Klassik, Musical, Jazz: Der neue Allrounder an der Bigband-Spitze

03.05.2023 von Katrin Löwe in Personalia
Er hat ein Orchester gegründet, selbst Zirkusmusik geschrieben und war an Musicalproduktionen wie „Die fabelhafte Welt der Amélie“ und „Fack ju Göthe“ beteiligt. Vor gut drei Jahren hat es ihn nach Halle verschlagen: Hier übernimmt Michael Lieb nun die Leitung der Uni-Bigband von Hartmut Reszel. Staffelstabübergabe ist beim Jubiläumskonzert des Ensembles am 14. Mai.
Michael Lieb übernimmt die alleinige Leitung der Uni-Bigband
Michael Lieb übernimmt die alleinige Leitung der Uni-Bigband (Foto: Maren Ullrich)

Halle, sagt Michael Lieb, hat es ihm sofort angetan. Die Saale und die Peißnitz-Insel, diverse Cafés, in denen er sich als Hobby-Barista gern niederlässt. Und natürlich: die Musik! „Gerade für die Jazzmusik ist Halle eine prädestinierte Stadt mit diesem einzigartigen Festival ,Women in Jazz‘“, sagt er. Seit dem Wintersemester 2019/2020 ist der aus dem Raum Stuttgart stammende Musiker an der MLU, hat zuletzt schon gemeinsam mit Hartmut Reszel die Uni-Bigband geleitet. Ab Mitte Mai wird er sie alleine führen. In Halle, schwärmt Lieb, könne er einfach beides an einem Ort verbinden: ein Ensemble zu leiten und zu unterrichten. Es ist noch nicht allzu lange her, dass er dafür ein straffes Programm absolvieren musste, als er für die Musicalproduktion „Fack ju Göthe“ in München gearbeitet hat und gleichzeitig einen Lehrauftrag an der Musikhochschule Mainz hatte. „Da habe ich Sonntagabend in München eine Vorstellung dirigiert, bin mit dem Nachtzug nach Mainz gefahren und habe dort den ganzen Tag unterrichtet. Abends ging es nach Stuttgart und am Tag darauf wieder nach München zur Vorstellung.“ Nachtzüge dürften nun weitgehend Geschichte sein: Lieb arbeitet mittlerweile nicht nur in Halle, er wohnt auch hier.

Seine eigene Musikkarriere begann noch ganz klassisch, in jeglicher Hinsicht: mit Klavierunterricht, den er seit dem sechsten Lebensjahr erhielt. Das Klavier seiner Oma, das das anfangs geliehene Mini-Keyboard mit wenigen Oktaven und ein E-Piano ablöste, steht heute noch in seiner Wohnung.  „Erst in den letzten Jahren vor dem Abitur habe ich mich für Jazz interessiert“, sagt er. In Stuttgart hat Lieb nach dem Abi Musik auf das Lehramt studiert, anschließend noch Jazz und Popularmusik. Sein  Klavierprofessor sei sehr offen für verschiedene Musikgenre gewesen, sagt der 33-Jährige. So habe er sich neben Bach oder Brahms bald auch mit Musicals oder Tango befasst, zum Beispiel einen Meisterkurs bei einem der großen Tangopianisten, Adrián Enríquez, aus Argentinien belegt. „Da ist die Musik schon sehr farbenreich – wie im Jazz.“ Überhaupt habe ihn Musik aus der ganzen Welt interessiert, ein Grund, aus dem er 2015 in Stuttgart schließlich das Metropolorchester gegründet habe, das den Klang verschiedener Kulturen verbinde. „Das waren intensive Momente: Zum ersten Mal habe ich eine Musik dirigiert, die nicht klassisch war.“

In den folgenden Jahren war das Spektrum seiner musikalischen Arbeit breit gefächert: Er ist als Pianist aufgetreten, aber vor allem als musikalischer Leiter. Lieb war musikalischer Leiter von Zirkus-Nightshows sowie der Abschlussshow der Berliner Zirkusakademie. Für Produktionen wie diese als auch für verschiedene Theaterstücke am Württembergischen Staatstheater Stuttgart, dem Badischen Staatstheater Karlsruhe, dem Theater Pforzheim sowie im Vinzenz München komponierte und arrangierte er Musik, studierte diese mit den Ensembles ein. In München hat er neben dem Musical „Fack ju Göthe“ auch „Die fabelhafte Welt der Amélie“ oder „Der Schuh des Manitu“ dirigiert. Er unterrichte gerne, sagt Lieb. Ihm sei aber auch wichtig, dies nicht als „passiver“ Musiker zu tun, sondern sich in Produktionen wie den genannten weiterzuentwickeln und „am Puls der Zeit zu bleiben“. An der Uni-Bigband reize ihn, dass sie zum einen aus Musikstudierenden bestehe, sich aber auch der gesamten Uni öffne, Angestellten, Professorinnen und Professoren, Studierenden unterschiedlichster Fakultäten. „Das macht es spannend, man hat einen guten Querschnitt von Menschen.“

Der nächste Höhepunkt nach der Staffelstabübergabe auf dem Jubiläumskonzert wird noch ein gemeinsam mit Hartmut Reszel organisierter sein: Im September fliegt das Ensemble in das Mutterland des Jazz, die USA. Es sind große Fußstapfen, in die Michael Lieb da tritt. 30 Jahre hat Hartmut Reszel die Bigband geleitet. Dafür, so sein Nachfolger, gebühre ihm enormer Respekt. Er freue sich nun aber auch darauf, eigene Projekte umzusetzen. „Jeder Bandleader hat seine eigenen Schwerpunkte.“ So wolle er zum Beispiel Konzerte mit bestimmtem Fokus arrangieren, mal mit Bezug auf Modern Jazz, mal auf Funk und Soul. Gleichzeitig wolle er das Blickfeld weiten: Ein Beispiel sei das Stück der eher im Techno-Bereich angesiedelten Marching Brass Band „Meute“, das jetzt für das Jubiläumskonzert arrangiert wurde. Auch das weitere Zusammenspiel mit großen Solistinnen und Solisten sei ihm wichtig, so Lieb. Dass am 14. Mai die Gewinnerin des Deutschen Jazzpreises 2022 Fola Dada mit der Bigband gemeinsam konzertiere, freue ihn total.

Das Jubiläumskonzert

Unter dem Titel „30 Jahre Uni-Bigband Halle feat. die Lenas und Fola Dada“ steht das große Jubiläumskonzert, das gleichzeitig das Abschlusskonzert des Festivals „Women in Jazz“ in Halle ist. Es findet am 14. Mai 2023 ab 17 Uhr in der Händel-Halle statt. Das Konzert ist zum einen ein Rückblick auf das musikalische Schaffen der Band und die Zusammenarbeit mit Jazzlegenden. Zum anderen werden im zweiten Teil gemeinsam mit den Gästen Fola Dada und dem Jazzvokaltrio 3 Lenas Bigband-Bearbeitungen des African Songbooks präsentiert. Karten sind an den bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

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