In Halle "zum Mann gereift"

21.01.2013 von Christina Naumann in Personalia
Bis vor einem Jahr wusste der Marokkaner Yassine Labidi nichts vom „Anton-Wilhelm-Amo-Preis“. Am Freitag, den 11. Januar 2013 nahm er ihn in der Aula des Löwengebäudes aus den Händen der Prorektorin entgegen. Damit würdigt die Martin-Luther-Universität die hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen in seiner Diplomarbeit zum Thema „Wettbewerb und Regulierung bei Banken: Eine kritische Betrachtung im Hinblick auf finanzielle Stabilität“. Zur Feier des Tages ging er im Anschluss mit seiner Frau essen, die wie Labidi selbst promoviert.
Wenn man die Geschichte von Anton W. Amo hört, dann „ sieht man in ihm Inspiration und versucht ihm nachzueifern“, findet Yassine Labidi, Amo-Preisträger 2012.
Wenn man die Geschichte von Anton W. Amo hört, dann „ sieht man in ihm Inspiration und versucht ihm nachzueifern“, findet Yassine Labidi, Amo-Preisträger 2012. (Foto: Michael Deutsch)

Der Preisträger ist 29 Jahre alt und wurde in Rabat, der Hauptstadt Marokkos geboren. In einem Café erzählt der gläubige Muslime, wie er nach Deutschland gekommen ist: „Ich war positiv von den Erzählungen meines Cousins beeinflusst.“ Weil Labidi immer schon im Ausland studieren wollte, bewarb er sich für Universitäten in Deutschland und Frankreich. Die Zulassung aus Deutschland kam rechtzeitig, um ein Visum zu beantragen, Frankreich war zu spät dran. „Da wusste ich, das ist Schicksal, das ist ein Zeichen“.

In Deutschland angekommen, wiederholte Labidi am Landesstudienkolleg Sachsen-Anhalt sein Abitur. Dem zusätzlichen Jahr stand der Absolvent zunächst skeptisch gegenüber. „Rückblickend betrachtet war es eine gute Erfahrung. In der kleinen Gruppe internationaler Studierender waren die Hemmungen Fehler zu machen geringer.“ Wie viele andere Studierende in einem fremden Land hatte auch Labidi anfängliche Probleme. „Man war wenig selbstständig, hatte die Unterstützung der Familie nicht mehr, stand allein da und hat Fehler gemacht.“ Doch durch die Unterstützung der Dozenten wurde der Einstieg an der Uni erleichtert.

Amo-Preisträger Yassine Labidi beim Festakt in der Aula
Amo-Preisträger Yassine Labidi beim Festakt in der Aula (Foto: Michael Deutsch)

2005 schrieb sich Labidi an der MLU für Betriebswirtschaftslehre ein. Seit 2010 ist er Tutor am Wirtschaftswissenschaftlichen Bereich. Seinen Studenten rät er an sich zu glauben und zielstrebig zu sein. Aus eigener Erfahrung weiß der Preisträger, dass „ohne Einsatz keine Ergebnisse zu erzielen sind“. Der Stadt Halle und vor allem der Universität ist Labidi sehr dankbar. „Ich kam als junger Mann mit vielen Zweifeln, konnte Erfahrung sammeln und studieren. Hier bin ich zum Mann gereift.“

In seiner Freizeit, die oft nur auf das Wochenende fällt, spielt der junge Mann gern Fußball. Über diese Leidenschaft hat er auch gelernt Italienisch zu sprechen. „Die italienische Liga ist sehr berühmt. Ich schaute Sender, die die Spiele nur italienisch kommentierten, dabei habe ich viele Wörter gelernt“. Heute versucht der Marokkaner die Gewohnheiten und den Flair aus seiner Heimat aufrecht zu erhalten. Oft trifft er sich mit Freunden aus Marokko, dann kochen und diskutieren sie über verschiedene Themen aus den Bereichen Sport, Politik und Wirtschaft bis hin zur Religion. Während des Ramadans treffen sich die Freunde häufiger zum Fastenbrechen. Heute versucht Labidi seine Religion täglich näher zu kommen und besser zu praktizieren. „Mit dem Alter kommt die Reife, die Umsetzung wird leichter“.

„In der Anfangszeit hatte ich oft Heimweh und bin öfter nach Hause gefahren.“ Doch das Leben in der fremden Kultur wurde während des Studiums leichter. „Mir wurde bewusst, dass ich an der Universität bleiben wollte, auch wenn man als Student immer zweifelt, ob es gut ist, weiter zu machen“. Dank der guten Abschlussnote und vor allem der enormen Unterstützung seines Professors Jörg Laitenberger hat er sich dafür entschieden - trotz aller Zweifel!

Seit dem Februar 2012 promoviert Labidi am Lehrstuhl für Finanzierung und Banken der juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät zum Thema Banken und deren Regulierung. Das Interesse für dieses Thema entwickelte sich aufgrund der speziellen und prominenten Rolle der Banken in der Wirtschaft. Dann kam 2008 die Finanzkrise. So führte eins zum andern „bis die Begeisterung enorm wurde“. In seiner Forschungsarbeit führt Labidi die Fragestellung seiner Diplomarbeit weiter und untersucht die Ursachen, die zur Finanzkrise beigetragen haben. Eine Lösung für die aktuellen Probleme im Bankensektor möchte er nicht geben. „Ich forsche ja noch.“

Für den „Anton-Wilhelm-Amo-Preis“ würde sich Labidi immer wieder bewerben, auch ohne das Preisgeld. Wenn man die Geschichte von Amo, dem ersten Philosophen und Rechtswissenschaftler afrikanischer Herkunft in Deutschland hört, „dann sieht man in ihm Inspiration und versucht ihm nachzueifern“.

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