Digitalisierung mit Strategie

19.05.2020 von Ronja Münch in Campus, Studium und Lehre
Für das Projekt „Digital kompetent im Lehramt“ konnte die Uni Halle 2,5 Millionen Euro einwerben. Mit den Geldern soll unter anderem eine Gesamtstrategie für die Lehramtsausbildung entwickelt werden, die alle Beteiligten einbezieht. Der Start fällt nun ausgerechnet in die Zeit der Corona-Pandemie. Doch auch vorher schon wiesen die Projektverantwortlichen auf die Dringlichkeit hin, die Digitalisierung in den Schulen und den Umgang damit zu systematisieren.
Das Projekt "Digital kompetent im Lehramt" unterstützt die Einbindung digitaler Medien in die Lehre.
Das Projekt "Digital kompetent im Lehramt" unterstützt die Einbindung digitaler Medien in die Lehre. (Foto: Adobe Stock / David Fuentes)

Wer derzeit Kinder im schulpflichtigen Alter hat, weiß: An Schulen ist die Digitalisierung sehr unterschiedlich weit fortgeschritten. Während sich die eine Schule in den vergangenen Wochen bemühte, über verschiedene Plattformen mit ihren Schülern in Verbindung zu bleiben, verteilte die andere lediglich einen dicken Stapel Arbeitsblätter. Die Unterschiede werden momentan besonders deutlich, Prof. Dr. Matthias Ballod weist aber schon lange daraufhin, dass „es eine Strategie für die Digitalisierung in Schulen und in der Lehramtsausbildung braucht“. Er leitet das Projekt „Digital kompetent im Lehramt“ (DikoLa), das im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ gefördert wird und vor kurzem seine Arbeit aufgenommen hat. Das Projekt knüpft an die Initiative „Lehramt@Digital“ an und ist am Zentrum für Lehrerbildung (ZLB) der MLU angesiedelt.

Matthias Ballod leitet das Projekt "Digital kompetent im Lehramt".
Matthias Ballod leitet das Projekt "Digital kompetent im Lehramt". (Foto: Dirk Kuntze)

In der aktuellen Situation gehe probieren über studieren, so Ballod. Egal ob an Hochschulen oder Schulen – es brauche bei der Onlinelehre, wie in der klassischen Lehre auch, Erfahrungswerte, welche Methoden, Medien oder Lehrformate passen. Eine fundierte Wissensbasis zu digitalen Möglichkeiten sei dafür unerlässlich – und genau diese soll im Lehramt künftig verstärkt vermittelt werden. Dazu gehört es auch, Lehrkräfte – sei es in der Lehramtsausbildung an Hochschulen oder in den Schulen – bei der Einbindung digitaler Medien in den jeweiligen Unterricht zu unterstützen. Deshalb sollen fachunabhängige Module für Studierende entwickelt, erprobt und verstetigt werden, aber auch Beratungsangebote und Workshops für Hochschullehrkräfte. Dafür wird auch ein Digital Learning Lab eingerichtet, in dem Studierende und Dozenten sowie Lehrer und Schüler digitale Lehr- und Lernmaterialien entwickeln und Methoden ausprobieren können. Während ihrer Schulpraktika werden die Studierenden künftig auch im Hinblick auf Digitalisierung im Unterricht begleitet. So sollen sie das Thema auch noch stärker in die Schulen tragen. Außerdem wird die Zusammenarbeit mit den Schulen intensiviert, um die Theorie in der Praxis umzusetzen und dann wiederum Rückmeldung aus der praktischen Anwendung zu erhalten. Das gesamte Projekt wird zudem wissenschaftlich begleitet, dafür sind drei Promotionsstellen vorgesehen.

