Neue Gipsabgüsse für die Universität und ein Blick nach Mexiko-Stadt
Wie kommt es, dass die Abgüsse der Laokoon-Gruppe und des Apollon im Foyer des IZEA zu sehen sind?
Stephan Faust: Das kam durch die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Elisabeth Décultot, der Direktorin des IZEA und Inhaberin des Lehrstuhls für Neuzeitliche Schriftkultur und europäischen Wissenstransfer, zustande. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Zeitalter der Aufklärung und des Klassizismus und insbesondere mit Johann Joachim Winckelmann, den wir als Begründer der Klassischen Archäologie ansehen. Als sich die Möglichkeit bot, einen neuen Abguss der Laokoon-Gruppe zu erwerben, haben wir das gemeinsam mit Prof. Dr. Wiebke Windorf, Professorin für Kunstgeschichte der Neuzeit, gemacht. Zusätzlich haben wir einen historischen Abguss des Apollon vom Belvedere aus dem 19. Jahrhundert, der sich in unserer Sammlung befindet, restaurieren lassen. Die beiden Originale zählen zu den herausragenden Beispielen antiker Bildhauerkunst. Ihre Kopien werden jetzt im Foyer des IZEA präsentiert und sollen als Anschauungs- und Lehrmaterial eingesetzt werden. Darüber hinaus werden sie im Zentrum interdisziplinärer wissenschaftlicher Forschungen stehen.
Die offizielle Einweihung der Abgüsse ist in den Workshop „Der Laokoon in Halle (Saale) und Mexiko-Stadt“ eingebettet. Womit beschäftigt sich die Veranstaltung?
Im Grunde sind es zwei Projekte, die wir an den beiden Workshoptagen zusammenführen wollen. Zum einen würdigen wir die Aufstellung der Abgüsse, deren Bedeutung wir am ersten Tag im Hinblick auf die Antike und die Neuzeit sowie auf die Rezeption durch Künstler und Literaten seit der Renaissance beleuchten. Zum anderen haben wir gemeinsam mit Dr. Vicente Flores Militello (Universität Gent) und Eder Arreola (UNAM, Mexiko-Stadt) ein Projekt entwickelt, bei dem es um die älteste Sammlung von Gipsabgüssen in Amerika geht. Die befindet sich nicht, wie man denken könnte, in den USA, sondern in Mexiko-Stadt. Sie wurde schon in den 1780er Jahren, also in der spanischen Kolonialzeit, nach dem Vorbild europäischer Kunstakademien auf königlichen Beschluss hin eingerichtet: die Academia de San Carlos. Um diese Akademie mit Zeichenmodellen auszustatten, hat man mit einem Segelschiff Dutzende Gipsabgüsse von Europa nach Mexiko verschifft – darunter auch den Laokoon. Am zweiten Tag des Workshops wollen wir deshalb ausgehend von Mitteldeutschland in die Welt und nach speziell Mexiko blicken, um die kulturgeschichtliche Bedeutsamkeit von Gipsabgüssen in der Alten wie in der Neuen Welt herauszuarbeiten.
Apropos Mexiko: Passend zum Thema haben Sie auch eine neue Online-Ausstellung entwickelt. Worum wird es dort gehen?
Meine mexikanischen Kooperationspartner und ich betrachten die Geschichte der Academia de San Carlos, die Akteure der Gründungszeit und die zugrundeliegende Kulturpolitik der spanischen Kolonialherren. Außerdem wird es um die Rolle der Abgüsse in der künstlerischen Ausbildung gehen und die Zeichnungen, die nach dem Vorbild der Gipskopien entstanden sind. Das Konzept und die Seiten werde ich beim Workshop vorstellen. Im Frühjahr soll die Ausstellung dann auch online für alle Interessierte abrufbar sein.
Der Workshop „Der Laokoon in Halle (Saale) und in Mexiko-Stadt“ bildet den wissenschaftlichen Rahmen für die Vorstellung zweier Kooperationsprojekte und findet am Mittwoch, 5. Februar, und Donnerstag, 6. Februar, im IZEA statt. Eingeladen sind alle Interessierten. Das vollständige Programm kann hier abgerufen werden.