Bigband in den USA - „So schön, dass man es gar nicht mehr fassen kann“

27.10.2023 von Katrin Löwe in Varia
Zehn Tage haben die Mitglieder der Uni-Bigband auf Konzertreise im US-Bundesstaat Georgia verbracht – ein echtes Highlight für die Musikerinnen und Musiker. Zugleich war es ein ganz besonderer Abschluss der 30-jährigen Tätigkeit von Bandleader Hartmut Reszel, der die Leitung in diesem Jahr an Michael Lieb übergeben hat. Im Interview sprechen beide über die Erlebnisse in Savannah, neue Kontakte und Pläne für die Zukunft.
Die Bigband am Savannah River
Die Bigband am Savannah River (Foto: Uni-Bigband)

Sie sind inzwischen schon ein paar Tage wieder in Halle, angekommen im Alltag. Wenn Sie jetzt noch einmal auf die Reise zurückblicken: Was haben Sie von ihr mitgebracht?
Hartmut Reszel: Viele unheimlich schöne Erinnerungen – von Erlebnissen, Begegnungen mit tollen Menschen, phantastischen Konzerten mit einem begeisterten Publikum. Es war unbeschreiblich. Alles hat wunderbar geklappt dank der Unterstützung des ehemaligen Dekans der Georgian Southern University Dr. James Anderson und der „The Halle Foundation“. Mitglieder der Stiftung sind zu zwei Konzerten extra aus Atlanta angereist – das ist eine Anfahrt von vier bis fünf Stunden. Man sieht also das Interesse. Überhaupt wurde uns eine hohe Wertschätzung entgegengebracht. Das habe ich auch persönlich gespürt, als ich die Ehrenmedaille des Bürgermeisters von Savannah erhalten habe.

Ich denke auch an ganz spezielle Momente bei den Konzerten: Wir spielen „Georgia on my mind“ am Savannah River und hinter uns fährt der Mississippi-Dampfer „Georgia Queen“ entlang – das vergisst man sein Leben lang nicht. Oder „mein“ letztes Konzert am Strand von Savannah: Man dirigiert, schaut auf den Atlantik und da fliegen Pelikane vorbei und irgendwo springen auch noch ein paar Delfine. Das ist schon so kitschig schön, dass man es gar nicht mehr fassen kann.

Herr Reszel, Sie selbst sind schon ein paar Tage vor der Band in den USA gewesen. Gab es dafür einen Grund, war noch viel vorzubereiten?
Reszel: Ja, eine ganze Menge. Schon in den letzten drei Monaten war fast täglich noch etwas zu klären, per Mail, in Videokonferenzen. Auch vor Ort gab es noch tausend organisatorische Kleinigkeiten. Da ging es um Autos, Notenpulte, die Ausleihe von Instrumenten. Außerdem lief schon im Vorfeld sehr viel Pressearbeit – in einem Umkreis von 100 Kilometern rund um Savannah.

Sie waren auch zweimal in der Morningshow des örtlichen TV-Senders. So eine Medienerfahrung macht man nicht jeden Tag …
Michael Lieb: Hier in Deutschland wird tatsächlich viel vorproduziert. In Savannah war der Reporter mit Kameramann kaum da, schon hieß es „In fünf Minuten gehen wir live“. Da wurde nur noch kurz geklärt, wie der Name der Stadt Halle auszusprechen ist. (lacht) Für uns war auch die Situation sehr spannend. Herr Reszel war im Interview mit dem Moderator, während wir im Hintergrund schon gespielt haben und auf Sichtkontakt versucht haben zu ermitteln, wann das Interview vorbei ist und wir wieder lauter spielen können. Das hat super viel Spaß gemacht.

Reszel: Die Band ist da über sich hinausgewachsen. Und es wurde uns hoch angerechnet, wie professionell wir reagiert haben. Dazu kam: Diese Morningshows haben im amerikanischen Fernsehen eine große Bedeutung – die guckt fast jeder. In der zweiten Wochenhälfte wurden unsere Musikerinnen und Musiker schon auf der Straße und in Clubs auf die Auftritte angesprochen.

Wie waren denn die Reaktionen bei den Konzerten selbst? Sie haben in einer Zwischenbilanz von ungewöhnlichen Zugaben berichtet.
Reszel: Die Amerikaner sind sehr emotional und reagieren sofort. Sie jubeln und wenn es ihnen richtig gefällt, gibt es Standing Ovations – die wir zum Glück jedes Mal hatten. Aber dann ist es auch vorbei. Dass eine Zugabe gefordert wird, passiert selten. Wir dagegen hatten zweimal den Fall, dass sogar zwei Zugaben gefordert wurden. Im Prinzip hätten wir die Tour auch fortsetzen können, auf unserem letzten Konzert haben wir direkt Angebote für Gigs in Atlanta und Texas erhalten.

