Ungewöhnliche Bibliotheksarbeit: Hunderte Scans und Bücherpakete aus der ULB
Der 4. Mai war alles andere als ruhig für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Zweigbibliothek der Erziehungswissenschaften. Es war der erste Tag, an dem die ULB an fünf ihrer Standorte wieder einen Ausleihbetrieb aufgenommen hat, darunter auch in der Zweigbibliothek Franckeplatz. „Der Drucker für die Bestellungen hat nicht stillgestanden. Wir waren den ganzen Tag nur damit beschäftigt, Bücher aus den Regalen herauszusuchen“, sagt Bibliothekarin Regina Schönekäs. Eine Aufgabe, die Nutzer normalerweise selbst erledigen.
Aber was ist schon normal in diesen Zeiten – die Corona-Pandemie hat auch in der Unibibliothek einiges verändert. Dass Bücher für die jetzige Ausleihe per Katalog bestellt und von den ULB-Beschäftigten herausgesucht werden, ist nur das jüngste Beispiel. „Die Schließung der Bibliotheken am 13. März bedeutete für uns eine Phase der intensiven Auseinandersetzung mit verschiedenen Möglichkeiten kontaktloser oder kontaktarmer Serviceangebote“, sagt ULB-Direktorin Anke Berghaus-Sprengel.
Der Ausbau des Angebots an elektronischen Medien gehörte unbedingt dazu. Von Dozentinnen und Dozenten der Philosophischen Fakultät III etwa habe es eine lange Wunschliste mit rund 150 Titeln gegeben, sagt Regina Schönekäs. „Wir haben versucht, so viele wie möglich als E-Book zu erwerben und schnell zur Verfügung zu stellen“, berichtet die 37-Jährige. Der Aufwand sei hoch gewesen: Lizenzen mussten geprüft werden, die Möglichkeit von Käufen im Paket, Angebote der Verlage. „Die Rückmeldungen der Dozenten waren aber sehr positiv und das hat mich dann schon gefreut.“
Schönekäs arbeitet seit knapp anderthalb Jahren in der ULB. Nach dem Studium in Leipzig war sie lange an der Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain in Wiesbaden tätig, dann zog es die im Saalekreis aufgewachsene Frau wieder in die alte Heimat. Als Herausforderung empfindet sie selbst gerade den Wechsel zwischen Home-Office und Bibliothek. „Man hatte die ganze Zeit das Gefühl: Eigentlich sollte ich jetzt doch eher in der Bibliothek sein.“ Wegen der Pandemie sollen sich aber nicht zu viele Mitarbeiter zeitgleich vor Ort aufhalten. Also hat Schönekäs zu Hause zum Beispiel Bestellungen erledigt, Bücher elektronisch in die Bibliothekssystematik eingeordnet, Titel in die Uni-Bibliographie eingegeben und Rechnungen bearbeitet.
Das war der eine Teil der Arbeit. Zu dem anderen gehörten zum Beispiel auch Scan-Dienstleistungen der ULB für die Nutzer. Allein in der Zweigbibliothek Erziehungswissenschaften sind bis zum Montag 240 Scanaufträge abgearbeitet worden – mit einem Umfang zwischen fünf und 160 Buchseiten. Dazu kam ein Service, Zeitschriftentexte, die ausschließlich gedruckt vorliegen, nicht nur für Dozenten, sondern ebenso für Studierende als Scan bereitzustellen. Zumindest am Franckeplatz war auch das Scannen neu, die Technik hat die Zweigbibliothek erst dafür erhalten. Das bedeutete: Angestellte und studentische Hilfskräfte mussten eingearbeitet werden. Das sei anfangs schon anstrengend gewesen, so Schönekäs. „Es war aber auch toll, wie alle im Team gearbeitet haben. Das hat super funktioniert.“ Nicht zuletzt sind in den vergangenen Tagen für die Examensvorbereitung von Studierenden sogar Bücher verschickt worden – mehr als 200 Pakete hat die gesamte ULB insgesamt bereits versandt.
„Die Angebote werden rege genutzt und unterstützen bei Studium, Lehre und Forschung“, bilanziert auch Anke Berghaus-Sprengel. In Zahlen heißt das für die gesamte ULB zum Beispiel: 400 Scanaufträge für digitale Semesterapparate, 180 Bestellungen für den internen Dokumentlieferdienst, etwa 500 für die Fernleihe und den Lieferdienst Subito – jeweils seit dem 6. April bis zum Beginn dieser Woche. Über das vergangene Wochenende – vor der Wiederaufnahme der Ausleihe – gingen rund 550 Buchbestellungen ein.
„Langweilig ist uns nicht geworden“, sagt Schönekäs jedenfalls – bisherige Aufgaben seien ja nicht weggefallen. Für den nun gestarteten Ausleihbetrieb musste die Zweigbibliothek zudem extra vorbereitet werden. Das heißt: Es wurde umgeräumt, zusätzliche Regale wurden aufgestellt, die Arbeitsabläufe neu strukturiert. Auch die kommenden Wochen werden noch anstrengend werden, glaubt die Bibliothekarin. Derzeit hofft sie, dass trotz Corona bald eine Möglichkeit gefunden wird, auch Lesesäle zumindest teilweise wieder zugänglich zu machen. Die Bibliothek sei eben nicht nur Ausleihe, sondern auch Arbeits- und Lernort. Normalerweise.
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