Ritter, Helden, Minnesänger: Studierende entwerfen Unterrichtsmaterial
Was macht einen Helden aus? Was sind das für fremd klingende Worte im „Nibelungenlied“? Und ist Siegfried von Xanten wirklich ein Held? Das ist nur ein kleiner Teil von Fragen, mit denen sich Schülerinnen und Schüler der Freien Schule Bildungsmanufaktur Riesenklein Mitte Januar beschäftigt haben – und vor ihnen insgesamt 15 Lehramtsstudierende der MLU. In einem Blockseminar haben Letztere Material für den Deutschunterricht der siebenten und achten Klasse entwickelt, das von den Schülerinnen und Schülern in so genannter Freiarbeit, also quasi im Selbststudium, bearbeitet wird.
„Die Freiarbeit ist eine gute Möglichkeit, um Themen in der Schule zu bearbeiten, für die sonst kaum Raum und Zeit ist“, sagt Altgermanistin Dr. Andrea Seidel zu den Hintergründen des Projekts, das sie gemeinsam mit Deutschdidaktikerin Stefanie Naumann konzipiert und geleitet hat. Neu sei auch, dass das Material in Zusammenarbeit zwischen Fachwissenschaft und Didaktik erarbeitet wurde. Ziel sei, die Ergebnisse, welche sich am Fachlehrplan Sekundarschule des Landes orientieren, später allen Schulen zur Verfügung zu stellen. Denn: Obwohl die Altgermanistik fundamentaler Bestandteil im Studium für das Lehramt Deutsch sei, werde das Mittelalter im Deutschunterricht an den Schulen oft eher stiefmütterlich behandelt, so Naumann.
In vier Gruppen haben die Studierenden Material zu den Themen Ritter, Heldentum, Minnesang und Sprache erarbeitet. Es hat jeweils einen Umfang von 17 bis 28 Seiten und enthält neben den klar beschriebenen Aufgabenstellungen auch umfangreiche Recherchematerial, das den Schülerinnen und Schülern bei der Bearbeitung hilft: Video- und Audiodateien, Transkripte, aber ebenso Selbsttests und Lösungsblätter zur eigenen Kontrolle der Lernergebnisse. Darüber hinaus sind Handreichungen für die Lehrkräfte entstanden.
„Eine große Herausforderung war, sich mit dem Fachwissen auf das Alter der Schülerinnen und Schüler einzustellen, sie also auch nicht zu unterfordern“, sagt Andrea Seidel. Neben Kompetenzen im Umgang mit Texten und Medien fordert das Material auch die Kreativität der Jugendlichen: In einer Schreibaufgabe sollen sie zum Beispiel selbst in die Rolle eines mittelalterlichen Helden schlüpfen und als solcher einen Instagram-Post oder einen Blogbeitrag schreiben - oder auch ein aktuelles Minnelied verfassen.
Das erste Feedback aus der Schule sei durchweg positiv, so die Wissenschaftlerinnen. So habe die Deutschlehrerin der Schule unter anderem die große Auswahl an gutem Material gelobt, ebenso die schöne und umfangreiche Gestaltung. Man sehe, dass darin sehr viel Arbeit steckt. Ähnlich positiv sei die erste Hospitation von Studierenden im Unterricht verlaufen. „Das Material funktioniert hervorragend“, so Naumann. Auch die Studierenden selbst sind begeistert: „Es war eine gute Möglichkeit, das Mittelhochdeutsche, von dem man denkt, dass es außerhalb der Universität keine Anwendung findet, für Schülerinnen und Schüler zugänglich zu machen“, sagt Alona Polubotko, Lehramtsstudentin für Deutsch, Englisch und Russisch. Und: Ein nur vermeintlich sperriges Thema könne helfen, dass sie besser verstehen, woher ihre Sprache kommt, ergänzt Kommilitone Michael Beau.
Nach einer weiteren Hospitation soll es Anfang Februar noch eine gemeinsame Auswertung aller Beteiligten im Seminar geben. Das Material wird am Ende des Semesters über den Blog der Deutschdidaktik zur Verfügung gestellt werden.