Konsequent engagiert: Wechsel in der Schwerbehindertenvertretung
Strukturdebatte, Finanz- und Personalausstattung, Sparkurs: Stichworte, die für Dr. Monika Lücke in mehrfacher Hinsicht eine Bedeutung haben. Eine aktuelle, aber auch eine sehr persönliche, wenn man auf die vergangenen 20 Jahre an der MLU zurückblickt. Kurz nach dem Jahrtausendwechsel war Monika Lücke eine von 50 Schwerbehinderten, die im Rahmen einer Neustrukturierung Kündigungsandrohungen erhalten hatten. „Keiner davon ist am Ende entlassen worden“, erinnert sie sich – die damalige Schwerbehindertenvertretung sei bereits sehr engagiert gewesen. Sie selbst wurde damals von ihr begleitet und begann, sich in dem Gremium zu engagieren. 2002 ist sie zu dessen Stellvertreterin gewählt worden, seit 2010 ist Lücke Schwerbehinderten-Vertrauensfrau. In unzähligen Fortbildungen und Personalratsklausuren sowie durch die Lektüre von Zeitschriften und Gesetzeskommentaren hat sie sich das dafür notwendige Wissen geholt.
Am 31. Januar ist nun ihr letzter Arbeitstag. Nach exakt 43 Jahren und fünf Monaten Tätigkeit an der Universität geht die Historikerin, bis zuletzt auch am Institut für Geschichte tätig, in den Ruhestand. Sie wird sich vielleicht nicht komplett herausnehmen. Ihre Arbeit in der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt geht weiter, das Projekt für eine Ausstellung zum Bauernkriegsjubiläum ebenso. Aber sie freut sich auch auf mehr Zeit mit den Enkelkindern oder für ihr großes Hobby, den Garten. „Und auf Archivbesuche, für die ich keinen Dienstreiseantrag stellen muss.“
Wenn Monika Lücke zurückblickt, dann natürlich auf die Beratung und Unterstützung von Schwerbehinderten im Arbeitsalltag. Aber auch auf einen ihrer Aufgabenbereiche, den sie früh übernommen hatte: die Begleitung von Bauarbeiten in puncto Barrierefreiheit. Ihr größtes Projekt war der Bau des Steintor-Campus. Damals hat es einige harte Debatten gegeben, bis hin zum Baustopp wegen Problemen bei der Treppen- und Flurgestaltung. „Man muss Dinge mit Konsequenz verfolgen“, sagt Lücke. Hartnäckigkeit, die werde ihr durchaus auch nachgesagt. Aber auch Kompromisse und kreative Lösungen sind aus ihrer Sicht notwendig – das sei zum Beispiel bei der Außenanlage des Steintor-Campus sehr gut gelungen, weil das Gefälle im Gelände auch ohne Treppen überwunden werden konnte. Zahlreiche weitere Projekte hat Lücke ebenfalls betreut: den Neubau des Proteinzentrums, die Sanierung der Zahnklinik und der Gebäude für Pharmazie und Chemie sowie die Planung des neuen Sportzentrums. „Ich denke nach wie vor, dass es ganz wichtig ist, dass jemand aus Sicht der Schwerbehinderten auf Bauprojekte schaut“, sagt Lücke. Das ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, dass es selbstverständlich ist, habe aber dennoch erkämpft werden müssen. Auch bei der Beteiligung an Vorstellungsgesprächen seien an der Universität inzwischen Standards gesetzt, die es nicht überall gebe.
Und auch wenn sich Lücke oft wünscht, es würde zuerst überlegt, was geht – und nicht, was alles nicht geht: „Wir haben an vielen Stellen etwas erreicht“, bilanziert die Vertrauensfrau, auch dank der Unterstützung von Partnern wie dem Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Integrationsamtes der Landesverwaltung und des Integrationsfachdienstes. Und sie freut sich nicht zuletzt, dass es immer wieder Menschen gibt, die sich für die Rechte Betroffener einsetzen: Allein sieben Stellvertreterinnen und Stellvertreter konnten Ende 2022 für die Schwerbehindertenvertretung der Universität gewählt werden.
Die Wahl-Hallenserin sagt aber auch, dass aus ihrer Sicht längst noch nicht alles erreicht sei. Zwar sei 2022 eine neue Inklusionsvereinbarung unterzeichnet worden. Bisher sei die Vereinbarung aber ein Papiertiger, kritisiert Lücke. „Sie muss endlich mit Leben gefüllt werden.“ Noch fehlten etwa die angekündigten Aktionspläne, es werde immer noch ein Koordinator für das betriebliche Eingliederungsmanagement in Bezug auf länger Erkrankte benötigt, das Amt der oder des Behindertenbeauftragten des Senats sei seit Mai 2022 unbesetzt.
Umso zufriedener ist Monika Lücke, dass ihr Amt nahtlos weitergeführt wird, noch dazu mit einer Frau, die bereits eingearbeitet ist. Ab dem 1. Februar übernimmt Skadi Kalbitz die Geschäfte. Die 41-jährige Juristin hat nach ihrem Studium an der MLU ab 2012 in der Abteilung „Forschung, Transfer und Drittmittelservice“ der Universitätsverwaltung gearbeitet. „Die Schwerbehindertenvertretung war mir kein Begriff“, sagt sie – bis ihr selbst durch eine Krebserkrankung bewusst geworden sei, dass sie Hilfe brauche. Ihr habe es Kraft gegeben, dass da jemand war, der sagt: Du bist nicht allein. Skadi Kalbitz hat sich 2022 schließlich selbst zur Wahl gestellt und wurde Stellvertreterin. „Allein kann man für sich nicht kämpfen, aber für andere schon“, sagt sie. Seit Februar 2023 hat sich die Juristin an der Seite von Monika Lücke eingearbeitet – eine echte Herausforderung, wie sie sagt, weil sehr viele Rechtsgebiete eine Rolle spielen, Baurecht, Sozialrecht, Schwerbehindertenrecht. Und weil die Bandbreite sich vom großen Ganzen wie dem Hochschulentwicklungsplan bis zu sehr konkreten Problemen einzelner Betroffener erstreckt. Skadi Kalbitz will Türen öffnen, freut sich über jeden Erfolg, der für Kolleginnen und Kollegen errungen werden kann. Und betont: Krankheit und Schwerbehinderung – „das kann jeden von uns erwischen.“