Gründer arbeiten am perfekten Feststoffspeicher
Im Raum Nummer 1.062 des Technologie- und Gründerzentrums III befindet sich das Herzstück der Firma enspring: Mitten im Zimmer steht eine Beschichtungsmaschine, die Suspensionen auf eine dünne Platte aufträgt und verdampfen lässt. „Als Suspensionen setzen wir künstlich hergestellte Polymere ein, die Nanopartikel aus keramischen Verbindungen beinhalten“, erklärt Robert Schlegel, Beschichtungsexperte bei enspring. Die Suspension werde dann auf eine Aluminiumfolie aufgetragen und getrocknet. Das Ziel: Die Vorteile zweier unterschiedlicher Materialien in Bauelementen in Form von Folien zu verknüpfen, um damit auf einer möglichst kleinen Fläche möglichst große Energiemengen zu speichern. Am Ende sollen sehr leistungsfähige Kondensatoren stehen, zum Beispiel für die Automobil- und Energieindustrie.
Große Expertise an der Universität
Dieser Aufgabe widmen sich in Halle seit der Gründung der enspring GmbH im vergangenen Jahr insgesamt fünf Wissenschaftler. Die Firma ist eine der Tochtergesellschaften der engroup, zu der auch die enfas GmbH in München gehört. Letztere wurde als erstes Unternehmen der Gruppe 2013 von Thomas Plaschko und Egon Schubert gegründet. Das Unternehmen berät Kunden aus der Auto- und Energiebranche bei der Planung und Entwicklung von neuen Systemlösungen. „Die Firma steht für individuelle Elektronikentwicklung in Automobil- und Energieindustrie sowie für anwendungsorientierte Grundlagenforschung an Feststoff-Kondensatoren und Feststoff-Li-Ion-Akkumulatoren“, sagt enspring-Geschäftsführer Thomas Plaschko.
Um das Portfolio des Firmenverbundes zu erweitern, wurde die enspring GmbH quasi als Forschungsabteilung für Kondensatoren und Akkumulatoren gegründet. Dass der Firmensitz in Halle und nicht in München liegt, kommt dabei nicht von ungefähr: Vor seinem Schritt in die freie Wirtschaft war Falk Lange als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Interdisziplinären Zentrum für Materialwissenschaften (IZM) der Universität Halle angestellt. Dort erforschte er unter der Leitung von PD Dr. Hartmut Leipner im Rahmen einer Millionenförderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sogenannte Superkondensatoren. „Die Entscheidung enfas und enspring zu gründen, war maßgeblich von dem Drang geprägt, Entwicklung effizient und schnell voran zu treiben“, sagt Gründer Falk Lange, der an der halleschen Universität weiter an seiner Promotion arbeitet.
Die Nähe zur MLU sei bei der Ausgründung ein wichtiger Erfolgsfaktor gewesen. „Die Universität hat eine große Kompetenz im Bereich der Materialforschung“, sagt der 31-jährige Lange. Diese stelle einen Grundbaustein für die Entwicklung der Produkte dar. Wie wichtig die Anbindung an die Universität ist, weiß auch MLU-Forscher Hartmut Leipner: „Firmen wie enspring können am IZM wichtige Servicedienste nutzen.“ Die Universität unterstütze durch messtechnische und materialwissenschaftliche Expertise, sowie durch die Nutzung von Geräten. Sie ermögliche gemeinsame Doktorarbeiten, von deren Ergebnissen die Firma profitieren könne.
Nächste Station: China
Das Start-up enspring ist eines von derzeit rund 100 Unternehmen, die im Technologiepark angesiedelt sind. Biochemiker, Biotechnologen, Materialwissenschaftler, Pharmazeuten, Agrar- und Ernährungswissenschaftler forschen hier Tür an Tür. Auch enspring ist interdisziplinär aufgestellt. Physiker, Chemiker und Materialwissenschaftler tüfteln gemeinsam mit Verfahrens- und Elektrotechnikern. „Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist wichtig, weil man so Probleme von mehreren Perspektiven aus diskutieren kann und schneller zu Lösungen kommt“, sagt enspring-Mitarbeiter Robert Schlegel.
Noch kann enspring keine industriellen Verfahren großtechnisch im Labor umsetzen. Dafür fehlt noch eine entsprechend große Beschichtungsmaschine. Fürs Erste feilen die Mitarbeiter deswegen daran, die Folieneigenschaften zu verbessern – und sie halten nach Kooperationspartnern Ausschau, um etwa Materialanalysen durchzuführen. Die Chancen dafür stehen gut. „Der Sektor der Automobilzulieferer in Mitteldeutschland entwickelt sich sehr gut, das ist für uns ein wichtiger Standortvorteil“, so Schlegel weiter.
Das Augenmerk der Gründer richtet sich aber auch auf das internationale Geschäft. Mittlerweile hat der Firmenverbund mit der Gründung eines neuen Entwicklungs- und Produktionsstandorts seit dem vergangenen Jahr auch in China Fuß gefasst. Die enfas Technology will nicht nur den dort ansässigen deutschen Kunden ihre Expertise zur Verfügung stellen, sondern auch eigene Speicher- und Ladesysteme anbieten. „China bildet für unser Produktportfolio einen der größten Absatzmärkte“, sagt Firmengründer Lange, der selbst in die Fünf-Millionen-Einwohnerstadt Nanjing zog. Um diesen Markt zu erreichen, sei eine Präsenz vor Ort sinnvoll. „Diese sichert uns langfristig Zugang zu fremden Märkten und ermöglicht uns den Zugang zu lokalem Know-how“, sagt der Firmenchef. Und auch für ihn birgt der Aufenthalt in Fernost Neues. Lange: „Diese Aufgabe wird mir einen großen Reichtum an Erfahrungen bringen.“
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