Nachhaltigkeit: Umweltsoziologe setzt neue Impulse für die Forschung
Wenn über Forschung berichtet wird, stehen meist große Fördersummen oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Vordergrund. Dabei ist es bis zu einem konkreten Ergebnis oder Forschungsprojekt oft ein langer Weg. Im Vorfeld finden umfangreiche Recherchen und zahlreiche Gespräche mit Kollegen statt, um das geplante Forschungsthema zu umreißen.
In dieser Phase befindet sich Dr. Jens Jetzkowitz vom Institut für Soziologie an der Universität Halle – gewissermaßen. Das Deutsche Komitee für Nachhaltigkeitsforschung (DKN) hat ihm die Einrichtung einer Arbeitsgruppeninitiative genehmigt. Dabei handelt es sich um eine Art Förderung für Fachgespräche unter Kollegen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert werden.
Im Rahmen der Arbeitsgruppe kann Jetzkowitz Wissenschaftler aus dem In- und Ausland zu Gesprächen und Workshops nach Deutschland einladen. Das Ziel: im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung neue Themen und Forschungsfragen erschließen. „Wir beschäftigen uns grob gesagt mit der Frage: Wie könnte man was erforschen“, erläutert Jetzkowitz. Um das Thema möglichst breit anzugehen, arbeiten in der Gruppe Biologen, Soziologen, Philosophen und Geografen zusammen.
Die Frage, mit der sich seine Gruppe in der nächsten Zeit befassen wird, lautet: „Wie muss das Gesellschaftliche in Projekten zur Nachhaltigkeit berücksichtigt werden?“ Hintergrund dafür sei die Erfahrung vieler Biologen und Ökologen, dass es eine gewisse Unzufriedenheit im Nachhaltigkeitsdiskurs gibt. „Häufig werden in der Diskussion um Nachhaltigkeit Naturverhältnisse bilanziert. Es wird also gefragt, was etwas kostet und was es bringt.“ Dies könne aber nicht alles sein, so Jetzkowitz, denn dabei würde das Gesellschaftliche unangemessen verkürzt. Am Beispiel der häufig geforderten Reduktion des Fleischkonsums will seine Gruppe darüber diskutieren, was neben dem Preis für Fleisch noch in entsprechenden Modellen für nachhaltiges Verhalten berücksichtigt werden muss.
Neben solchen Arbeitsgruppeninitiativen werden von der DFG zum Beispiel auch wissenschaftliche Netzwerke gefördert, in denen Workshops und Arbeitstreffen gestärkt werden. Hier sollen im Anschluss an die Förderung gemeinsame Forschungsprojekte oder zum Beispiel Publikationen entstehen. Anders ist die Aufgabe der Arbeitsgruppen des DKN, wie Jetzkowitz berichtet. So könnte zum Beispiel die Grundlage für eine neue Ausschreibung entwickelt werden. „Wenn das Bundesministerium für Wissenschaft eine neue Ausschreibung zur Nachhaltigkeitsforschung plant, können wir hier beratend tätig werden“, erklärt der Wissenschaftler, der sich seit über 15 Jahren aus soziologischer Sicht mit den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit beschäftigt.
So liefern Jetzkowitz und seine Kollegen vor allem die Ideen und Ansätze für mögliche neue Forschungsprojekte. Dabei ist aber nicht sichergestellt, dass er selbst oder Teile seiner Arbeitsgruppe später einmal eine Förderung für ihre Ideen erhalten. Das nimmt der Soziologe gelassen: „Wer im deutschen Wissenschaftssystem arbeitet, Karriere machen möchte und Forschung voranbringen will, lässt sich auf zutiefst kontingente Prozesse ein.“ Soll heißen: Es kommt, wie es kommt.