Arbeitskreis Suchtprävention – „Helfen statt kündigen“
Wofür gibt es den Arbeitskreis an der MLU?
Prof. Bernd Leplow: Um mit innerbetrieblicher Expertise aus dem medizinischen, dem psychologischen, dem arbeitsrechtlichen sowie dem Personalvertretungsbereich Suchterkrankte auf Grundlage der neuen Richtlinie zur Betrieblichen Suchtprävention zu unterstützen. Dabei muss man sich bewusst machen, dass es sich bei einer Abhängigkeit um eine Erkrankung – auch „Störung“ genannt – handelt. Nun kann man einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin nicht aufgrund einer Erkrankung kündigen, und es geht auch nicht darum, eine betroffene Person zu sanktionieren. Andererseits hat jedoch jeder Arbeitnehmer die Pflicht, zu seiner Gesundung beizutragen. Es liegt in der Natur der Sache, dass gerade Abhängigkeitserkrankte das nicht mehr können. Und genau dafür gibt es den Arbeitskreis.
Was beinhaltet die Richtlinie zur Betrieblichen Suchtprävention genauer?
Dr. Ulrike Jendrezok: In der Richtlinie ist ein Stufenplan beschrieben, der vorgibt, welche Schritte in die Wege zu leiten sind, sollte ein Mitarbeiter unter Verdacht stehen, seine Arbeitspflicht aufgrund einer Suchterkrankung zu vernachlässigen. Nach einem ersten vertraulichen Gespräch des direkten Vorgesetzten mit dem Mitarbeiter wird der Arbeitskreis eingeschaltet. Zunächst versucht Professor Leplow, den Betroffenen zu einer Therapie zu motivieren.
Im Laufe der durch den Stufenplan vorgesehenen Gespräche werden dann Vereinbarungen getroffen und Fristen gesetzt. Damit wird auf den Betroffenen ein gewisser Druck ausgeübt. Sie sollen beraten, zur Therapie angehalten und an externe Hilfestellen vermittelt werden. Der Arbeitskreis ist dafür gewissermaßen eine erste Anlaufstelle, ein Wegweiser.
Gibt es viele Fälle, und um welche Suchtarten handelt es sich dabei?
Bernd Leplow: Genaue Zahlen lassen sich für die Martin-Luther-Universität nicht nennen, aber Fälle von Suchterkrankung gibt es regelmäßig. Meistens handelt es sich dabei um Alkoholabhängigkeit, aber auch Abhängigkeiten von illegalen Drogen finden sich darunter. Ulrike Jendrezok: Es ist davon auszugehen, dass es auch an der Universität eine hohe Dunkelziffer gibt.
„Prävention“ ist „Vorbeugen“, im Stufenplan ist bereits der Hilfeweg beschrieben. Gibt es überhaupt „Präventiv-Fälle“? In den meisten Fällen ist es doch sicher zu spät dafür …
Bernd Leplow: In der Tat ist es leider so, dass in fast allen Fällen das Kind bereits in den Brunnen gefallen, der Mitarbeiter bereits auffällig geworden ist. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn man sich an uns wenden würde, sobald man feststellt, dass man sich einen regelmäßigen Umgang mit einer Droge angewöhnt. Das gab es bislang aber nur einmal.
Wie kann der Arbeitskreis Prävention betreiben? Hat er weitere Aufgaben?
Ulrike Jendrezok: Für den neu gegründeten Arbeitskreis gilt es nun, nach und nach Ziele und Maßnahmen auszubauen. Denkbar wären Schulungen, in denen leitende Mitarbeiter sensibilisiert werden, potentiell gegebene Suchtprobleme frühzeitig zu erkennen. Besonders wichtig ist es außerdem, für akute Fälle Kontakte zu externen Partnern wie Beratungs- und Therapie-Einrichtungen weiter auszubauen, um Betroffene schnellstmöglich vermitteln und behandeln lassen zu können.
Nähere Informationen finden Sie auf der Webseite des Arbeitskreises "Suchtprävention- und hilfe"