„Wir tun das, was uns möglich ist“
„Heute sind unsere Gedanken bei den Menschen in der Ukraine und den Ukrainern, die bereits vor dem Krieg geflohen sind und alles verloren haben“, sagte Rektor Prof. Dr. Christian Tietje zum Auftakt des zweiten Benefizkonzertes der MLU. Er sprach von dem studentischen Konzert am Tag zuvor, von ihrem Engagement und von Zeichen, „die uns hoffen lassen können“. „Wir tun das, was uns möglich ist“, sagte Tietje. Die Universität sei auch darauf vorbereitet, junge Menschen aus der Ukraine aufzunehmen und an Bildungsangeboten teilhaben zu lassen.
In seiner Rede erinnerte der Rektor an den Matrosen Martin Menzel, der am 1. September 1939 vom Schulschiff „Schleswig-Holstein“ aus die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs auf Polen abgab und 60 Jahre später um Vergebung und Versöhnung bat. „Indem wir uns an die Vergangenheit erinnern, ist uns die Aufgabe gegeben, die Zukunft zu bauen. Es soll eine Zukunft sein, die auf einem würdigen Zusammenleben der Völker, der Gesellschaften und auf den unmittelbaren mitmenschlichen Beziehungen aufgebaut sein wird“, zitierte er Menzel. Heute aber müsse man sehen, wie das Zusammenleben von einer politischen Führung in Russland, die von Großmachtträumen vernebelt sei, mit Füßen getreten werde. Die Universität habe die institutionellen Kooperationen mit russischen Partnern ausgesetzt, ohne allerdings gleich alle Brücken abzubrechen, sagte Tietje. „Wir zollen Respekt den über 7.000 russischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich in einem offenen Brief in Russland gegen die Invasion wenden.“ Ausdrücklich unterstütze die MLU zugleich die Suspendierung von zwölf russischen Universitäten aus der europäischen Universitätsvereinigung, die sich in einem Unterstützerschreiben für den Krieg in der Ukraine ausgesprochen haben.
Einen persönlichen Einblick gab die Geschäftsführerin der Theater-, Oper- und Orchester GmbH Uta van den Broek. Ihr Vater wurde 1947 gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern aus Polen nach Deutschland zwangsausgesiedelt. Zwei der Geschwister überlebten dies nicht, ihr Vater habe darüber bis zu seinem Tod geschwiegen. Erst auf einer Reise nach Polen als Erwachsene habe sie viel verstanden – und wunderbare Menschen getroffen, die für sie für eine große Zahl an Europäern standen, in deren Seele sich eingebrannt habe: Nie wieder Krieg. „Jetzt erleben wir schon 15 dunkelschwarze Tage in Europa. Es ist Krieg.“
Ein Krieg, gegen den die Künstlerinnen und Künstler mit ihrem Programm, moderiert vom Opern-Intendanten Walter Sutcliffe, antraten: das Akademische Orchester mit Stücken von Wolfgang Amadeus Mozart und Edvard Grieg, das Blechbläserensemble der Staatskapelle Halle mit dem „Song for hope“ von Peer Meechan, Solisten der Oper und Streicher der Staatskapelle, die zum Beispiel Georg Friedrich Händel oder die Trauermusik von Paul Hindemith spielten. Studierende der Sprechwissenschaft trugen wie am Vorabend Gedichte von Erich Fried und Bertolt Brecht vor, das Studierendentheater bot einen szenischen Beitrag mit Texten von Paul Celan. Den Abschluss bildete der Universitätschor, der im Treppenhaus des Löwengebäudes vier Lieder präsentierte. Darunter war auch „What a wonderful world“ von George David Weiss, entstanden für Louis Armstrong in der Zeit der Bürgerrechtsbewegung in den USA und der Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg.
3.890 Euro haben die Besucherinnen und Besucher des Konzerts gespendet. Zusammen mit den Spenden des Vortages sind es damit 6.670 Euro, die dem Verein „Hilfe für ausländische Studierende“ (HauS) an der MLU und dem Slawia Kulturcenter zugutekommen.