"Es gab und gibt keinen Stillstand"
Herr Dr. Hecht, Sie waren knapp elf Jahre Kanzler der MLU und haben viele für die Universität bedeutende Entwicklungen begleitet und mitgeprägt. Was wird Ihnen von dieser Zeit am stärksten in Erinnerung bleiben?
Dr. Martin Hecht: Beschäftigt haben mich in dieser Zeit drei Dinge: Zum einen die Fragen der Hochschulsteuerung und der Organisation der Universität. Diese Themen haben insbesondere die Jahre 2004 bis 2007 geprägt, als sich die großen Veränderungen im bundesdeutschen Wissenschaftssystem auf die Hochschulen auswirkten. Dazu zähle ich die ersten Zielvereinbarungen mit dem Land, die Änderung des Hochschulgesetzes, auch die Frage der Veränderung der Universitätsstruktur, die Bologna-Reform und vieles mehr. Ganz unterschiedliche Facetten haben in dieser Zeit die Arbeitsweise der Universität verändert. Das war sehr prägend.
Der zweite Punkt sind die Bauangelegenheiten, die ich in den letzten elf Jahren begleiten konnte. Wir haben die Standortfrage voranbringen und entscheiden können, verbunden mit entsprechenden Neubaumaßnahmen und ergänzenden Sanierungsmaßnahmen.
Der dritte Punkt betrifft die Frage der Modernisierung der Verwaltungsstruktur.
Welches Resümee ziehen Sie in diesem letzen Punkt am Ende Ihrer Amtszeit?
Ich denke, dass sich Forschung und Lehre in der Universität entwickeln konnten und die Verwaltung so gut es ging unterstützend zur Seite stand. Die Leistungsfähigkeit der Verwaltung ist gestiegen und sie wird positiver gesehen – diese Rückmeldung habe ich zumindest in letzter Zeit bekommen. Die Idee von einer Verwaltung, die der Wissenschaft ein notwendiger, guter Partner ist, war hier Leitgedanke. Es gab und gibt keinen Stillstand in der Fortsetzung dieser Ausrichtung der Verwaltung.
Welche Projekte konnten Sie nicht mehr zu Ende führen?
Noch nicht umgesetzt werden konnte die Frage der Umstellung auf die kaufmännische Buchführung sowie die Einführung einer Verwaltungssoftware für Ressourcen für Personal, Finanzen und Liegenschaften. Das sind große Aufgaben, die für die Verwaltung und im Grunde für die gesamte Universität anstehen.
Werden diese Aufgaben nach Ihrem Weggang fortgesetzt?
Diese Dinge können nicht ruhen, sie müssen aber auch nicht überhastet angegangen werden. Bei der Umstellung auf die kaufmännische Buchführung ist vor allem das Land gefragt. Die Modernisierung der Verwaltungssoftware läuft auf die Ablösung der aktuell laufenden Systeme hinaus. Aus meiner Sicht ist es essentiell, dass dieses Projekt zwischen allen Hochschulen des Landes abgestimmt durchgeführt wird. Ich denke, dass beide Projekt in 2014 begonnen werden müssen.
Das Baugeschehen an der Universität kam in Ihrer Zeit als Kanzler ein gutes Stück voran. Welche Projekte lagen Ihnen besonders am Herzen?
Im Hinblick auf das Baugeschehen gab es sehr interessante und schöne Projekte in Halle. Dazu gehört die Entwicklung des Standorts Heide-Süd. Hier ist es gelungen, die eher strenge autoritäre Architektur des ehemaligen Kasernengeländes zu neuem Leben zu erwecken. Das Hörsaalgebäude und die Mensa bilden dort einen räumlichen Abschluss des großen Platzes. Das Ensemble soll noch um eine Sporthalle ergänzt werden, für die bereits ein ansprechender Architekten-Entwurf vorliegt. Aber auch weitere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen bzw. forschungsnahe Unternehmen hätten genügend Platz, sich hier anzusiedeln.
