In memoriam Joachim Dietze
Joachim Dietze wurde 1965 mit gerade einmal 34 Jahren zum Direktor der ULB berufen und hielt dieses Amt 30 Jahre inne.
Er studierte Slawistik, Germanistik und Bibliothekswissenschaft in Leipzig und Berlin. Nach kurzen Stationen in Leipzig, in der Staatsbibliothek zu Berlin und in der thüringischen Landesbibliothek Weimar (heute Herzogin Anna Amalia Bibliothek) übernahm Joachim Dietze in Halle ein Bibliothekssystem, welches mehr als einhundert Standorte umfasste.
Neben seiner bibliothekarischen Arbeit war er immer auch wissenschaftlich aktiv. Er promovierte mit einer Arbeit über den Slawisten August Schleicher. Nach der Habilitation 1972 erfolgte drei Jahre später die Berufung zum außerordentlichen und 1986 zum ordentlichen Professor an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Die Nutzerschulungen, die er im Rahmen seiner Lehrtätigkeit durchführte, bildeten einen Baustein des Ausbaus der Bibliothek zur zentralen wissenschaftsunterstützenden Einrichtung der Universität. Die Vermittlung von Informationskompetenz für Studierende und Wissenschaftler etablierte Joachim Dietze als eine der Kernaufgaben einer wissenschaftlichen Bibliothek in Halle.
Die dritte Hochschulreform der DDR sollte 1965 beziehungsweise konsequent ab 1967/68 die Effektivität von Forschung und Ausbildung verbessern und diese enger an wirtschaftlichen Erfordernissen ausrichten. In der Folge wurden viele Bibliothekssysteme strukturell umgebaut und einer zentralen Leitung unterstellt. Für die ULB in Halle bedeutete dies eine konsequente Zentralisierung der Arbeitsabläufe, die Zusammenfassung von Kleinststandorten in größeren Bereichsbibliotheken und die Forcierung des Ausbaus der elektronischen Datenverarbeitung. Der Umbau des zersplitterten Bibliothekssystems unter Leitung von Joachim Dietze wurde begleitet durch zahlreiche weitere Maßnahmen. Dazu gehörten auch die umfangreiche Retrokatalogisierung und die Einrichtung eines Zentralkatalogs sowie der Aufbau eines Reproduktionssystems, um Literatur schneller für Lehre und Forschung bereitzustellen.
Landesbibliothekarische Aufgaben wie die Erstellung der Regionalbibliographie Sachsen-Anhalt und der Betrieb einer Restaurierungswerkstatt werden bis heute weitergeführt. Der Wunsch nach einem Magazinneubau wurde Prof. Dietze aber ebenso wenig erfüllt wie dem Direktor und den Direktorinnen nach ihm, so dass diese Aufgabe bis heute aktuell ist.
Prof. Dietze verstand es immer, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern und zu fordern. Er unterstützte konsequent regelmäßige Weiterbildungen, nutzte die Möglichkeiten der Technik und etablierte einen bibliographischen Literaturdienst, um über Neuzugänge unmittelbar zu informieren.
Ab 1990 war Joachim Dietze Vorsitzender des Bibliotheksverbandes der DDR und gestaltete als Mitglied der Bund-Länder-Arbeitsgruppe die gemeinsame Arbeit der wissenschaftlichen Bibliotheken in den alten und neuen Bundesländern mit.
Die ULB Sachsen-Anhalt verdankt ihrem dienstältesten Direktor lange Jahre der Stabilität auch in wechselvollen Zeiten und blickt mit Dank und Hochachtung vor seinen Leistungen zurück.
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