„Löw sollte Marius mitnehmen“
Wie fühlt man sich als Fußball-Europameister?
Michael Schmidt: Den Titel zu holen, ist der absolute Wahnsinn. Ein unbeschreibliches Gefühl, weil wir als Underdog in das Turnier gestartet sind und uns unglaublich gesteigert haben.
Wenn ich jetzt daran zurück denke, hab ich sofort wieder ein Lächeln auf den Lippen. Es war einfach eine traumhafte Woche.
Marius Kansy: Ein tolles Gefühl, wenn man sich überlegt, dass das noch keine deutsche Uni-Mannschaft vorher geschafft hat. Ich kann jetzt erzählen: Ich bin Europameister. Das soll erst mal einer nachmachen.
Im Juni steht die UEFA-Europameisterschaft an. Gibt es aus ihrer Sicht Parallelen?
Schmidt: Absolut. Der Turnier-Charakter ist der gleiche. Wir haben das Lager gemeinsam bezogen und konnten mit den anderen Mannschaften in Kontakt treten, sind als Team mit dem Bus zum Training gefahren. Das war alles neu für uns. Sehr professionell organisiert.
Was trauen sie der Fußballnationalmannschaft in diesem Jahr in Polen zu?
Schmidt: Alles und Nichts. So wie sich die Nationalmannschaft in der Qualifikation präsentiert hat, ist sie der absolute Favorit. Aber in den letzten Spielen hat man gesehen: Wenn es in der Mannschaft aus irgendwelchen Gründen nicht stimmt, dann können auch Spiele verloren gehen, von denen man das nicht gedacht hätte. Wenn sich Deutschland jedoch wieder als die Turniermannschaft präsentiert, die sie stets war, dann gewinnen die Jungs das Ding.
Wer könnte für Deutschland der Matchwinner werden?
Schmidt: Da müsste ich lange überlegen, aber genau das ist unsere große Stärke. Alle sind in der Lage das entscheidende Tor zu machen. Die Unberechenbarkeit ist unsere Stärke.
Für die Unimannschaft haben Sie, Herr Schmidt, im Finale gegen Frankreich beide Tore erzielt. Eines davon war ein spektakulärer Fernschuss.
Kansy: Ein typischer Schmidter. Danach hat er sagt: Den hab ich gesehen, den wollte ich machen.
Schmidt: Klar, in diesem Moment geht man volles Risiko. Schickt noch alles Gute hinterher und hofft. Solch eine Situation bietet sich nicht so oft.
Bis zum Finale mussten Sie stets ins Elfmeterschießen. Dabei waren meist Sie der Garant für den Sieg, Herr Kansy. Sie haben sich einen Namen als Elfmetertöter gemacht, im Viertelfinale gegen die Türkei zum Beispiel vier von sechs Bällen gehalten. Kann man das vorher trainieren?
Kansy: Den Elfmeterschuss auf jeden Fall, die Situation als Torwart nicht. Im Training hat man nicht das Ausscheiden der Mannschaft im Hinterkopf. Es sind keine Zuschauer da. Der Druck ist nicht gegeben. Im Spiel selbst ist dann auch immer ein bisschen Glück mit dabei. Wenn man einen guten Stand hat, dann hat man auch in der Situation des Elfmeterschießens ein gutes Gefühl und das Quäntchen Glück, was man sich vorher erarbeitet hat.
Haben Sie ein Vorbild?
Kansy: Wie man gerne spielen würde, ist glaube ich klar: Manuel Neuer ist die beste Torwartadresse, die man in Deutschland hat. Alleine von der Schnelligkeit und der Strafraumbeherrschung her ist es einfach nur der Wahnsinn. Auch wenn er in den letzten Partien nicht so überzeugend war: Die Abgeklärtheit bei hohen Bällen und die schnelle Spielfortsetzungen ist erstrebenswert.
Schmidt: Momentan haben wir die beste Offensivabteilung in Europa. Gerade das, was Mesut Özil im Moment macht, ist Wahnsinn. Und Bastian Schweinsteiger schaltet grandios von Defensive auf Offensive um. Da kann sich jeder Fußballer was abschauen.
Haben sie noch einen Europameistertipp für Joachim Löw?
Schmidt: Ich würde ihm raten, Marius mitzunehmen als dritten Torhüter. Falls ein Elfmeterschießen ansteht, gewinnt man das mit ihm garantiert. Das ist eine sichere Sache. Das ist mein goldener Tipp.