In meine Amtszeit fiel auch das Projekt des Internationalen Begegnungszentrums, das mich nicht losgelassen hat. Mit viel Mühe und Zeitaufwand konnte in Kooperation mit der Leopoldina ein ansprechender Bau in der Emil-Abderhalden-Straße realisiert werden. Es ist mir eine besondere Freude, dass jetzt bereits die ersten Gäste im Haus begrüßt werden konnten.
Nicht zuletzt hat mich die gesamte Zeit das Geistes- und Sozialwissenschaftliche Zentrum begleitet - begonnen von der Standortdebatte bis hin zu den Diskussionen um die Kürzungen beim Bibliotheksbau. Inzwischen zeichnet sich mit dem neu entstehenden Steintor Campus eine gute und interessante Lösung ab, die auch beim Richtfest im Januar von allen Beteiligten gewürdigt wurde. Ich hoffe, dass der Campus von den Studierenden gut angenommen wird. Hier entsteht ein spannendes Miteinander von alten und neuen Gebäuden mit dem Vorteil, dass Erweiterungen möglich sind. Abgerundet wird der Steintor Campus durch die Realisierung des mit der Stadt und dem Land abgestimmten Parkhausprojektes.
Fällt es Ihnen schwer, dieses Projekt aus der Hand zu geben?
Auf der einen Seite sicherlich. Einen derartigen Campus mit entwickeln zu können, der bei Betrieb einen ganzen Stadtteil prägen wird, bindet einen nicht nur routinemäßig. Auf der anderen Seite bin ich guter Dinge, dass der Campus spätestens im Wintersemester 2014/15 bezogen werden kann. Insofern freue ich mich jetzt einfach auf das Ergebnis.
Was würden Sie Ihrem Nachfolger auf den Weg geben, wenn Sie Gelegenheit dazu hätten?
Die Vielfalt zu nutzen, die Halle an Anknüpfungspunkten und Möglichkeiten der Zusammenarbeit auch mit Partnern außerhalb der Universität bietet. Das sind Dinge, die sich aus der Größe der Universität im Verhältnis zur Stadt ergeben.
Was haben Sie besonders an der Martin-Luther-Universität geschätzt?
Die Aufgaben in Halle habe ich mit Leib und Seele wahrgenommen und ein vergleichbares Engagement fand ich bei vielen Beschäftigten an der Universität. Diese enorme Identifikation der Angehörigen mit ihrer Uni ist ein Riesenpfund, mit dem die MLU wuchern kann. Die MLU hat eine attraktive Größe. Sie ist keine kleine Universität und trotzdem läßt sich der Dialog bei guter Organisation mit allen Entscheidungsträgern führen. Seien es beispielsweise der StuRa, die Mitglieder des Senates oder die Dekane.
Wie werden Sie Halle verbunden bleiben und wie werden Sie die Stadt in Erinnerung behalten?
Durch die Händelfestspiele zum Beispiel, neben den persönlichen Bekanntschaften natürlich. Auch durch die Kooperation mit dem Nachfolger oder der Nachfolgerin etwa im Rahmen des Austauschs der Uni-Kanzler.
Halle ist ein wunderbarer, lebenswerter Standort mit Zukunft. Das Projekt Stadt der Wissenschaft hat das gezeigt und bildete aus meiner Sicht einen sehr guten Ansatz, um das Bewusstsein der Bevölkerung und aller Beteiligten zu stärken, dass die Stadtentwicklung vor allem durch die Wissenschafts- und Kultureinrichtungen erfolgen kann. Die Fahrt nach Mainz zum Wettbewerbsfinale zusammen mit vielen halleschen Vertretern aus Wissenschaft, Kultur und Politik war ein besonderes Ereignis.
Wie sehen Sie Ihrem bevorstehenden Neuanfang in Hamburg entgegen?
Für mich ist der Wechsel nach Hamburg aus fachlicher Sicht weniger spektakulär als damals mein Anfang in Halle war. Seit 2002 konnte ich an der Martin-Luther-Universität als Kanzler Erfahrungen sammeln, die mir in meiner neuen Arbeitsstelle nutzen werden. Die Tätigkeit in Halle bildet ein gutes Fundament. Ich habe großen Respekt vor der neuen Aufgabe und freue mich darauf.