Ein Hörsaal für Amo
Viele Menschen – aus der Universität, aus der Stadt und darüber hinaus – kamen zu der Umbenennung des Hörsaals an den Steintor-Campus. Rektorin Prof. Dr. Claudia Becker gab zunächst einen Einblick in die wenigen Details, die heute noch über das Leben von Anton Wilhelm Amo bekannt sind: Er gelangte im Kindesalter an den Hof Anton Ulrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel. Dort erhielt er zunächst Privatunterricht, später studierte, forschte und lehrte er an den Universitäten Halle, Wittenberg und Jena. 1729 absolvierte Amo in Halle mit einer Arbeit über die Rechtstellung der Afrikaner in Europa seine Disputation. In Wittenberg schrieb er 1734 seine Dissertation über das „Leib-Seele-Problem“. Amo war damit der erste afrodeutsche Akademiker überhaupt, der an einer deutschen Universität wirkte. 1748 kehrte er nach Ghana zurück.
Als erster promovierter afrikanischer Philosoph in Deutschland ist Amo Teil einer Reihe von besonderen Persönlichkeiten, deren Geschichte mit der Universität Halle verbunden ist: 1724 wurde Moses Sobernheim an der Universität Halle als eine der ersten jüdischen Personen promoviert, 1754 legte Dorothea Erxleben als erste deutsche Frau an der Universität Halle ihre Promotion in der Medizin ab. „Unsere Universität steht jedem offen, unabhängig von Glauben, Herkunft oder Hautfarbe“, sagte Becker. Wissenschaft lebe davon, voneinander zu lernen. Mit der Benennung wolle man auch ein Zeichen setzen.
Dem schloss sich Prof. Dr. Wolfang Paul, der Vorsitzende der Rektoratskommission „Anton Wilhelm Amo“, an. Amo sei für ihn nicht nur ein Symbol, ihn interessiere auch die Person, über die heute nur wenig bekannt ist – so gibt es beispielsweise auch keine bildliche Überlieferung von ihm. Amo sei immer in einer Außenseiterrolle gewesen, so Paul: in Deutschland wegen seines Aussehens, zurück in Ghana wegen seines sozialen Hintergrunds. „Amo war sich dessen bewusst und stolz auf seine Herkunft“, sagte Paul. Dass der erste Hörsaal auf dem Steintor-Campus, der einem bedeutenden Alumnus der MLU gewidmet ist, den Namen Amos trägt, sei ein wichtiger Meilenstein für die Arbeit der Rektoratskommission.
I. E. Gina Ama Blay überbrachte die Dankesworte der ghanaischen Regierung. Die Benennung sei eine große Ehre. Gleichzeitig wolle sie die Beziehung zwischen Ghana und Deutschland, speziell die zur Universität Halle, künftig stärken. Sie hoffe, dass diese Sichtbarmachung auch künftige Generationen von Forschenden inspirieren werde. Anschließend schrieb sich Blay im Sessionssaal im Löwengebäude in das Goldene Buch der Universität ein.
Gedenken an Anton Wilhelm Amo
Der MLU ist es seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen, an ihren bedeutenden Alumnus Anton Wilhelm Amo zu erinnern. Seit 1994 verleiht die Universität den Amo-Preis für herausragende Abschlussarbeiten, zudem findet jährlich eine Anton-Wilhelm-Amo-Lecture statt. Seit 2020 setzt sich eine Rektoratskommission mit dem Gedenken an Amo auseinander, um dieses differenzierter zu gestalten. Auf Vorschlag der Rektoratskommission hat der Akademische Senat der Universität im Juli 2024 beschlossen, einen Hörsaal auf dem Steintor-Campus nach Anton Wilhelm Amo zu benennen.