Von China nach Halle: Für das Studium um die halbe Welt
An seine Ankunft in Halle kann sich Weiwei Gao noch ganz genau erinnern: „Es war dunkel und ziemlich kalt“, sagt er ein Jahr später und fügt hinzu: „Ich habe mich immer noch nicht an das deutsche Wetter gewöhnt.“ Fast 20 Stunden ist der junge Mann damals unterwegs gewesen, bis er nachts im Wohnheim am Weinberg-Campus ankam.
Weiwei Gao stammt aus Chengdu, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan, im Südwesten von China. Dort leben über 14 Millionen Menschen – Halle hat hingegen gerade einmal knapp 240.000 Einwohner. Eine ziemliche Umstellung für den 24-Jährigen, der in die Händelstadt gekommen ist, um sein Studium fortzusetzen. Für ihn war klar: Wenn er Germanistik studiert, dann muss er längere Zeit in Deutschland gelebt haben. „Ich will nicht nur meine sprachlichen Fähigkeiten verbessern, sondern auch das Leben in Deutschland kennenlernen.“
Seit Oktober studiert er jetzt Deutsche Sprache und Literatur im Master am Germanistischen Institut. „In China ist das Studium nicht so abwechslungsreich“, sagt Gao. Auch Ran Liu ist für das Masterstudium nach Halle gekommen. „Eine Freundin erzählte mir begeistert von ihrem Studium in Leipzig“, sagt die 23-jährige Studentin. Seit diesem Wintersemester studiert die junge Frau Interkulturelle Europa- und Amerikastudien an der Uni Halle.
Ein Jahr lang Deutsch gepaukt
Dass die beiden in Halle jetzt ihren Master absolvieren können, ermöglicht das Panda-Programm: Es erlaubt chinesischen Studierenden, sich in Deutschland gezielt auf ein Studium an einer von vier Universitäten in Mitteldeutschland vorzubereiten. Neben der Uni Halle beteiligen sich die Universitäten Leipzig, Weimar und die TU Bergakademie Freiberg an dem Programm. Die Vorbereitung und Betreuung erfolgt über die in Leipzig von zwei chinesischen Uni-Absolventen gegründete Panda Wirtschafts- und Kulturaustausch GmbH. Diese arbeitet eng mit Agenturen in China zusammen, die den Auswahlprozess der Bewerber an den chinesischen Hochschulen betreuen.
„Wenn sich ein Panda-Teilnehmer für ein Studium an der Uni Halle entscheidet, kümmert sich das Institut für deutsche Sprache und Kultur e.V. um dessen Sprachausbildung bis zur TestDaF-Prüfung - einem Test, der von allen Hochschulen in Deutschland als Sprachtest für die Zulassung ausländischer Studierender anerkannt wird“, erläutert Stefanie Rieger, Geschäftsführerin des Instituts. Denn nur wer über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, darf ein reguläres Studium an einer deutschen Hochschule absolvieren. Das An-Institut der Uni Halle in der Steinbockgasse bietet die notwendigen studienvorbereitenden Sprachkurse an und ist lizenziertes TestDaF-Prüfungsinstitut.
Ran Liu und Weiwei Gao haben sich während des Sprachkurses am Institut kennengelernt. Von Montag bis Freitag paukten sie gemeinsam mit anderen Panda-Studenten und internationalen Kursteilnehmern intensiv für die anstehende Abschlussprüfung, bevor es nachmittags in die Bibliothek zum Lernen ging. Zusätzlich betreuen zwei Tutoren die Teilnehmer vor Ort. „Diese studentischen Hilfskräfte unterstützen die ausländischen Studierenden bei Behördengängen oder bei der Eröffnung eines Bankkontos“, erklärt Rieger.
„Halle ist klein, aber schön“
Ohne das Programm wäre es für viele der Teilnehmer schwieriger, in Deutschland zu studieren. Gerade am Anfang komme es durch mangelnde Sprachkenntnisse oft zu Missverständnissen. „Zudem erhalten alle Teilnehmer eine bedingte Zulassung für die Universität“, so Stefanie Rieger. Die ausländischen Studierenden erhalten damit den Status eines Gaststudenten und können so das Semesterticket und alle universitären Einrichtungen nutzen.
Dass ihre Wahl auf Halle fiel, damit sind die zwei heute sehr zufrieden. In der Händelstadt haben sie ein neues Zuhause gefunden: „Halle ist klein, aber schön“, sagt Ran Liu und fügt hinzu: „Wir gehen gern an der Peißnitz und in der Dölauer Heide spazieren.“ Vor allem vom kulinarischen Angebot sind die beiden begeistert. „Wir gehen fast jeden Tag in der Mensa Mittagessen“, sagt Ran Liu. Dann gibt es Spaghetti, die mögen die beiden Studierenden besonders gern. Aber auchDöner und Currywurst haben es den Chinesen angetan. Nur die Tatsache, dass in Deutschland so viel Käse gegessen wird, können die beiden nicht ganz nachvollziehen. „Käse riecht und schmeckt komisch“, findet Weiwei Gao.
Für die Zeit nach ihrem Masterabschluss kommt, haben beide unterschiedliche Vorstellungen. Weiwei will zurück nach China und versuchen mit seinen Deutschkenntnissen einen Job zu bekommen. Ran Liu ist sich noch unsicher: „Ich könnte mir vorstellen, nach meinem Abschluss in Deutschland zu bleiben“, so die junge Frau. Die sprachlichen Voraussetzungen für das Studium und für den alltäglichen Gebrauch hat sie dank des Panda-Programms schnell erfüllt. Als sie 2015 in Halle ankam, konnte sie nur ein einziges Wort auf Deutsch sagen: Entschuldigung.