Luther goes Social Media: Studierende gestalten Ausstellung

21.06.2023 von Katrin Löwe in Campus, Studium und Lehre, Varia
„Luther in Love. Oder: Was wirklich im Jahr 1523 geschah“ ist der Titel einer Vitrinen-Ausstellung, die Studierende der germanistischen Mediävistik gemeinsam mit Dr. Julia Knödler, Leiterin der Historischen Sammlungen der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (ULB), und Prof. Dr. Simone Schultz-Balluff gestaltet haben. Im Interview mit „campus halensis“ erklären die beiden Kuratorinnen die Hintergründe und warum bei dem Thema auch Social Media eine Rolle spielt.
So hätte Luthers Instagram-Account ausgesehen
So hätte Luthers Instagram-Account ausgesehen (Foto: Alex Lepp)

Sie haben gemeinsam aus Anlass des 500. Jubiläums der Bibelübersetzung schon im Wintersemester 2022/2023 eine Reihe unter dem Titel „Ein Luther-Winter“ angeboten, die sich mit Schriftstücken rund um Luther beschäftigt hat. Ist die Ausstellung ein Ergebnis davon?
Simone Schultz-Balluff: Tatsächlich ist das Projekt im Luther-Winter entstanden. Wir haben uns ja damals in die ULB begeben und geschaut, was sie in Sachen Luther anzubieten hat. Dabei sind wir auf eine interessante Flugschrift aus dem Jahr 1523 gestoßen, in der Luther klarmacht, warum Nonnen unbedingt das Kloster verlassen sollen. Sie waren aus seiner Sicht nicht dazu geschaffen, im Kloster zu sein, sondern sollten Kinder bekommen. Er hatte auch ein konkretes Kloster im Visier, aber ich will nicht zu viel verraten.

Julia Knödler: Der Druck stammt aus der Wittenberger Sammlung des Geheimen Kriegsrats Johann August von Ponickau, die 1817 im Zuge der Vereinigung der Universitäten Wittenberg und Halle in die hallesche Universitätsbibliothek kam. Die Idee, sich damit zu beschäftigen, kam von Frau Schultz-Balluff, weil es im Seminar um die Gattung Flugschrift gehen sollte, um die Sprache und darum, was in diesem frühen Druckzeitalter passiert, wie etwa Drucke vervielfältigt werden.
Schultz-Balluff: Vor allem ist Luthers Aufruf an Jungfrauen, die Kloster zu verlassen, zu der Zeit ein Reißer gewesen – und die Studierenden sind darauf angesprungen. Flugschriften sind ansonsten keine Textsorte, die jeden sofort begeistert.

Ein Untertitel auf dem Flyer zur Ausstellung lautet „Social Media meets Schaukasten“. Gegensätzlicher geht es kaum, auf der einen Seite die digitale Welt, auf der anderen der Schaukasten, der vermeintlich schon ausgedient hat…
Schultz-Balluff: Tatsächlich hat uns dieser Spagat in der gesamten Beschäftigung mit dem Thema begleitet. Wir haben ja zunächst mit der Originalschrift gearbeitet, den Text abgeschrieben, ihn übersetzt und verstanden – also reine Grundlagenarbeit. Dann hat Julia Knödler die fünf Schaukästen im Verwaltungsgebäude der ULB ins Spiel gebracht, an denen man irgendwie immer steht und liest, sobald man noch ein paar Minuten Wartezeit hat. Die erste Reaktion der Studierenden war: „Oh Gott, was sollen wir damit tun?“ Dann kam aber die Kreativität. Und die Ideen dazu, wie man im digitalen Zeitalter mit einem Medium wie dem Schaukasten arbeitet.

Knödler: Vorher waren eine kurze Ausstellung zu unserem Kartendigitalisierungsprojekt und eine weitere zur Bodenreform und Restitution dort zu sehen. Wir versuchen, in den Vitrinen zwei- bis dreimal im Jahr etwas Neues zu zeigen. Das sieht nach wenig Arbeit aus, aber kostet richtig Zeit. Man braucht leicht verständliche Texte, die einen bestimmten Aufbau haben – das Feilen daran ist alles andere als banal, auch für die Studierenden. Eine Ausstellung in dieser Form, mit diesem Thema ist  für uns neu, ich bin gespannt auf die Reaktionen zur Langen Nacht der Wissenschaften
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Wer ist auf die Idee gekommen, Luther und seine Frau Katharina von Bora mit Social Media in Verbindung zu bringen?
Schultz-Balluff: Die Studierenden selbst. Sie formulierten ein paar provokante Fragen, die man vielleicht so nicht gestellt hätte: wie ein WhatsApp-Chat zwischen Martin und Katharina verlaufen wäre, wie die Instagram-Profile der beiden ausgesehen hätten oder ob Martin seine Katharina heimlich in Las Vegas geheiratet hätte. Eine Studierende hat Collagen dazu angefertigt. Dahinter stand der Gedanke, wie man das Thema aus der historischen Distanz hebt. Die Inhalte der Vitrinen selbst befassen sich aber nicht nur mit Social Media: Ein Studierender ist zum Beispiel stark in den Originaltext der Flugschrift eingestiegen, eine Studentin hat sich mit ihrer damaligen Verbreitung befasst.

Erst die Veranstaltungsreihe Luther-Winter, dann die Ausstellung Luther in Love – wird es eine weitere Fortsetzung geben?
Schultz-Balluff: Die Handschriftenabteilung der ULB hat noch eine Menge mehr zu bieten, nicht nur zu Luther. Es gibt zum Beispiel unglaublich viele Rechtstexte – damit liebäugeln wir ein bisschen. In einem relativ freien Raum mit historischem Material zu arbeiten, ist etwas, was Studierende sonst nicht so häufig haben.

Zur Ausstellung:

Die Ausstellung wurde von den Studierenden der germanistischen Mediävistik Angelique Gabriel, Tabea Gibbert, Florian Gieseler und Alex Lepp gemeinsam mit Dr. Julia Knödler (ULB Sachsen-Anhalt) und Prof. Dr. Simone Schultz-Balluff (Lehrstuhl für Geschichte der deutschen Sprache und älteren deutschen Literatur) entwickelt und umgesetzt. Sie ist bereits eröffnet und noch bis zum Herbst im Verwaltungsgebäude der ULB in der August-Bebel-Straße 13 während dessen Öffnungszeiten zu sehen. Präsentiert wird sie auch zur Langen Nacht der Wissenschaften am 7. Juli.

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ULBGermanistik

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