Hochschulstrukturpapier: Diskussion im Senat und Widerstand in den Instituten
Rektor Udo Sträter fragte gleich am Anfang des Tagesordnungspunkts „Welchen Status hat das Papier?“ Seine Antwort: Es sei kein Gesetz, es sei Grundlage Maßnahmen zu diskutieren, aber wohl geeignet, die Universität in ein „Haifischbecken“ zu verwandeln. Denn man dürfe schließlich auch andere Vorschläge unterbreiten für Schließungen und Einsparungen. Für ihn sei die finanzielle Grundlage, die der Bernburger Frieden gegeben habe, schwierig, aber die Vereinbarung habe schließlich Schlimmeres verhindern können.
Das Bernburger Papier kam jedoch in der Folge stark unter Druck und wurde von den studentischen Senatoren, Mitarbeitern und Personalratsvertretern kritisiert. Es gebe hier noch eine Menge zu bewegen, dass hätten die Demonstrationen des Jahres 2013 gezeigt. Die Landesregierung habe sich bewegen müssen. Und nun habe man dank des Bernburger Papiers nicht einmal einen Inflationsausgleich und müsse noch zehn Prozent der Tarifsteigerungen selber tragen. So viel Geld könne und wolle man nicht aus dem System der Uni nehmen.
Die Replik von Alt-Rektor Wilfried Grecksch geriet zum Appell: „Der Finanzrahmen ist gesetzt. Wir haben jetzt Entscheidungen zu treffen. Und wenn das nicht geschieht: Gute Nacht!“ Das Papier, so Grecksch biete Gestaltungsraum. Reagiere die Uni nicht, käme die Einsparung von Außen – und die gerate nach dem Zufallsprinzip. Und schade der Universität.
Nach zahlreichen weiteren und zum Teil emotionalen Redebeiträgen votierte der Senat die gemeinsam mit den Unterlagen ausgereichte Stellungnahme des Rektorats mit Modifikationen als Stellungnahme des Senats anzunehmen. Das Rektorat wurde gebeten, diese dementsprechend umzuarbeiten. Vereinbart wurde auch, dass das Rektorat nun eine Vorlage erarbeite, wie zur Profilierung im Rahmen des Papiers weiter verfahren werden könne. Das Rektorat könne dazu auch eine Rektoratskommission bilden.
Die Reaktionen auf das Hochschulstrukturpapier waren zu diesem Zeitpunkt jedoch naturgemäß bereits vielfältig. In den Medien spiegeln sich Aussagen der Landesrektoren, Politiker, Studierenden und des Aktionsbündnisses. Zum Teil hatten sich betroffene Uni-Institute auch in Pressemitteilungen an die Medien gewandt und am Abend vor der Senatssitzung, 8. April, trafen sich erstmals Vertreter jener Fakultäten, die in den Schließungsplänen benannt sind. Die Botschaft der Anwesenden war klar: Die Kürzungspläne werden nicht hingenommen, es soll lautstark demonstriert werden.
Podiumsdiskussion am Weinberg Campus
Über 400 Studierende, Mitarbeiter, Ehemalige und Interessierte verfolgten die Podiumsdiskussion und stellten ihre Fragen an die Professoren und Mitarbeiter aus den Geowissenschaften, der Psychologie, der Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie der Informatik und des Landesstudienkollegs. Außerdem auf dem Podium: Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen Claudia Dalbert und der Geschäftsführer des Clusters Informationstechnologie André Soudah.
Jeder Fachbereich zeigte mögliche Konsequenzen für die Universität und die Zukunftsfähigkeit des Landes auf. „Die Bedeutung der Informatik für die Wirtschaft wird unterschätze“, so Paul Molitor. André Souhad bestätigte: „Wir brauchen dringend Absolventen der Informatik, damit die IT-Branche in Mitteldeutschland weiter wachsen kann.“ Das Zusammenspiel der verschiedenen Institute betone auch der Geologe Prof. Helmut Heinisch mit einem Augenzwinkern: „Materialien für Handys und Laptops – ohne die Geowissenschaften ginge nichts in den Medien.“ Und fuhr ernster fort: „Wir sind das Schmiermittel für eine leistungsfähige Industrie. Das Land Sachsen-Anhalt braucht unseren Sachverstand bei Themen, wie zum Beispiel Nachterstedt.“
„Weder in den Geowissenschaften noch im Sport bilden die Kollegen in Leipzig Lehrer aus“, erklärte Oliver Stoll vom Department für Sportwissenschaften. „Und es macht zudem keinen Sinn, die Psychologie als Bildungswissenschaft für die Lehramtsausbildung erhalten zu wollen, aber das Institut für Psychologie streichen zu wollen“, ergänzte Prof. Bernd Leplow vom Institut für Psychologie. „Das ist wie bei der umgekehrten Psychologie: Wenn wir davon reden, wie wichtig wir sind, erreichen wir nur das Gegenteil.“ Und Heinisch endete: „Wir müssen auf die Straße gehen und Krach machen.“