„Highly cited“ an der Uni Halle

23.09.2014 von Tom Leonhardt in Forschung, Wissenschaft
„You are in!“ stand im Betreff der E-Mail eines tschechischen Kollegen, die Ingolf Kühn Anfang 2013 bekam. Gemeint war damit, dass er in die vorläufige Liste der renommierten „highly cited researchers“ aufgenommen werden sollte. In dieses internationale Ranking schaffen es nur Wissenschaftler, deren Publikationen einen extrem hohen „Impact“ aufweisen, d.h. dass sie sehr häufig zitiert werden. Vorläufig deshalb, weil die Grundlage des Rankings noch einmal überarbeitet wurde und Kühn bis zum Schluss nicht wusste, ob er es in die Liste schafft.
Ingolf Kühn und die Promovendin Annett Hahn bei der Arbeit im Feld im Nationalpark Berchtesgaden.
Ingolf Kühn und die Promovendin Annett Hahn bei der Arbeit im Feld im Nationalpark Berchtesgaden. (Foto: privat)

Im Juni dieses Jahres war es dann so weit: Das Ranking wurde offiziell bekannt gegeben und Ingolf Kühn, der mittlerweile auf die Professur für Makroökologie der Uni Halle berufen worden war, kann sich seitdem auch offiziell einen „highly cited researcher“ nennen. „Das ist schon toll, ich habe mich riesig gefreut“, sagt der studierte Biologe strahlend. Kühn beschäftigt sich in seiner Forschung mit der biologischen Invasion gebietsfremder Arten und den Auswirkungen des Klima- und Landnutzungswandels auf die Funktionen von Ökosystemen. Bei seinen besonders erfolgreichen Artikeln handelt es sich vor allem um Überblicksartikel über Methoden in der Biostatistik oder auch neu publizierte Datensätze. Das sind, so Kühn, zwar nicht immer unbedingt die Arbeiten mit dem größten Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft. Dafür dienen sie aber häufig als Grundlage für weitere Arbeiten, was ihm auch sehr gefalle. Neben ihm haben es noch zwei weitere Kollegen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in die Liste der viel zitierten Wissenschaftler geschafft.

Professur als Forschungshindernis?

Ingolf Kühn zählt zu den meist zitiersten Umweltforschern.
Ingolf Kühn zählt zu den meist zitiersten Umweltforschern. (Foto: Maike Glöckner)

Neben dieser eher inoffiziellen Auszeichnung hat sich bei Ingolf Kühn auch der Titel geändert: Seit März 2014 steht vor seinem Namen der Titel Professor. Mit dem Ruf auf eine Professur geht häufig einher, dass man als Wissenschaftler weniger Zeit für die eigentliche Forschung hat. Stattdessen müssen viele Verwaltungsaufgaben und auch Lehrverpflichtungen bestritten werden. Nach knapp einem Semester zieht Kühn ein anderes Resümee: „Für mich war das nicht der massive Einschnitt.“ Der Hintergrund: Der Pflanzenforscher wurde auf eine gemeinsame Professur der Uni Halle und des UFZ berufen. Damit ist er zwar nun offiziell Mitglied der Universität, wurde aber direkt nach seiner Berufung beurlaubt, um weiterhin hauptberuflich als Wissenschaftler am UFZ arbeiten zu können. Daraus ergeben sich auch deutlich geringere Lehrverpflichtungen als es bei regulären Professuren der Fall ist. Es bleibt also mehr Zeit zum Forschen. Gleichzeitig wollte Kühn gerne weiter an der halleschen Uni lehren, nicht etwa an einer weit entfernten. „Sonst hätte ich das auch nicht gemacht“, fügt Kühn zufrieden hinzu. „Ich arbeite schon seit langem viel mit den Kollegen aus der Geobotanik zusammen und biete dort Lehrveranstaltungen an.“

Die Professur hat für ihn vor allem strukturelle Vorteile: „Ich kann jetzt selbstständig Promotions- und Abschlussarbeiten betreuen.“ Gleichzeitig hat Kühn seit seiner Berufung eine neue Aufgabe: Er leitet ein großes Projekt am UFZ, in dem Wissenschaftler aus den verschiedenen Fachbereiche eine gemeinsame Fragestellung interdisziplinär bearbeiten.

„Für die Studenten scheint der Weg hier raus sehr viel weiter“

Die Verpflichtungen gegenüber der Uni Halle und seinen Studierenden nimmt der gebürtige Nordrhein-Westfale sehr ernst. Für das Wintersemester hat Kühn gemeinsam mit Prof. Henrique Pereira vom Zentrum für Biodiversitätsforschung (iDiv) und Erik Welk vom Lehrstuhl für Geobotanik einen neuen Kurs entwickelt. Auf den nun hoffentlich intensiveren Kontakt zu den Studierenden freut sich Kühn besonders. Außerdem hofft er, in Zukunft mehr Studierende für Abschlussarbeiten am UFZ zu gewinnen. Immer wieder würde es Themen für Bachelor- und Masterarbeiten geben, die bisher nur spärlich bearbeitet werden konnten. „Für die Studenten scheint der Weg hier raus sehr viel weiter zu sein als für mich zur Uni“, kommentiert er schmunzelnd.

Für Kühn sei die gemeinsame Berufung ein echter Glücksgriff gewesen. Schließlich könne er weiterhin seiner Forschung nachgehen und trotzdem stärker mit der Uni kooperieren. Interessenskonflikte oder gar das Gefühl, zwischen zwei Stühlen zu sitzen, gibt es für den Biologen nicht. Auf die Frage nach seiner Arbeitsstelle antwortet er selbstbewusst: „Ich arbeite an der Uni und dem UFZ.“

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