„Wir sehen Digitalisierung als Querschnittsaufgabe“, sagt Projektkoordinatorin Dr. Katharina Heider. DikoLa baut auf bisherigen Digitalisierungsprojekten der Uni Halle auf. Viele der Beteiligten arbeiten beispielsweise am Zentrum für multimediales Lehren und Lernen (@LLZ) oder am ZLB. Ballod ist wissenschaftlicher Leiter für das Projekt „Deutsch Didaktik Digital“ zur Digitalisierung im Fach Deutsch. Momentan sind die Mitarbeitenden überwiegend im Homeoffice, das Kennenlernen werde dadurch etwas erschwert, so Ballod. Die aktuelle Situation sieht er jedoch vor allem als Chance. „Digitalisierung und Online-Lehre erhalten derzeit einen solchen Zuspruch, wie wir ihn mit viel Überzeugungsarbeit nicht hätten erreichen können“, so der Germanist. Eigentlich wollten die Projektverantwortlichen zum Beginn des Semesters auf Werbetour durch die Universität gehen, um alle an der Lehramtsausbildung Beteiligten für das Thema Digitalisierung zu sensibilisieren. Das dürfte jetzt nicht mehr nötig sein.

Auch vor der Corona-Krise war für Ballod klar: „Die bisherige Haltung, dass Handys und Computer in der Schule nichts zu suchen haben, entspricht nicht mehr der Lebenswirklichkeit, die längst digitalisiert ist.“ Schulen hätten die Aufgabe, Schüler in ihrer Persönlichkeit zu bilden und für die Arbeitswelt zu qualifizieren. Dabei komme es nicht nur darauf an, entsprechende Geräte zu beschaffen. „Ohne methodisches Knowhow nutzt die schönste Technik nichts.“ Digitale Medien sind daher normalerweise nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zur Präsenzlehre gedacht. Ballod arbeitet zum Beispiel eng mit dem Lyonel-Feininger-Gymnasium in Halle zusammen und erprobt dort neue Lehr- und Lernmethoden. Es käme oft vor, dass Schülerinnen und Schüler sich mit Formaten und Programmen besser auskennen als die Lehrkräfte. In einem Workshop zum Thema „Erklärvideos“, zu dem er Tablets mitbrachte, zeichnete beispielsweise ein Schüler in kürzester Zeit mit einem Programm einen Dinosaurier und animierte ihn anschließend. „Eine bessere Ausgangssituation kann ich eigentlich nicht haben.“ Aufgabe der Lehrkräfte sei es dann, Schülerinnen und Schüler in ihren Kompetenzen zu unterstützen und ihnen zugleich einen kritischen Blick zu vermitteln, was zum Beispiel auch medienrechtliche Fragen angeht. Die Sorge vieler Lehrkräfte, technisch mit ihren Schülerinnen und Schülern nicht mithalten zu können, sei deshalb auch unbegründet.

Im Anschluss an das Projekt sollen nicht nur neue Formate entwickelt worden sein, sondern auch eine Gesamtstrategie für die Digitalisierung der Lehramtsausbildung. „Wir haben bewusst gesagt, wir wollen ein ganzheitliches Modell“, sagt Ballod. Aus dem Projekt sollen Strukturentscheidungen vorbereitet werden, wie Digitalisierung in der Lehramtsausbildung an der Uni Halle nachhaltig eingebunden werden kann. In einem wissenschaftlichen Beirat wird das Projekt daher nicht nur von Vertreterinnen und Vertretern der Uni Halle begleitet, sondern auch von anderen Hochschulen sowie dem Bildungs- und dem Wissenschaftsministerium Sachsen-Anhalt.

Aktuelle Angebote von DikoLa

Videosprechstunde zur digitalen Lehre:
Jeden Mittwoch 10-11 Uhr, Anmeldung und Fragensammlung vorab per E-Mail an Ines Bieler: ines.bieler@zlb.uni-halle.de oder René Barth: rene.barth@germanistik.uni-halle.de

Einzelfallberatung zur Didaktik:
Terminvereinbarung per E-Mail an Sarah Stumpf: sarah.stumpf@germanistik.uni-halle.de oder Claudia Hoffmann: claudia.hoffmann@zlb.uni-halle.de

Zudem wurde eine Handreichung mit Grundlagen zur Online-Lehre aufgesetzt.

Kommentar schreiben

Auf unserer Webseite werden Cookies gemäß unserer Datenschutzerklärung verwendet. Wenn Sie weiter auf diesen Seiten surfen, erklären Sie sich damit einverstanden. Einverstanden