Blaue Milch und blaue Erdbeeren – die Königinnen der MLU
Frisch gekürt zur Sächsischen Milchkönigin strahlt Maria Lenk auf der Landwirtschaftsausstellung agra Ende April in Leipzig in die Kameras. Die 21-Jährige Vogtländerin studiert an der MLU Agrarwissenschaften und wird in ihrer Amtszeit den ein oder anderen Bauernmarkt eröffnen, aber auch Verbraucher beraten: „Wer die Landwirtschaft zu würdigen weiß, kauft bewusster ein und zahlt auch faire Preise“, so die sächsische Königin, die auf einem Milchhof in Irfersgrün aufgewachsen ist. Lenk wurde vom Jungzüchterclub angesprochen, ob sie nicht Lust auf die Krone hätte: „Ich hatte sofort Interesse. Königin zu sein, das hätte doch was, dachte ich mir. Dann gab es eine Art Casting beim Sächsischen Landesbauernverband in Dresden mit Wissenstest, Melken am Gummieuter, einem Vortrag über Milch. Schließlich wurde ich unter einem guten Dutzend Kandidatinnen auserkoren.“
Dennoch, sie muss sich erst noch an den Gedanken, Königin zu sein, gewöhnen: „Es ist schon eine komische Rolle. Da steht man dann als junges Mädel mit Schärpe und Krone in einem sauberen Dirndl und die Aufmerksamkeit ist riesig. Gleich am Tag danach hatte ich eine Prüfung und wurde von mehreren Mitstudenten mit Gratulationen und Schokolade begrüßt. Und von Professor Olaf Christen kam eine Glückwunsch-Mail. Natürlich gab es auch Sprüche wie ,Müssen wir jetzt vor dir auf die Knie fallen?’, über die ich selbst lachen muss.“ Bei all den Pflichten, die eine Milchkönigin hat – Messebesuche, Ausstellungseröffnungen, Tagungen – bleibt da Zeit für’s Studium? „Es wird zeitlich ein bisschen eng. Zur Not brauche ich eben ein halbes Jahr länger. Ich bin noch jung, das ließe sich verschmerzen.“
Ebenfalls das Wissen und die Melkqualitäten wurden bei der ersten Thüringer Milchkönigin Annemarie Stoye getestet. Sie stammt aus dem Kyffhäuserkreis und setzte sich im September letzten Jahres unter 16 Bewerberinnen durch. Auch sie vertritt ihr Land und den Thüringer Bauernverband bei offiziellen Terminen, etwa der Grünen Woche in Berlin. „Es ist schon stressig, aber auch schön, Milchkönigin zu sein. Ich lerne viele Leute kennen, aber ich achte auch darauf, dass ich nicht zu viele Termine wahr nehme, damit ich noch Zeit zum Studieren habe“, sagt die Studentin, die kurz vor dem Abschluss steht und im August Mutter wird.
Die erste Thüringer Erdbeerkönigin dagegen wurde einfach eingesetzt. Von ihren Eltern und ihrem Bruder. Denn eine Königin, die Werbung für den eigenen Erdbeerhof in Gebesee bei Erfurt macht, ist doch was. Inthronisiert wurde Carolin Leefers zum Beginn der Erdbeersaison 2009. Jetzt hat sie durchaus Routine in diesem Amt, langweilig wird es für die 19-jährige Agrarwissenschafts-Studentin jedoch nicht. Während der diesjährigen Erdbeerernte war die Königin ständig unterwegs auf Erdbeerfesten und zur Erdbeerernte, machte nicht nur Reklame für den elterlichen Hof, sondern für die deutsche Erdbeere überhaupt: „Man merkt den Unterschied zwischen einer spanischen und einer deutschen Erdbeere. Die spanischen sind einfach nur wässrig, die deutschen fruchtig und süß.“ Das Amt gibt Caroline Leefers noch mehr Motivation fürs Studium: „Vom Fachlichen her hat es schon Vorteile, hier zu studieren und gleichzeitig Königin zu sein. Ich beschäftige mich schon eingehender mit dem Lernstoff.“
Und wie lebt es sich so als Majestät? „Man hat viel Kontakt zu neuen Menschen. Man wird reifer, freundet sich auch mit anderen Königinnen an, kommt viel rum und besucht auch mal die Südtiroler Apfelblütenkönigin. Jedes Mädchen, dass die Chance hat Königin zu werden, sollte sie nutzen.“ Das königliche Leben wird angenehmer, wenn man in einem Schloss residiert. Letztes Jahr kaufte der Erdbeerhof eins, in das demnächst der eigene Hofladen einzieht. Mehr als 30 Königinnen beehrten den Erdbeerhof samt Schloss zum diesjährigen Erdbeerfest. 114 Königinnen und Könige aus 109 Mitgliedsstädten in 14 Bundesländern sind derzeit in der „Arbeitsgemeinschaft Deutsche Königinnen“ organisiert, Carolin Leefers hat die Mitgliedsnummer 100.
Der Professor für allgemeinen Pflanzenbau und ökologischen Landbau Dr. Olaf Christen begrüßt das ehrenamtliche Engagement der drei angehenden Agrarwissenschaftlerinnen: „Es zeigt, dass Studierende sich auch über den engen Bereich fachlicher Belange hinaus einer gesellschaftlichen Verantwortung stellen. Das mag auf den ersten Blick bei einer Wein-, Milch- oder Erdbeerkönigin nicht so offensichtlich erscheinen, liegt aber durchaus auch im Kern von ehrenamtlichem Engagement.“