Preisgekrönte juristische Analyse zu E-Books
Die Buchkultur hat das Urheberrecht geprägt, der Buchdruck dessen Entwicklung immer wieder befeuert. Das heutige Urheberrechtsgesetz, sagt Dr. Hannes Henke, behandelt das Buch als privilegiertes Kulturgut. Was aber ist mit dessen moderner Form, dem E-Book? Wird ihm auch ein besonderes öffentliches Interesse bescheinigt? Um es vorwegzunehmen: „Nicht bei allen Regelungen“, sagt der Jurist. Bibliotheken etwa dürfen gedruckte Bücher, die sie gekauft haben, auch verleihen – ohne Rücksprache mit Verlagen oder Urhebern. Bei elektronischen Büchern indes muss das Recht zum Verleih bei Verlagen zusätzlich gekauft werden. Zweites Beispiel: Während E-Books zu privaten Zwecken kopiert werden dürfen, solange technische Schutzmaßnahmen dies nicht verhindern, ist die Privatkopie eines gesamten gedruckten Buches untersagt. Mit Fragen wie diesen hat sich Henke in seiner Dissertation ausgiebig befasst – und für sein 225 Seiten langes Werk nicht nur im Februar den Heinrich Hubmann Preis der Verwertungsgesellschaft Wort, sondern am Freitag auch den Dorothea-Erxleben-Preis der Universität erhalten.
Mit dem speziellen Rechtsgebiet hatte Hannes Henke schon zu tun, da war an einen Jura-Abschluss noch nicht zu denken. Der ursprünglich aus Bernburg stammende Wissenschaftler hat schon seit der Kindheit ein Faible für Musik, spielt zum Beispiel Kontrabass in Jazzcombos. „Da kommt man immer wieder mit dem Urheberrecht in Kontakt“, sagt er – etwa, wenn man öffentlich Werke anderer Künstler aufführen will. In seinem Jura-Studium an der MLU hatte der heute 28-Jährige später zwar den Schwerpunktbereich „Staat, Kirche, Kultur“ gewählt, ab dem dritten Semester aber gezielt auch Seminare und Vorlesungen zum geistigen Eigentum besucht. Dieser Bereich stand im Zentrum seines Zusatzstudiums im Wirtschaftsrecht. „Die Staatsexamens-Arbeit war eine Schnittmenge aus beiden Bereichen“, sagt Henke – es ging um die Rechte am Bibeltext. 2015 hat der Wahl-Hallenser dafür den Anton-Wilhelm-Amo-Preis der Uni erhalten. In der Arbeit war auch die Frage der digitalen Verwertung des Bibeltextes enthalten – der Weg zum Dissertationsthema war also nicht so weit.
Vorschläge für Änderungen
Henke plädiert nicht dafür, gedrucktes Buch und E-Book zu 100 Prozent gleichzusetzen. Einige Änderungsvorschläge zur aktuellen Rechtslage hat er in seiner Arbeit aber doch. Im Buchverleih findet er eine Unterscheidung nicht mehr sinnvoll. Anpassungen schlägt er zudem nicht nur für den Umgang mit so genannten „verwaisten“ Werken vor, bei denen sich kein Rechteinhaber mehr bestimmen lässt, sondern zum Beispiel auch beim Recht der Nutzung von Büchern für Lehr- und Forschungszwecke. Für Letztere dürfen nur kleine Teile genutzt werden, erklärt Henke – von einem Buch etwa 20 Seiten. Bei zunehmend multimedial gestalteten E-Books seien solche Abspaltungen aber technisch nicht möglich. „Dadurch kann man ausgerechnet die E-Books, die für die Lehre besonders geeignet sind, nicht nutzen.“
Seit März 2018 ist Henke als Referendar tätig, nach Stationen bei Gericht oder Staatsanwaltschaft aktuell in einer Leipziger Anwaltskanzlei, die sich auf Wirtschaftsrecht spezialisiert hat. Nach dem Abschluss des Referendariats würde er gern in die Wissenschaft zurückkehren. „Das Arbeiten an frei gewählten Themen finde ich reizvoll“, sagt er – zudem habe ihm die Lehre Freude bereitet.
Neues Konzept und weitere Preisträger
Neben Henke erhielt auch die Naturwissenschaftlerin Jeanette Köppe einen mit 1.000 Euro dotierten Dorothea-Erxleben-Preis. Ausgezeichnet wurde die Physikerin für ihre Dissertation „Derivation and Application of Quantum Hamilton Equations of Motion“. Den diesjährigen Christian-Wolff-Preis, dotiert mit 1.500 Euro, erhielt PD Dr. Benjamin Ziemer für seine Habilitation zum Thema „Grenzen des Wachstumsmodells. Prolegomena zu einer Geschichte der Hebräischen Bibel“. Mit dem Anton-Wilhelm-Amo-Preis wurde Amibeth Thompson für ihre Masterarbeit mit dem Titel „Exotic plant species receive adequate pollinator service despite variable integration into plant-pollinator networks“.
Zuvor wurden in der Aula des Löwengebäudes die Promotions- und Habilitationsurkunden übergeben. 18 Promovenden, die mit der Bestnote „summa cum laude“ abgeschlossen haben, erhielten zudem die Luther-Urkunde der MLU. Im Sommersemester 2018 und im Wintersemester 2018/2019 hat es insgesamt 344 Promotionen und elf Habilitationen an der Universität gegeben, sagte Rektor Prof. Dr. Christian Tietje. „Das ist eine beachtliche Zahl, eine tolle Zahl.“
Die Festveranstaltung fand erstmals mit einem neuen Konzept statt: Aus zwei kleineren Veranstaltungen wurde eine große, im Anschluss spielten die Universitäts-Ensembles gemeinsam beim Großen Frühjahrskonzert in der Händelhalle. Am Samstag stand schließlich das große Alumni-Treffen an – mehr als 100 Alumni und Emeriti der MLU kamen zum Get Together oder nutzten das Angebot von Führungen durch den Botanischen Garten, die Abteilungen für Musik und über den Steintor-Campus.