Auf einen Kaffee mit Herrn Kolkmann
Es ist 10 Uhr morgens, der Duft von frisch gebrühtem Kaffee liegt in der Luft. Das „7gramm“ ist an diesem Vormittag schon gut besucht. An einem der Tische in dem Café am Universitätsplatz sitzt auch Michael Kolkmann. In seiner Jackentasche steckt ein Buch; vor sich hat er einen Laptop und eine große Tasse Kaffee stehen. „Heute habe ich einen Caffè Latte bestellt, aber sonst nehme ich eigentlich immer einen Espresso Doppio“, sagt der Politikwissenschaftler. „Oft bin ich zwischen zwei Seminaren hier, die ich am Uniplatz nacheinander gebe. Dazwischen habe ich eine halbe Stunde Pause, trinke einen doppelten Espresso und bin fit für die nächste Veranstaltung. Für mich ist das ein unverzichtbarer Teil des Alltags.“ Seine große Leidenschaft für Kaffee ist längst kein Geheimnis mehr. Von seiner Pausenbeschäftigung postet er unter dem Namen @herrkolkmann häufig Fotos in den sozialen Medien Twitter und Instagram. Aber längst nicht alle seiner Kaffees werden fotografiert und landen im Netz: „Ich glaube, dann würde ich zu nichts anderem mehr kommen“, sagt er und lacht.
Seit mehr als zehn Jahren lehrt der 48-Jährige am Institut für Politikwissenschaft der Uni Halle. Studiert hat er unter anderem in Potsdam und Washington DC, promoviert wurde er 2004 an der halleschen Uni. Dabei war nicht immer klar, dass er den Berufsweg des Dozenten einschlägt – zwischenzeitlich hat er zum Beispiel für die Stiftung Wissenschaft und Politik geforscht und im Abgeordnetenhaus in Berlin gearbeitet. Über einen Lehrauftrag ist er 2008 zurück nach Halle gekommen.
Mit seinen Studierenden beschäftigt sich Michael Kolkmann in den Seminaren und Vorlesungen vor allem mit dem politischen System in Deutschland sowie mit Parteien und Wahlen. Daneben zählen auch die Politik in den USA und die Erforschung von Parlamenten zu seinen Schwerpunktthemen. Obwohl der Dozent am Institut vor allem für die Lehre und die Betreuung der Studierenden zuständig ist, publiziert er des Öfteren auch in Fachjournalen. „Ich habe vor kurzem einen Artikel über die Architektur von Parlamenten geschrieben. Was repräsentiert ein Parlament nach außen? Gibt es so etwas wie demokratische Architektur? Und wie kann man Plenarsäle anordnen? Das finde ich hochspannend“, erzählt der Wissenschaftler.
Für ihn spielen die sozialen Medien auch im Beruf eine große Rolle: „Twitter kann ich als Wissenschaftler sehr gut nutzen. In meiner Timeline laufen dutzende Nachrichtenseiten und Forschungsinstitute zusammen, die man auf einen Blick präsent hat. Darüber habe ich schon gute Artikel und Diskussionen zu aktuellen Themen in der Politik gefunden.“ Interessante Texte und nützliche Links, auf die er dort stößt, veröffentlicht er in dem sozialen Medium sowie für seine Studierenden auf dem universitären Blog „Politik.Wissenschaft“. Über Twitter haben sich für den Wissenschaftler sogar schon neue Bekanntschaften mit Kollegen aus dem selben Fachbereich sowie Vorträge und Publikationen ergeben. „Und dann ist Twitter hin und wieder mal gut für Botschaften mit einem Augenzwinkern – das lockert das Ganze ein bisschen auf.“
In seinen Kanälen teilt Kolkmann vor allem Eindrücke aus seinem Alltag – und das sehr erfolgreich, kann er dort insgesamt schon über 5.000 Abonnenten vorweisen. „Die sind alle nicht gekauft, sondern hart erarbeitet“, sagt er und lacht. Hinter dem Erfolg stehe jedoch keine Strategie: „Das sind alles völlig zufällige Sachen. Was ich erlebe, was ich nett finde, wird hin und wieder gepostet. Man merkt dann auch, was gut läuft – Sonnenuntergänge und Wasser zum Beispiel immer.“
Da trifft es sich gut, dass der zweifache Familienvater in der wasserreichsten Region Europas lebt. Gebürtig kommt er aus dem Sauerland, zuhause ist er mit seiner Frau und seinen Kindern seit einigen Jahren in Brandenburg an der Havel. In den sozialen Medien zeigt er häufig Fotos von malerischen Landschaften aus der brandenburgischen Region. „Eine Studentin schrieb mir daraufhin mal, es sei beneidenswert, wie viel Urlaub ich hätte – worauf ich ihr geantwortet habe ‚Ich bin nicht im Urlaub, ich wohne hier!‘“
Auch wenn er viel Zeit auf Twitter, Instagram & Co. verbringt, ist Michael Kolkmann oft „analog“ unterwegs. „Natürlich liest man viel online, gerade Nachrichten. Aber in Bezug auf Zeitungen bin ich noch sehr oldschool. Es gibt nichts Schöneres, als an den Kiosk zu gehen und sich jeden Tag sein Zeitungspaket nach Lust und Laune neu zusammenzustellen.“ Daneben begeistert sich der Dozent besonders für Literatur, wie Krimis und Politthriller, sowie für Sport, Architektur und Kunst.
Kolkmann arbeitet auch im Homeoffice, drei Tage pro Arbeitswoche sind für Halle jedoch fest eingeplant. Besonders gefällt ihm – abgesehen von der Uni – die Altstadt: „Alle, die mich hier besuchen, sind total begeistert.“ Ansonsten habe er in Halle alles, was er braucht – seinen Buchladen, seinen Zeitungsladen, seine Stammcafés. Im „7gramm“ sitzt er nicht nur in seinen Pausen, sondern auch abends gern. „Wenn man acht Stunden Seminar hinter sich hat, ist es schön, gemütlich hier zu sitzen und noch eine Weile zu arbeiten.“ In den vergangenen Jahren hat der Dozent seinen Studierenden sogar Sprechstunden im Café angeboten. „Wir haben dann immer einen Tisch reserviert und uns über aktuelle Politik oder über Themen aus dem Studium unterhalten. Ältere Studierende konnten den Erstsemestern auch über ihre Erfahrungen berichten. So etwas zu machen, wäre auch jetzt mal wieder eine Überlegung wert“, sagt er.
Was er für die Zukunft plant? „Immer weiter machen. Meistens kann man eh nicht viel vorausplanen“, sagt er. Jetzt in der Vorlesungszeit ist er wieder regelmäßig in Halle – und sicher zwischen den Seminaren oft im Café am Uniplatz anzutreffen.