Wolfgang Manz begeisterte mit virtuos-kraftvollem Klavierspiel
Der erste Teil des Konzerts galt verschiedenen Klavierwerken von Wolfgang Amadé Mozart: Am Beginn stand die Fantasie in c-Moll KV 475 (1785). Dieses Stück überrascht vor allem durch seine schnellen Wechsel zwischen verschiedenen Tonarten und hohe technische Ansprüche an den Interpreten. Wolfgang Manz verstand es, diese Musik auf die Gestaltungsmöglichkeiten des modernen Konzertflügels zu übertragen. Sein Spiel war dabei im Metrum sehr frei und schaffte es, die Gegensätzlichkeiten der lyrischen Stimmungsbilder in all ihren Facetten herauszuarbeiten.
Im Anschluss daran folgte die Sonate in c-Moll KV 457 (1784). Manz begriff Fantasie und Sonate als zusammenhängenden Werkkomplex. Der nahezu pausenlose Übergang in den ersten Satz (Molto allegro) wurde bewusst als solcher gewählt. Ein grimmig aufwärts gerichteter Dreiklang in c-Moll (eine sogenannte „Mannheimer Rakete“) ist Exposition dieses im ganz klassischen Sinne komponierten Sonatensatzes. Der Mittelsatz (Adagio) ist ein ruhiger, friedvoller Satz in dreiteiliger Liedform voller lyrischer Empfindungskraft und bietet den Gegenpol zu den düsteren Grübeleien des Hauptsatzes. Der abschließende dritte Satz (Allegro assai) verbindet auf gekonnt spielerische Weise Sonatensatz und Rondo miteinander. Wolfgang Manz' Interpretationsansatz war sehr auf Auslotung der verschiedenen musikalischen Stimmungen gerichtet. Die melodischen Bögen spannte er weit und ausdrucksstark. Die Tonbildung blieb dabei immer klar.
Es folgten die Zehn Variationen in G-Dur KV 455 über das Thema „Unser dummer Pöbel meint“ (1784) aus Christoph Willibald Glucks komischer Oper Les Pèlerins de la Mecque ou La rencontre imprévue. Diese heiter-komische Variationsfolge bot dem Solisten Gelegenheit die teils sehr virtuosen Veränderungen des Themas abwechslungsreich und farbig nachzuzeichnen. Einzig der allzu starke Gebrauch des Pedals für den Mozart wäre insgesamt kritisch anzumerken.
Der zweite Teil des Konzerts stand unter dem Motto satter Farbkontraste mit schillernd-bildhaften Klangimpressionen von Claude Debussy. In seinen Images II (1907) wird der Klang ferner Glocken durch Laubblätter beschrieben (Cloches à travers les feuilles), ferner wie sich der Mond über dem vergangenem Tempel senkt (Et la lune descend sur le temple qui fut), und das ausgelassene Spiel von Goldfischen im Wasser beobachtet (Poissons d'or). Die drei Charakterstücke wurden brillant vorgetragen, Wolfgang Manz’ Spiel zeugte von einem großen analytischen Verständnis für diese Musik.
An die Images knüpften sich einige Stücke aus der Sammlung der Préludes II, welche Debussy in den Jahren 1912 und 1913 komponierte. Jedes Stück beschreibt auch hier wieder einen bestimmten Zustand oder ein besonderes Ereignis: So waren im gestrigen Konzert Brouillards (Nebel), Feuilles mortes (Tote Blätter), Les fées sont d'exquises danseuses (Die Feen sind ausgezeichnete Tänzerinnen), Géneral Lavine eccentric (General Lavine – exzentrisch), Canope (Kanope) und die Feux d'artifice (Feuerwerk) zu erleben. Ein Feuerwerk in jeder Hinsicht: Alle Stücke gaben Wolfgang Manz nochmals die Möglichkeit, sein virtuos-kraftvolles Spiel unter Beweis zu stellen. Er sorgte mit analytischer Herangehensweise dafür, dass diese so getragene Musik nicht all zu schwammig und süßlich geriet.
Ein exstatisch-sonnendurchfluteter Tagtraum (L'Isle joyeuse aus dem Jahr 1904) auf einer imaginären Insel der Freude war als letzter Programmteil angesetzt. Die spieltechnischen Raffinessen dieses Stückes erscheinen grenzenlos und erfordern wahre Meisterschaft von ihrem Interpreten. Manz bot noch einmal alle Kraft auf, um diesen Koloss der Klavierliteratur eingängig, anmutig und lebendig erstrahlen zu lassen.
Für den reichen Applaus bedankte sich Wolfgang Manz mit La fille aux cheveux de lin (Das Mädchen mit dem flachsfarbenen Haar), einem weiteren Prélude von Claude Debussy.