„Wir sind eine Äpfel- und Birnenfakultät“
Die Philosophische Fakultät II sei eine besondere Fakultät, erklärte Dekan Prof. Dr. Robert Fajen zu Beginn des zweistündigen Austauschs. Sie beherberge viele sehr unterschiedliche Fächer mit ganz verschiedenen Fachkulturen und Bedürfnissen in Bezug auf die räumliche Ausstattung und das Personal. So sei es nicht möglich, etwa die Ansprüche in der Sprechwissenschaft mit denen in den Sprachwissenschaften zu vergleichen. „Wir sind gewissermaßen eine Äpfel- und Birnenfakultät“, sagte Fajen und sorgte damit für allgemeines Schmunzeln im gut gefüllten Hörsaal im Haus in der Adam-Kuckhoff-Straße 35.
Die Fakultät habe mit vielen Herausforderungen zu kämpfen, so der Dekan weiter: Ihr stehe nicht nur ein generationsbedingter Umbruch bei ihren 34 Professorinnen und Professoren bevor, von denen über die Hälfte bis 2025 pensioniert werde. Auch zahlreiche Mittelbaustellen seien von den Sparbeschlüssen aus dem Jahr 2004 betroffen, obwohl diese künftig dringend gebraucht werden. Hier erhoffe man sich Unterstützung durch das Rektorat. Die Fakultät sei auch maßgeblich in die Ausbildung von Lehramtsstudierenden eingebunden und fahre aufgrund der aktuellen sehr hohen, vom Land gewünschten Einschreibezahlen eine große Überlast: Viele Lehrveranstaltungen seien extrem überfüllt, generell gebe es zu wenig Räume – zum einen für Lehrveranstaltungen, zum anderen als Büros für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das Rektorat nehme die Probleme und Herausforderungen der Fakultät sehr ernst, sagte Rektor Prof. Dr. Christian Tietje. Seit diesem Semester führe das Rektorat Berufungsplanungsgespräche mit allen Fakultäten, um frühzeitige Nachbesetzungen zu realisieren. Mit Blick auf die Stellen im Mittelbau, die nicht mehr nachbesetzt werden sollen, sagte Tietje: „Wir werden die Sparbeschlüsse von 2004 kritisch reflektieren“, was aber auch Zeit benötigen werde. Außerdem erhoffe man sich eine weitere Entspannung durch die vom Land für das Jahr 2019 angekündigten Sonderzuwendungen für die hohen Einschreibezahlen im Lehramt. Weiterhin beabsichtige das Rektorat für das kommende Jahr, einen Teil des Uni-Budgets zu zentralisieren, um daraus verschiedene Förderlinien im Gesamtinteresse der Uni zu realisieren. Geplant seien zwei Maßnahmen: eine Förderung für die Geräteausstattung und ein Investitionsprogramm für Geistes- und Sozialwissenschaften. Prorektorin Prof. Dr. Johanna Mierendorff riet in diesem Zusammenhang zudem dazu, konkrete Zahlen und Berechnungen für eine adäquat finanzierte Lehre zusammenzustellen.
Der Steintor-Campus, auf dem die Universität seit 2015 zahlreiche geistes- und sozialwissenschaftliche Institute konzentriert hat, sei mit Blick auf die Raumsituation „zu klein geraten“, sagte Kanzler Markus Leber. Im Zuge der Bauarbeiten des neuen Campus habe man an einigen Stellen aus Kostengründen Abstriche machen müssen. Und trotzdem betonte Leber: „So ein Campus hat einen Wert an sich, weil er die verschiedenen Disziplinen an einem Ort bündelt.“ Dem stimmten sowohl das Podium als auch das Publikum zu. Was fehle, sei eine Abrundung des Geländes, etwa durch einen zusätzlichen Bau auf dem Areal oder in unmittelbarer Nähe. Der Flächenbedarf der Universität werde aktuell mit dem Land diskutiert, sagte Leber. Eine kurzfristige Lösung für das Raumproblem sei jedoch nicht in Sicht. Deshalb appellierte der Kanzler an die Anwesenden, für Lehrveranstaltungen stärker auch die Randzeiten am Wochenanfang oder -ende auszunutzen.
Viel Raum in der sich anschließenden Diskussion mit dem Publikum nahm das Thema Internationalisierung ein. Einerseits sei es zu aufwändig, die Kosten für Dienstreisen abzurechnen oder die Gelder für internationale Gäste, die etwa zu Gastvorträgen kommen, zu beantragen. „Die Reisekostenabrechnung ist eine permanente Herausforderung“, pflichtete Kanzler Leber bei. Die Regeln würden immer komplexer, entstünden aber nicht an der Universität, sondern durch den Gesetzgeber – insofern sei der Gestaltungsspielraum hier begrenzt, man arbeite aber an Verbesserungen. Rektor Christian Tietje verwies zudem auf die bereits vorhandenen, niedrigschwelligen Fördermöglichkeiten des International Office für internationale Gäste an der Universität, die noch stärker in Anspruch genommen werden könnten.
Auch die beschlossene Schließung der Studiengänge für Instrumental- und Gesangspädagogik im vergangenen Jahr wurde noch einmal thematisiert. „Wie geht es in diesem Bereich weiter?“, lautete die Frage aus dem Publikum. Rektor Tietje ermutigte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an einem zukunftsfähigen Konzept für einen Studiengang zu arbeiten, mahnte jedoch, die Rahmenbedingungen realistisch einzuschätzen.
Letztes Thema der Gesprächsrunde war das Gleichgewicht von Forschung und Lehre an der Fakultät. Bei allen besprochenen Maßnahmen müsse es darauf ankommen, dieses zu berücksichtigen, so eine Anmerkung aus dem Publikum. Prorektorin Mierendorff bekräftigte: „Allein mit Lehre lässt sich keine akademische Karriere machen.“ Hier sei die Fakultät selbst gefragt, ein gutes Verhältnis zwischen den beiden Aufgaben zu gewährleisten. Mit einem Dank für den offenen, konstruktiven und kritischen Austausch beendete Rektor Tietje die zweistündige Gesprächsrunde und versprach, weiter im Gespräch zu bleiben sowie die Anregungen aus der Fakultät weiter zu verfolgen.
Die nächste Veranstaltung von „Rektorat im Dialog“ findet am Dienstag, 11. Dezember 2018, 12 bis 14 Uhr, in der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät statt. Ort: Große Steinstraße 73, Großer Hörsaal Wirtschaftswissenschaften.
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