Welche Musik kam am besten an?
Reszel: Wir hatten ein relativ breites Repertoire, so dass wir auf jedem Konzert ein anderes Programm gespielt haben. Das Medley von Händels Feuerwerksmusik im Big-Band-Sound war etwas, was das Publikum so nicht kannte. Auch aktuelle Titel der Marching Band "Meute" haben großen Eindruck hinterlassen. "Hardy´s Boogie" oder Titel wie „Digging on James Brown“ mit unseren Vocalisten wurden unheimlich gefeiert …

Lieb: … und natürlich die inoffizielle Hymne „Georgia on my mind“.

Ein paar Auftrittsorte haben Sie schon genannt: den Atlantikstrand, das Flussufer …
Reszel: Jedes Konzert hatte seine Besonderheit. Beeindruckt hat uns schon der erste Auftritt in Rincon, wo sich im 18. Jahrhundert Salzburger niedergelassen haben. Damals gab es enge Verbindungen zu den Franckeschen Stiftungen und Pfarrer Johann Boltzius, der von Halle aus ebenfalls nach Georgia ging. Spannend war auch das Konzert in der „Island High School“ vor rund 250 Schülerinnen und Schülern, der Auftritt bei der Jewish Education Alliance, aber auch der Tag in Statesboro an unserer Partneruniversität, wo Michael Lieb mit der Band und dem dortigen Jazzorchester gemeinsam geprobt hat.

Lieb: Auch in Statesboro waren die Großzügigkeit und die Wertschätzung enorm. Das Musikinstitut vor Ort hat die komplette Band zum Essen eingeladen und der Dekan hat sich den ganzen Tag Zeit genommen, dabei zu sein und uns durch den Campus zu führen.

Nun haben Sie nicht zehn Tage lang nur Musik gemacht. Was haben Sie darüber hinaus erlebt?
Lieb: Die Verbindung zum Trompeten-Ensemble der Universität, aus dem einige Mitglieder in den Marching-Bands der Football-Teams spielen, hat einen Teil unserer Gruppe zu einem Football-Spiel der „Georgia Southern Eagles“ mit 25.000 Zuschauern geführt. Dort gab es das komplette Spektakel, das weitaus größere Kreise zieht als bei uns ein Fußball-Bundesligaspiel: mit Campieren am Feld, Barbecue vor Ort, stundenlanger Show vor dem Spiel, dem Adler, der vom höchsten Turm zum Trainer fliegt. So richtig amerikanisch, wie man sich das vorstellt.

Reszel: Natürlich waren auch die Besuche bei „Jody Jazz“, einem weltweit renommierten Hersteller von Saxofon-Mundstücken, oder in der Gitarrenfabrik „Benedetto Guitars“ interessant. Dazu kamen ganz viele persönliche Kontakte nach den Konzerten – auch auf der Ebene außerhalb der reinen Musik waren die Tage in der Tat sehr intensiv.

Was bleibt – abgesehen von sehr vielen schönen Erinnerungen?
Lieb: Wir haben vor Ort natürlich Gegeneinladungen ausgesprochen und hoffen, dass die Vernetzungen zwischen Halle und Savannah nicht nur auf politischer und städtischer, sondern auch auf musikalischer und universitärer Ebene vertieft werden können. „The Halle Foundation“ hat bereits in Aussicht gestellt, dass sie andere Projekte, die an unseren erfolgreichen Austausch anschließen, unterstützen würde – auf amerikanischer und auf deutscher Seite. Natürlich hofft man immer, dass unsere Reise nicht die letzte war.

Reszel: Man hat gemerkt, wie die Band sich in Savannah weiterentwickelt hat. Ich denke, das hat etwas damit zu tun, dass die Mitglieder regelrecht aufgesogen haben, in dieser Gegend zu sein, aus der unsere Musik kommt. Wenn man dann von der Bühne geht und da stehen ganz viele Menschen, klopfen einem auf die Schulter und sagen „great job“, „fantastic“ und was weiß ich nicht alles: Das baut natürlich auch jeden auf.

 

(Videos aus der Morningshow: https://www.wtoc.com/2023/10/02/halle-germany-band-performing-plant-riversides-oktoberfest/)

Die Reise und die „The Halle Foundation“

Die USA-Reise der Uni-Bigband sollte ursprünglich schon 2020 stattfinden, fiel dann aber der Corona-Pandemie zum Opfer. Dass es einen zweiten Anlauf geben konnte, lag auch an der finanziellen Unterstützung der „The Halle Foundation“, die dafür 31.400 US-Dollar bereitstellte. Die Stiftung mit Sitz in Atlanta (Georgia) wurde von dem 1927 im nordrhein-westfälischen Ort Schwelm geborenen Claus Halle gegründet, der nach dem zweiten Weltkrieg in die Vereinigten Staaten kam und dort zum Präsidenten von Coca Cola International aufstieg. Er lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2004 in Atlanta, wo die Stiftung heute ihren Sitz hat. Ausdrückliches Stiftungsziel ist es, den Austausch zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten, vorzugsweise mit dem Bundesstaat Georgia, zu fördern.

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