„Er war Weltpolitiker, Europäer, Architekt der Einheit und Freund der Uni“
Es regnete in Halle – der Geburtsstadt Hans-Dietrich Genschers. Umso herzlicher nahm Rektor Prof. Dr. Udo Sträter gestern Abend Klaus Kinkel, Außenminister a.D., und Barbara Genscher, die Witwe Hans-Dietrich Genschers, auf dem Universitätsplatz in Empfang. Gemeinsam betraten sie die fast vollbesetzte Aula. Zu den Gästen der Festveranstaltung, die gemeinsam mit der Friederich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und der Erhard-Hübener-Stiftung organisiert wurde, zählte auch die ehemalige Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth. Die Landesregierung war durch Bildungsminister Marco Tullner ebenfalls vertreten. Auch die Leipziger Rektoren Prof. Dr. Beate Schücking, Uni Leipzig, und Prof. Dr. Andreas Pinkwart von der Handelshochschule Leipzig waren anwesend.
Am gestrigen Abend schmückte eine Büste Hans-Dietrich Genschers die Aula „Ein Geschenk anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde unserer Universität an Hans-Dietrich Genscher. Die Zeitungen tönten damals ‚Uni bekommt Büste von Kohl‘ – was zu einigen Verwirrungen führte“, so Rektor Udo Sträter. Gemeint war der Bildhauer Gottfried Kohl. In seiner kurzen Eröffnungsrede fasste Sträter das Wirken Genschers zusammen: „Er war Weltpolitiker, Europäer, Architekt der Einheit und Freund der Uni.“
Den ersten Festvortrag hielt Genschers Wegbegleiter und Nachfolger im Amt des Außenministers Klaus Kinkel, der über Genschers Verdienste in der Politik und für die Einheit Deutschlands, seine Verbundenheit zur Heimatstadt Halle und seine beeindruckende Persönlichkeit sprach. „Die Wiedervereinigung war sein großer Wunsch, an den er unbeirrbar glaubte.“ Dass Genscher zum Architekten der Deutschen Einheit wurde, lag laut Kinkel auch an dessen Lebenscredo: Kooperation statt Konfrontation. Mit Blick auf die heutige Zeit beendete Kinkel seine Rede: „Er fehlt uns, mir und unserem Land. Es fehlt seine mahnende und erfahrende Stimme aus dem Hintergrund.“ Und ergänzte fast beiläufig: „Sollte der Flughafen Halle-Leipzig nicht in Hans-Dietrich-Genscher-Flughafen umbenannt werden?“
Genscher, der 1946 sein Jura-Studium an der Uni Halle begann, setzte sich insbesondere nach 1990 aktiv für seine Alma Mater ein, wie Altrektor Prof. Dr. Günther Schilling – der dem Alumnus 1992 die Ehrensenatorwürde verlieh – in seinem Festvortrag erklärte. „Sein Wirken stellt einen Meilenstein in der Geschichte der Universität dar. Er wirkte als Katalysator beim Austausch mit internationalen Partnern, bei der Erneuerung der Zuschnitte von Studiengängen und bei der materiellen Ausstattung der Hochschule. Die Zusammenarbeit mit Genscher hat vieles erleichtert, ohne zu starren Vorschriften zu führen.“
Auch Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, stellvertretener Vorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung und Cornelia Pieper, Staatsministerin a.D., ehrten Genscher mit kurzen Ansprachen. Die extra aus Bonn angereiste Rita Süssmuth teilte spontan ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Genscher mit dem Publikum.
Wie schon vor 25 Jahren, anlässlich der Verleihung der Ehrensenatorwürde, begleiteten Matthias Erben und das Akademische Orchester auch diesen Abend mit Stücken von Wolfgang Amadeus Mozart, Antonín Dvořák, Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach.