Klanginstallation "Cicadas" erklärt Phänomen der Evolution
Zikaden („Cicadas“) kommunizieren mit rhythmisch zirpenden Gesängen, die sie in vielen Facetten unermüdlich ertönen lassen. „Daher sind gerade sie bestens geeignet, biologische Abläufe zu demonstrieren“, sagt Dr. Frank Steinheimer, Leiter der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der MLU.
Originalaufnahme der Chremistica guamusangensis*
Die Installation „Cicadas“ des international bekannten argentinischen Klangkünstlers und Komponisten Edgardo Rudnitzky spielt Evolutionsabläufe in der Kommunikation von Singzikaden nach, erzeugt aber gleichzeitig – authentisch und der Mechanik von Zikaden folgend – eigenständige, modulare Tonerlebnisse und Interaktionen. Die jeweils mit einem winzigen Motor und Getriebe versehenen Zikaden „musizieren“ in fünf speziell angeordneten Holzkästen. Selbst auf die anwesenden Besucher reagieren die Kunstzikaden, indem Artengruppen zum Beispiel verstummen, wenn größere Besuchermengen lange im Raum verweilen. Oder sie ändern ihre Frequenz und Rhythmus, wenn sich die Klänge mit dem Gesang anderer Arten vermischen. Unvorhersehbare klangliche Interaktionen sind das Ergebnis.
Die Klänge der maschinellen Zikaden aus dem Ausstellungsraum. Je nachdem, wo sich der Gast befindet, reagieren die Kunstzikaden anders
Vor allem soll die Zufälligkeit von Prozessen der Evolution nachgespielt und damit veranschaulicht werden. „Diese abstrakte Kunstwelt ermöglicht einen leichteren Zugang als wilde ungezähmte Natur“, weiß Frank Steinheimer. „Man kann in der Ausstellung nicht nur Exponate sehen, sondern sie mit mehreren Sinnen begreifen. Das Thema Evolution wird gewissermaßen inszeniert.“ Das Bühnenbild des Berliner Bühnenbildners und Designers Oliver Proske rundet diese „Inszenierung“ ab. Die Abstraktion der Natur in einen Kunstkosmos wird durch die Raumgestaltung als in sich ruhender und diffus leuchtender Gesamtmantel von amorpher Gestalt betont. Die biologische Mitteilung prägt sich neben dem speziellen Raum- und Klangeffekt tief ein: alles ist wandelbar, ungerichtet und eben – evolutiv.
Nichts für schwache Ohren: Originalaufnahme der Tosena depicta*
Zu erleben ist die ungewöhnliche Ausstellung auf 48 Quadratmetern in einem Eckraum im Erdgeschoss des künftigen Naturkundemuseums am Friedemann-Bach-Platz. „Cicadas“ wird für vier Monate zu sehen und insbesondere zu hören sein. Die Bundeskulturstiftung fördert die Sonderausstellung maßgeblich. Begleitend zur Exposition werden das Konzept zum Museum und einige wenige Spitzenexponate aus den wissenschaftlichen Sammlungen gezeigt. Die Sonderausstellung läuft vom 22. Juni bis zum 30. Oktober 2012, dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt beträgt zwei Euro, ermäßigt ein Euro. Besucher der Stiftung Moritzburg erhalten 50 Prozent Reduktion. Es gibt einen 76-seitigen Katalog zur Ausstellung für 9,90 Euro.
Die Purana nebulilinea unterscheidet sich von ihren Artgenossen unter anderem durch die Tonhöhe*
„Cicadas“ soll einen Vorgeschmack auf künftige Museumsprojekte vermitteln, denn ab 2015 will die Universität zentrale Exponate ihrer international bedeutenden Naturkundesammlung dort dauerhaft multimedial präsentieren. Erstmals erläutern hier dann optische und haptische, olfaktorische und akustische Medien die Evolution.
*Alle Originalaufnahmen der Zikaden stammen aus dem Archiv von Akad. Prof. Dr. Matija Gogala, von der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste.
Kontakt: Dr. Frank Steinheimer
Zentralmagazin Naturwissenschaftliche Sammlungen
Telefon: 0345 55 21437
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