Historische Drucke in der digitalen Welt
Die Zahl der historischen Drucke, die im Netz abrufbar sind, steigt rasant. „Bei der Digitalisierung deutscher Drucke leistet die ULB in Halle derzeit nach der Bayerischen Staatsbibliothek den größten Beitrag für die künftige Deutsche Digitale Bibliothek“, sagt ULB-Direktor Dr. Heiner Schnelling. „Insgesamt hat die Universitäts- und Landesbibliothek inzwischen über 40.000 digitale Ausgaben online gestellt.“
Power-Projekte stecken dahinter, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Millionenhöhe gefördert werden. Rund 2,7 Millionen Euro flossen aus der DFG seit 2007 in Personalkosten und die technische Ausstattung für umfangreiche Retrodigitalisierungsprojekte von historischen Drucken. Diese ergänzen die Angaben der nationalbibliographischen Verzeichnisse der deutschen Drucke des 16. bis 18. Jahrhunderts (VD 16/VD 17/VD 18). „Ziel der DFG ist es, bis 2020 die kulturelle Überlieferung bis 1800 für die Nutzer zur Verfügung zu stellen“, beschreibt Schnelling das anspruchsvolle Vorhaben.
Mit dem VD 18 – der digitalen Bibliothek und der Nationalbibliographie des 18. Jahrhunderts – das die ULB in der Pilotphase federführend betreut, hat die Retrodigitalisierung der Bibliothek einen weiteren Meilenstein zu verzeichnen: Seit November 2009 konnten in Halle schon über 11.500 Drucke des 18. Jahrhunderts digitalisiert werden.
Mit dem ungewöhnlichen Poster „Cultural Heritage Digital“ erregte die ULB bereits auf dem Weltkongress der International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) in San Juan, Puerto Rico, und auf der Frankfurter Buchmesse Aufmerksamkeit. Der hallesche Grafiker und Designer Lutz Grumbach kreierte das Plakat in Zusammenarbeit mit Dr. Dorothea Sommer, stellvertretende Direktorin der ULB. Grumbach wählte dafür das passende Motiv der Eule.
„Das Plakat soll eine positive Zwischenbilanz symbolisieren. Es setzt sich aus über 2.500 gescannten und komprimierten TIFF-Seiten aus den verschiedenen Projekten der Bibliothek zusammen“, erläutert Dorothea Sommer die Idee. „Diese Seiten liegen verkleinert als Kacheln hinter dem vergrößerten Foto der Eule. Damit entsteht ein Kontrast, der dem Plakat Spannung und gleichzeitig Tiefe in der Darstellung im Detail verleiht.“
„In hoher Geschwindigkeit setzen wir eines der größten Digitalisierungsprojekte um. Gute Qualität ist dabei ein Muss“, betont Schnelling. „Erreicht wird sie mit Hilfe einer ständigen Qualitätskontrolle.“ 40 bis 50 historische Drucke mit jeweils 140 bis 200 Seiten gehen täglich in der ULB ihren Weg über den Scanner in die digitale Welt. Die Auswahl der Titel wird zentral gesteuert, damit es keine Dopplungen gibt. Für das Scannen gelten Vorgaben der DFG, die genau beachtet werden müssen.
„Wer nun glaubt, dass die Originale der Bücher deswegen nicht mehr genutzt werden, irrt sich“, so der Bibliotheksdirektor. „Gerade historische Werke werden im Netz überhaupt erst sichtbar, erwecken Neugier und sind dann umso mehr nachgefragt.“ Die Erfahrungen belegen dies. Im Zuge der Digitalisierung gibt es eine langjährige Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsbibliothek München sowie den Staatsbibliotheken in Berlin, Dresden und Göttingen.
Weitere digitale Drucke werden in Halle individuell für Kundenwünsche in der Inhouse-Digitalisierung angefertigt (ca. 2.600). Aber auch zahlreiche Materialien aus dem Sondersammelgebiet Vorderer Orient-Nordafrika sind inzwischen digital verfügbar (über 2.000), darunter die Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft mit 242 Bänden und 132.000 Seiten.
Einige Titel, die weltweit besonders häufig nachgefragt werden:
„Christian Thomasens Allerhand bißher publicirte Kleine Teutsche Schrifften“ von Christian Thomasius (1701 erschienen),
„Zwey Königliche Preußische Rescripta Wider die Pietisten zu Halle an die Regierung und Universität daselbst ergangen“ von Albino Silesio (1712 erschienen)
„Historie Des Fürstenthums Anhalt“ von Johann Christoff Beckmannen (1710 erschienen).