Bei Luther in die Lehre gehen
Es ist ein trüber Tag, an dem die neuen Auszubildenden begrüßt werden. Von Sommer keine Spur. Sie müssen sich warm anziehen an der Universität. Im wörtlichen Sinne, nicht im übertragenen. Die 14 jungen Menschen sind guter Dinge an diesem 1. August. „Klar, die erste Zeit wird sicher nicht leicht werden. Aber wir sind ja nicht auf den Mund gefallen“, sagt Aline Thomas, angehende Fachangestellte für Bürokommunikation.
„Hauptsache, das Arbeitsklima ist gut“, ergänzt Beatrix Günther, die zur Kauffrau für Bürokommunikation ausgebildet wird. Im Dekanat der Naturwissenschaftlichen Fakultät III hat sie bereits ein vierwöchiges Praktikum absolviert. „Das war super, eine tolle Idee“, lobt ihre dortige Ausbilderin Kerstin Schüler. „Somit wussten wir frühzeitig, dass die Chemie stimmt.“
Drei gemeinsame Jahre liegen vor Auszubildenden und Ausbildern. Wer in seiner Lehrzeit gute Leistungen erbringt, wird für ein Jahr übernommen, der Beste des Jahrgangs sogar für 15 Monate. Bezahlt wird nach Tarif, die Universität bietet kostenfreie Weiterbildungen. „Unsere Azubis können zudem viele unterschiedliche Bereiche kennen lernen und Praktika in anderen Unternehmen machen, auch im Ausland“, nennt Ausbildungskoordinatorin Astrid Unger weitere Vorteile. Das Freizeitangebot, zum Beispiel seitens des Unisportzentrums, könnten sie natürlich auch nutzen. Die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen und sich zu Engagieren, bietet u.a. der Tag der Ausbildung an der MLU, der am 18. Oktober zum zweiten Mal stattfand.
„Ich würde jederzeit zu einer Bewerbung an der MLU raten. Die Rahmenbedingungen sind sehr gut und man sieht wirklich viel von der Uni“, sagt Kristin Wernicke, Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Die Fachangestellte für Bürokommunikation hat am Institut für Informatik gelernt und ist inzwischen unbefristet in der Philosophischen Fakultät III beschäftigt.
„Unser Bekanntheitsgrad als Ausbildungsbetrieb muss steigen“
Die 22-Jährige könnte glatt als Werbeträgerin fungieren. Zwar gibt es bislang keine Pendants zu den Studienbotschaftern – aber was nicht ist, könnte noch werden. Immerhin kam im September in Magdeburg erstmals ein eigener Messestand zur Azubi-Werbung zum Einsatz. „Unser Bekanntheitsgrad als Ausbildungsbetrieb muss unbedingt steigen“, erklärt Dr. Alina Seidel, seit 1. August Leiterin der Personalabteilung, zuvor des Referats Personalentwicklung. „Die Zahl der Bewerber hat sich in den vergangenen Jahren nahezu halbiert, auch die Qualität der Vorbildung hat immens abgenommen.“
Dass die MLU jedes Jahr bis zu 20 neue Auszubildende einstellt und 18 Ausbildungsberufe vom Biologielaboranten bis zur zahnmedizinischen Fachangestellten im Angebot hat, scheinen viele junge Leute und deren Eltern nicht zu wissen. Darüber hinaus gibt es noch eine breite Palette im Universitätsklinikum: neun Ausbildungsrichtungen in Kammer-, zehn weitere in Gesundheitsfachberufen.
„Wir haben jetzt angefangen, in Schulen zu gehen und Ausbildungsmessen wahrzunehmen“, sagt Alina Seidel. Es gibt Postkarten, Flyer, ein Rollup. Stets mit der Botschaft: „Wir bilden auch aus.“ In großen Lettern prangt sie über dem drei Meter breiten Messestand. „Natürlich stehen wir auch in Konkurrenz zu Unternehmen, gerade was die Abiturienten angeht. Im Banken- und Versicherungssektor können Auszubildende da zum Teil auch mehr verdienen“, weiß die neue Personalchefin. Zudem spiele für viele Bewerber die Frage einer möglichen Übernahme die entscheidende Rolle. „Im Hinblick darauf können wir erst seit neuestem guten Gewissens für uns argumentieren.“
Ausgebildet wird dort, wo Stellen frei werden
Die MLU richtet ihre Berufsausbildung nunmehr strategisch aus. „Im Kern geht es darum, dass die Ausbildung bedarfsorientiert erfolgen soll, also ausgerichtet an konkreten freien Positionen, die nachzubesetzen sind“, erläutert Alina Seidel, die das neue Konzept zusammen mit Frank Thielicke auf den Weg gebracht hat, der dafür befristet in der Personalabteilung beschäftigt war. Die Ausschreibung für die 23 im kommenden Jahr zu vergebenen Ausbildungsplätze erfolgte nun erstmals basierend auf den Ergebnissen einer Bedarfsanalyse.
„Das heißt, wir haben geschaut, wer 2015 die Universität verlässt und ob dessen Qualifizierung mit einer Ausbildung zu erreichen ist“, berichtet Alina Seidel. „Natürlich war auch zu bedenken, dass es laut Personalplanung nicht alle entsprechenden Stellen über 2015 hinaus geben soll. Und selbst von den verbleibenden Stellen werden wir nicht alle bedienen können – zudem können wir das Ganze leider nicht angehen wie ein Unternehmen.“ In der freien Wirtschaft stelle man sechs Azubis ein, um später an die besten drei von ihnen Stellen zu vergeben.
Aufgrund des festgestellten Bedarfs wird es 2012 erstmals zwei Lehrlinge geben, die zum Anlagenbauer ausgebildet werden. Aber es fallen, zumindest bis auf weiteres, eben auch Ausbildungsberufe weg: Glasbläser, Tischler und Veranstaltungskaufleute können in absehbarer Zeit nicht eingestellt werden. „Natürlich gefällt das nicht allen, schließlich bauen gerade viele personell nicht so gut ausgestattete Einrichtungen auf die Mitarbeit der Azubis“, sagt die Personalchefin. „Reibungspunkte wird es also geben – aber dort, wo es möglich ist, auch flexible Lösungen.“