Fasziniert von Pflanzen
Unter Pflanzen fühlt sich Tiffany Knight wohl. In einem Gewächshaus im Botanischen Garten der Uni Halle schaut sich die US-Amerikanerin die vielen verschiedenen Arten fasziniert an. „Die hier ist klasse!“, ruft sie, schaut kurz auf und widmet sich dann wieder dem vielfältigen Grün. Pflanzen erbringen viele Dienste für die Menschen und die Umwelt: „Sie wandeln Kohlendioxid in Sauerstoff um, regulieren unser Klima und tun noch viele Dinge mehr.“ Deshalb sei es spannend und wichtig, die Entwicklung der Artenvielfalt von Pflanzen auf der ganzen Welt zu erforschen.
Tiffany Knight, Jahrgang 1975, ist seit dem 1. Februar 2016 Professorin für „Räumliche Interaktionsökologie“ an der Universität Halle und gehört gleichzeitig dem Department Biozönoseforschung des UFZ an. Ihr Arbeitsort wird vor allem das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig sein. Fünf Millionen Euro hat die Alexander-von Humboldt-Stiftung für die Professur zur Verfügung gestellt. Die Humboldt-Professur ist Deutschlands höchstdotierter internationaler Forschungspreis. Seit ihrem Studium der Biologie an der Florida State University ist Knight fasziniert von Pflanzen. 2003 wurde sie an der Uni Pittsburg mit einer Arbeit über Pflanzenpopulationsökologie promoviert. 2005 erhielt sie an der Washington University in St. Louis eine Stelle als Assistant Professor.
Gravierende Folgen für das Ökosystem?
Die Wissenschaftlerin interessiert sich für die Entwicklung der pflanzlichen Artenvielfalt von Ökosystemen über längere Zeiträume. „Mich interessieren Tiere, Insekten und Mikroorganismen eigentlich nur dann, wenn sie meinen Pflanzen schaden“, erklärt die Biologin und meint damit nicht etwa eine kleine Gruppe von Pflanzen im Labor – sondern alle Pflanzen auf der Welt, die sie für ihre Forschung betrachtet. „In meiner Forschung konzentriere ich mich auf den Prozess der Bestäubung von Pflanzen. Schließlich müssen Pflanzen bestäubt werden, damit wir etwas zu essen haben.“ 2013 hatte sie die Entwicklung eines Landstrichs in der Nähe der Kleinstadt Carlinville im US-Bundesstaat Illinois über die letzten rund 120 Jahre untersucht. Knight wollte herausfinden, wie sich die Artenvielfalt in dieser großen Zeitspanne entwickelt hat. Sie nutzte dabei die Daten des Naturforschers Charles Robertson, der Ende des 19. Jahrhunderts untersucht hatte, welche Insektenarten welche Pflanzen in Carlinville bestäuben.
Knight führte einen Teil der alten Studie erneut durch und verglich ihre Ergebnisse mit den Daten von damals: 109 Bienenarten hatte Robertson für eine spezielle Pflanzengruppe beobachtet. „Wir konnten heute nur noch die Hälfte der Bienenarten finden“, berichtet Knight. Dieser starke Rückgang könne gravierende Folgen für das Ökosystem haben: „Früher gab es noch viele Redundanzen. Wenn zum Beispiel eine Art verschwand, haben andere Arten die Bestäubung der Pflanzen übernommen.“
Da heute deutlich weniger Arten im selben Gebiet leben, sei das Ökosystem insgesamt instabiler. Mit dem Geld, das Knight von der Humboldt-Stiftung für die nächsten fünf Jahre zur Verfügung erhält, will sie in der Schweiz eine ähnliche, aber deutlich größere Studie durchführen.
Feldforschung in der Schweiz
Während sich Robertson in den USA nur mit einem Gebiet befasste, untersuchte der deutsche Botaniker Hermann Müller im 19. Jahrhundert 20 verschiedene Gebiete in der Schweiz – auch auf verschiedenen Höhenniveaus. Bereits im Juni dieses Jahres möchte Knight gemeinsam mit Dr. Walter Durka vom UFZ Müllers Studien wiederholen und die alten Daten mit den neuen vergleichen.
In einem weiteren Projekt widmet sich Knight speziell den Bäumen auf Inseln. Knight will untersuchen, wie sich die Einführung fremder Arten auf die Artenvielfalt auswirkt. Was eine bestimmte Art für ein Ökosystem problematisch werden lässt, sei von noch nicht abschließend geklärt. Wenn Knight über die vielen Pläne für ihre Feldforschung und Reisen erzählt, strahlen ihre Augen. „Die Arbeit im Feld macht mir unglaublich großen Spaß“, sagt sie.
Aber auch die Arbeit am Schreibtisch, etwa das Erstellen großer Datenbanken, seien spannende Bereiche ihrer Arbeit. Obwohl sie offiziell erst seit Februar in Deutschland arbeitet, ist ihr der mitteldeutsche Raum schon länger bekannt: Im Oktober 2014 wurde ihr Ehemann Prof. Dr. Jonathan Chase ans Institut für Informatik der Uni Halle und das iDiv berufen – Knight lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Leipzig. „Die Lage ist perfekt“, erzählt Knight. „Unsere Wohnung liegt nicht weit entfernt vom iDiv und einer S-Bahn-Haltestelle. So bin ich auch schnell in Halle.“ Ihr fünfjähriger Sohn und ihre zweijährige Tochter besuchen einen deutschsprachigen Kindergarten. „Für unsere Kinder war der Wechsel nach Deutschland überhaupt kein Problem. Die beiden sprechen mittlerweile fließend Deutsch.“ Im Supermarkt würde ihr Sohn sie sogar korrigieren, wenn sie etwas an der Theke bestellt.
Derzeit lebt sich Knight noch in ihre neue Rolle als Humboldt-Professorin ein. In den letzten Monaten hat sie zahlreiche Interviews mit Journalisten geführt und Foto-Termine bestritten. „So viel Aufmerksamkeit bin ich als Wissenschaftlerin sonst gar nicht gewöhnt“, gibt sich die Biologin bescheiden. Sie hofft, dass sie sich in der nächsten Zeit wieder stärker ihrer Forschung widmen kann.