und Heizung sind enorm gestiegen. Wir verbrauchen zwar nicht mehr, zahlen aber immer mehr.
Also wird jetzt radikal gekürzt. 30 Prozent. Das tut richtig weh.
Ja, das tut weh und das kann man auch nicht beschönigen. Aber: Wir kürzen nicht mit dem Rasenmäher. Darf ich das Modell kurz erklären?
Gern konkret.
Der Haushalt der Universität besteht aus einem Landeszuschuss von rund 129,5 Millionen Euro – alle Vorabzüge abgerechnet. Dieses Geld reicht eben nicht aus, um alle Strukturen der Uni zu finanzieren. Würden wir jetzt das Mittelverteilungsmodell allein bemühen und überall gleichmäßig 30 Prozent Sachmittel beschneiden, dann lägen viele Dinge im Argen. Wir haben uns aber entschieden, aus über 3 Millionen Euro der Hochschulpaktmittel einen Fond zu bilden, der die unabweisbaren Bedarfe deckt. Das heißt, wir steuern per Hand nach und legen dort wieder Geld drauf, wo es dringend nötig ist. Das bedeutet konkret, dass wir mit allen Fakultäten Gespräche geführt haben, um herauszufinden, wo wie viel nötig ist – mit dem Ziel Studium und Lehre zu sichern. Dementsprechend wird nun das Geld verteilt. Zudem fließt aus dem Fond Geld auch an die ULB, so dass die Öffnungszeiten der Bibliotheken im vollen Umfange angeboten werden können.
Also ein Rettungsschirm für Studium und Lehre?
Wenn man so will, ja. Wir haben dazu auch dem Senat im Januar eine Prioritätenliste vorgelegt. Die besagt: Die Öffnungszeiten der ULB aufrechtzuerhalten, Vertretungsprofessuren zu besetzen, wo die Studierendenzahl es erfordert, den Mehrbedarf in den Fakultäten abzusichern, die Kürzungen im Etat der ULB zu mildern und auch die Mittel zur Frauen- und Nachwuchsförderung weiter zur Verfügung zu stellen.
Das bedeutet ja trotzdem, dass in vielen Bereichen gedarbt werden wird.
Ja, die komplette Verwaltung trifft das voll oder die zentralen Einrichtungen, etwa die Kustodie, das Sprachenzentrum, das Sportzentrum. Hier können wohl weniger Kurse angeboten werden. Und Reisekosten sind komplett von der Kürzung betroffen. Das macht mir übrigens auch keinen großen Spaß, so etwas entscheiden zu müssen.
Na gut, aber da wären immer noch Hochschulpaktmittel zum Ausgeben. Für das Jahr 2014 erhält die Uni 19,8 Millionen Euro zu den Haushaltsmitteln vom Land. Viele Senatsmitglieder und eine große Zahl Uniangehöriger überhaupt wünschen sich, dass diese auch komplett 2014 eingesetzt werden. Das möchte das Rektorat aber nicht…
Lassen Sie mich bitte kurz die Zusammensetzung dieser Mittel erklären. Von den 19,8 Millionen Euro können Sie 2,3 Millionen Euro abziehen, da diese fest an Sonderprogramme gebunden sind: Lehrerbildung und Medizin. Dann kommen noch die rund 6 Millionen Euro hinzu, die wir aus den Hochschulpaktmitteln brauchen, um unseren Haushalt insgesamt zu ergänzen. Zur Erinnerung: Wir bräuchten 10 Millionen Euro, wenn wir nicht 30 Prozent im Haushalt einsparen würden. Zudem decken wir den unabweisbaren Mehrbedarf der Fakultäten aus Hochschulpaktmitteln. Und dann haben wir mit dem Rest, der uns bleibt, etwas vor. Das Geld soll zur Absicherung der Zukunft der Universität dienen und in die kommenden Jahre übertragen werden. Nur so werden wir in der Lage sein, auch 2015 und 2016 wieder einen ausgeglichenen Haushalt aufstellen zu können.
Es besteht keine Chance, etwas locker zu machen?
Aus den Hochschulpaktmitteln? Nein. Wir müssen nachhaltig wirtschaften. Auch 2015 und 2016 sind die in den Jahren 2013 und 2014 immatrikulierten Studierenden noch bei uns und haben Lehrbedarf. Wir wollen uns bis mindestens 2016 absichern und über das Ende der 2. Phase des Hochschulpakts hinaus denken. Die dritte Phase des Hochschulpakts ist in der Schwebe. Und vielleicht noch eine kleine Anmerkung: Die Hochschulpaktmittel sind nicht zur Finanzierung der bestehenden Strukturen der Universität ausgeschüttet worden. Sie sollen die Qualität der Lehre bessern und die Attraktivität des Studienstandorts Halle steigern.
Sie haben das auch wiederholt im akademischen Senat erklärt. Dennoch gibt es ein Votum des Senats, den Haushalt 2013 fortzuschreiben und am besten gar nichts zu kürzen.
Wir richten uns nach dem Senatsvotum, so weit es uns möglich ist, ohne die Grenzen der gesetzlich zulässigen Haushaltsführung zu überschreiten. Ein Minus von 10 Millionen Euro im Haushalt verletzt geltendes Recht.
Ich höre immer wieder aus Ihren Worten, dass die Strukturen der Uni nicht zu Ihrer Finanzierung passen. Was folgt denn noch daraus? Stichwort: Profildebatte.
Ja, völlig richtig. Wir müssen es schaffen, mit unserem Budget auskommen und können nicht erwarten, dass sich das Problem irgendwann von selbst löst. Das Führen der Profildebatte gehört dazu.